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Vermisster Nieskyer ist tot

Die Suche nach einem 24-Jährigen nimmt kein glückliches Ende. Freunde und Familie sind fassungslos.

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© André Schulze

Von Alexander Kempf

Niesky/Görlitz. Für viele Nieskyer ist die Nachricht am Dienstagmorgen ein großer Schock gewesen. Der 24-jährige Philipp W. aus Niesky wurde Opfer eines Gewaltverbrechens. Die Polizei hat seinen Leichnam am Montagabend in einer Görlitzer Wohnung in der Stauffenbergstraße gefunden. Die Trauer bei Freunden und Familie in Niesky und Görlitz ist groß. Allein im sozialen Netzwerk Facebook haben unzählige Menschen ihr Bedauern und der Familie des Toten ihr Beileid ausgedrückt.

Unter den Anteilnehmenden auf dem Zinzendorfplatz waren sehr viele junge Menschen.
Unter den Anteilnehmenden auf dem Zinzendorfplatz waren sehr viele junge Menschen. © André Schulze
Rosen, Bilder und ein Holzkreuz erinnern an den 24-Jährigen, den viele in Niesky gekannt und geschätzt haben.
Rosen, Bilder und ein Holzkreuz erinnern an den 24-Jährigen, den viele in Niesky gekannt und geschätzt haben. © André Schulze

Der Vater von Philipp W. stammt aus Niesky. Er ist noch am Montagabend mit seiner Partnerin zum Tatort nach Görlitz geeilt und laut Augenzeugen dort dann sichtlich mitgenommen von Seelsorgern betreut worden. Der Vater ist es auch gewesen, der Philipp W. bereits am 9. Februar bei der Polizei als vermisst gemeldet hat. Bei Facebook haben Familie und Freunde des Toten in den Tagen vor der bestürzenden Nachricht nach Hinweisen gesucht, wo er steckt. Sie teilten Bilder von ihm und seinem silberfarbenen BMW Kombi.

Am frühen Montagmorgen hat dann ein Mann den Polizisten im Revier Görlitz von einem Sachverhalt berichtet, der sie auf die Spur des Vermissten führte. Beamte der Kriminalpolizei durchsuchten anschließend mit Kollegen des Polizeireviers Bautzen die Wohnung eines Dritten in einem Mehrfamilienhaus in Weigsdorf-Köblitz. In dem Ortsteil von Cunewalde trafen die Ermittler zwei Tatverdächtige an und nahmen diese vorläufig fest. Dem 33-jährigen Beschuldigten und seiner neun Jahre jüngere Komplizin wird von der Staatsanwaltschaft Görlitz vorgeworfen, das Opfer getötet zu haben, um in den Besitz von dessen Wagen und seiner EC-Karte zu gelangen.

Die Kriminalpolizei hatte die Wohnung der 24-jährigen Tatverdächtigen in Görlitz am Montagabend untersucht und stieß dort auf den Leichnam des vermissten Nieskyers. Was in der Wohnung in der Stauffenbergstraße vorgefallen ist, erinnert an einen schlechten Film. Der 33-jährige Tatverdächtige soll mit einem stumpfen Gegenstand mehrfach auf den Hinterkopf des Geschädigten eingeschlagen haben. Anschließend, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, ließen beide Beschuldigte den Nieskyer auf dem Stuhl gefesselt in der Wohnung zurück, woraufhin er verstarb.

Vom Konto des Opfers sollen die Beschuldigten danach Bargeldbeträge im Gesamtwert von rund 2 000 Euro abgehoben haben. Laut Polizeisprecher Thomas Knaup ist mit den abschließenden Obduktionsergebnissen noch im Laufe dieser Woche zu rechnen. Die Ermittler der Mordkommission arbeiten mit Hochdruck an der Aufklärung des Falles. Mord ist mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht.

In Radeberg hatte eine Streife des Polizeireviers Kamenz schon am Montagnachmittag den BWM des Toten in der Nähe eines Einkaufszentrums aufgefunden und sichergestellt. Philipp W. ist zuletzt am 5. Februar 2017 in Niesky gesehen worden. Nach der Vermisstenanzeige ermittelten die Beamten. Doch erste Suchmaßnahmen brachten zunächst keinen Hinweis auf seinen Verbleib. Laut Angehörigen ist das Handy des Toten zuletzt in der Friedrich-Engels-Straße in Görlitz geortet worden, also nur wenige Laufminuten vom späteren Tatort entfernt.

Die Bestürzung über seinen Tod in Niesky ist gewaltig. Viele teilten Bilder von ihm, um seiner zu gedenken. Der Kampfsportverein Ironsports veröffentlichte eines mit den Worten „Gone but not forgotten“. Philipp sei gegangen, aber nicht vergessen. „Phil hat viele Stunden in seiner Freizeit geopfert, damit das Fitti heute so aussieht, wie wir es kennen“, danken ihm seine Freunde das Engagement für ihr Trainingszentrum in der Nieskyer Käthe-Kollwitz-Straße. Andere organisierten eine Andacht auf dem Zinzendorfplatz, um mit Kerzen gemeinsam Abschied zu nehmen. Die Anteilnahme am Abend war mit rund 200 Menschen überwältigend.

Sogar Fahrgemeinschaften aus dem Nieskyer Umland sind organisiert worden, um sich von Philipp zu verabschieden. Der 24-Jährige arbeitete beim Felgenhersteller Borbet in Kodersdorf. Er war nicht nur in Niesky bekannt und beliebt. Umso mehr schmerzt nun der Verlust. Besonders bewegend sind die tieftraurigen Worte jener, die ihm am nächsten standen. „Wir danken allen – die mit uns gesucht, geteilt, gelitten und gehofft haben .... Wir haben verloren.“