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Verschwundene DDR-Kunst

Vor der Wende sollte der Sozialismus auch auf Bildern siegen. Vieles davon scheint heute verloren. Manch Eindruck trügt.

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© Thomas Lehmann

Von Lars Kühl und Nora Domschke

Lenin und die anderen Bahnhofsvorsteher kehren nicht auf den Wiener Platz zurück. Doch die Figurengruppe ist nicht die einzige sozialistische Kunst, die man heute im Stadtbild sucht. Gleich zweimal grüßt(e) Dresden zu DDR-Zeiten plakativ seine Gäste.

Verschwunden, versteckt, verpackt.

Der Sozialismus siegt. Heute verkommt das Hochhaus am Pirnaischen Platz. Demnächst soll der Brandschutz erneuert werden. Zu DDR-Zeiten verkündete das Gebäude den Siegeszug des Sozialismus. Bis die Lettern heimlich verschwanden.
Der Sozialismus siegt. Heute verkommt das Hochhaus am Pirnaischen Platz. Demnächst soll der Brandschutz erneuert werden. Zu DDR-Zeiten verkündete das Gebäude den Siegeszug des Sozialismus. Bis die Lettern heimlich verschwanden.
Familie. 1979 schuf Bildhauer Siegfried Schade für den Zehngeschosser an der Elsterwerdaer Straße in Prohlis das Mosaik „Familie“. Mit dem Abriss 2004 verschwand es und lagert in einem Bauhof.
Familie. 1979 schuf Bildhauer Siegfried Schade für den Zehngeschosser an der Elsterwerdaer Straße in Prohlis das Mosaik „Familie“. Mit dem Abriss 2004 verschwand es und lagert in einem Bauhof.
Fresswürfel. In der Zwingergaststätte wurde nicht nur Essen ausgeteilt und verspeist. Die bis zu 1 400 Gäste konnten sich auch an einem Wandbild erfreuen. Über Geschmack ließ sich schon damals streiten. Beim Essen und Betrachten.
Fresswürfel. In der Zwingergaststätte wurde nicht nur Essen ausgeteilt und verspeist. Die bis zu 1 400 Gäste konnten sich auch an einem Wandbild erfreuen. Über Geschmack ließ sich schon damals streiten. Beim Essen und Betrachten.
Fünfjahrplan-Relief. Als das Kühlhaus-Relief einem Parkhaus-Neubau wich, war es schon ziemlich ramponiert. Nach der Restaurierung soll es demnächst wieder angebracht werden.
Fünfjahrplan-Relief. Als das Kühlhaus-Relief einem Parkhaus-Neubau wich, war es schon ziemlich ramponiert. Nach der Restaurierung soll es demnächst wieder angebracht werden.
Mosaik-Grüße. Wer zu DDR-Zeiten aus dem Hauptbahnhof trat, wurde von einem Wandbild am Restaurant „Bastei“ am Eingang zur Prager Straße begrüßt. Die Mosaikkunst ist heute nicht mehr (auf Anhieb) zu sehen. Verschwunden ist sie nur aus dem Blickfeld.
Mosaik-Grüße. Wer zu DDR-Zeiten aus dem Hauptbahnhof trat, wurde von einem Wandbild am Restaurant „Bastei“ am Eingang zur Prager Straße begrüßt. Die Mosaikkunst ist heute nicht mehr (auf Anhieb) zu sehen. Verschwunden ist sie nur aus dem Blickfeld.

Doch während ein solcher Schriftzug auf einem Hochhaus an der Freiberger Straße die baulichen Entwicklungen der vergangenen Jahre überdauert hat, scheint das Wandbild mit diesem Titel am ehemaligen Selbstbedienungsrestaurant „Bastei“ auf der südlichen Prager Straße „verschwunden“. Ein Irrtum, denn die bunte, denkmalgeschützte Keramikmalerei und die Frau mit der überdimensionalen Willkommensgeste sind nicht weg, nur eben durch einen Neubau verstellt. Wer am Klamottenladen TK-Maxx um die Ecke schaut, wird das Bild noch entdecken.

Doch es gibt einige sozialistische Kunstwerke, die heute nicht mehr zu sehen sind. Wie das Fassadenrelief, das einst am Kühlhaus in der Nähe vom Bahnhof Mitte hing. Als das Gebäude an der Weißeritzstraße 2005 abgerissen wurde, musste auch die tonnenschwere Tafel weichen, die an den ersten Fünfjahresplan der DDR erinnert hatte. Anton Volmer, der Investor des neuen Parkhauses an selber Stelle, hat die Auflage, das Relief wieder anzubringen. Allerdings hat Volmer bislang noch keinen geeigneten Platz für das 1951 von Max Piroch geschaffene Werk gefunden.

Für die Parkhausfassade ist es zu schwer. Die Idee, das Relief zwischen Parkhaus und Bahndamm aufzustellen, scheiterte an Leitungen, die dort im Boden liegen. Weil Volmer sein Parkhaus um zwei Etagen aufstocken will, gibt es nun die Hoffnung, dass die Statik dann dem Tonnenkoloss standhält. „Jetzt kommt das Relief erst einmal nach Dresden zurück“, sagt Volmer. Nachdem es mittlerweile von einem Zittauer Steinmetz restauriert ist, wird es noch in diesem Jahr im Lapidarium eingelagert.

Für immer verloren scheint dagegen der Schriftzug „Der Sozialismus siegt“. Einst prangte er am Hochwohnhaus neben dem Pirnaischen Platz. Die Fischgrillbar im Komplex „Pirnaisches Tor“ davor zählte zu den beliebtesten Gaststätten in Dresden. Die Buchstaben haben nicht einmal die politische Wende erlebt. 1987 wurden sie abgebaut. Heimlich, geblieben sind nur Fotos.

Ein Schicksal, das auch das Wandbild in der Zwinger-Gaststätte teilt. Dort, wo einst die Sophienkirche am Postplatz stand und jetzt der SAP-Kubus errichtet ist, haben zu DDR-Zeiten über 1 400 Gäste gleichzeitig speisen können. Bei der Eröffnung 1967 war der „Fresswürfel“, wie der Volksmund den Komplex nannte, die größte gastronomische Einrichtung der Republik.