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Vernarrt ins DDR-Spielzeug

Der Gröditzer Holger Stark stellt erstmals in seiner Heimatstadt seine Sammlung aus – und hofft auf gute Manieren der Besucher.

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© Sebastian Schultz

Von Eric Weser

Gröditz. Der Verlust des Jobs kann sich manchmal produktiv auswirken. Bei Holger Stark war das so. Als der Gröditzer mit Mitte fünfzig arbeitslos wird, nutzt er die Zeit, um daheim aufzuräumen. Dabei fallen ihm alte Spielsachen in die Hände. Sie wegzuwerfen, kommt für ihn nicht infrage. „Warum sollte man das machen? Man wirft doch seine Kindheit auch nicht weg“, sagt er. Eine Sammlerleidenschaft beginnt. Fortan trägt der Röderstädter mit Riesaer Wurzeln DDR-Spielsachen zusammen.

Dieses Jahr wird Holger Stark 61 und nennt eine beachtliche Menge an Ost-Spielzeug sein Eigen. Darunter sehr viele Fahrzeuge – vom schneidigen Volkspolizei-Wartburg über den futuristischen Amphibien-Wagen bis zum wuchtigen T-62-Panzer. Stark besitzt alles, was Augen von Jungs, aber auch Vätern und Opas zum Leuchten bringen dürfte. „Ich hab’ aber auch was für die Puppenmuttis“, sagt er, lacht und zeigt auf einen Ministaubsauger.

Stolz sagt der Gröditzer über die Spielzeuge aus vier DDR-Jahrzehnten: „Alles noch funktionstüchtig.“ Dann öffnet er behutsam eine der vielen Originalverpackungen und holt die vergilbte, aber ansonsten gut erhaltene Bedienungsanleitung heraus. Zum Schluss kommt das eigentliche Modell, ein „Mondfahrzeug“ Jupiter – mit Raketenabschussrampe und Rakete. „Die fliegt drei Meter pro Sekunde.“ Zur Vorführung kommt das Teil (leider) nicht, dafür ein Fiat-Modellauto „Schnelle Medizinische Hilfe“. Mit Blaulicht und Signalton rollt es über den Holzfußboden. Holger Stark muss hinterher, denn Wagen und Fernbedienung verbindet ein Kabel. Eine Kabelfernbedienung hat auch das Rennboot „ZM-1“, allerdings funktioniert die Lenkung des Ruders in diesem Fall aber pneumatisch.

Wie viele Stücke seine Spielzeugsammlung umfasst, kann Holger Stark gar nicht genau beziffern. Zumindest so viele, dass sie längst nicht mehr in die heimische Wohnung im Gröditzer Musikerviertel passen. Wo er seine Schätze lagert, behält der Röderstädter aber lieber für sich. Damit niemand auf dumme Gedanken kommt. Zu kostbar sind die teils aus den 1950ern stammenden Stücke ihrem Eigentümer.

In seinen Besitz gelangt sind die Spielwaren oft, weil Bekannte sie schlicht loswerden wollten. Eine Zeit lang aber auch über ganz normale Käufe. Allerdings, sagt Holger Stark, werden für die schon zu DDR-Zeiten nicht billigen Teile auf Plattformen im Internet heute teils Hunderte Euro verlangt. Ein Spiel, dass er nicht mitspielen wolle. „Ich bin mit Kaufen sehr vorsichtig, ich mach’s eigentlich gar nicht mehr.“ Auch, weil er schon schlechte Erfahrungen gemacht habe. Ein grünes Traktorenmodell zum Beispiel machte äußerlich einen guten Eindruck. Stark schlug zu. Doch wie sich nach dem Kauf rausstellte, war vom Elektro-Innenleben nicht mehr viel übrig. „Die Kontakte waren korrodiert, als man die angefasst hat, ist alles zerbröselt.“ Da war auch für den ehemaligen Gleisbauer und langjährigen CNC-Maschinisten trotz allen handwerklichen Geschicks nichts mehr zu retten.

Was das Anfassen seiner wertvollen Modelle angeht, ist Holger Stark nicht allzu pingelig. Zwar würden die Spielzeuge dadurch natürlich nicht besser. „Die Weichmacher verabschieden sich.“ Aber wer beim Besitzer fragt, der darf auch mal eine Motorklappe öffnen. Bei einer früheren Schau in Elsterwerda habe er allerdings erleben müssen, dass manchmal Eltern ohne vorher zu fragen anfassen. „Die Kinder waren da anständiger.“

Welche Manieren die Gröditzer und ihre Gäste an den Tag legen, wird sich am Sonnabend zeigen. Dann stellt Holger Stark bei einer Schau zur Gröditzer 800-Jahr-Feier im Dreiseithof seine Modelle aus. Mit von der Partie sind noch zwei weitere Sammler. Dietmar Scheffler und Silvio Schiegner präsentieren nebenan unter anderem Briefmarken, Münzen, Postkarten und Orden – aus alten Zeiten natürlich.

Die Ausstellung im 1. OG des Dreiseithofs findet am Sonnabend, 18. Februar, 10 bis 17 Uhr statt, Eintritt frei.