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Verkehrsrowdy auf der Sommerrodelbahn

Ein Dresdner fährt im Osterzgebirge mit seinem Schlitten auf und ist sich keiner Schuld bewusst. Pech nur, dass der Staatsanwalt selber rodelt.

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Von Mandy Schaks

Das sollte ein schöner Mädels-Ausflug werden. Vier junge Frauen aus der Leipziger Gegend besuchen das Osterzgebirge. Auf ihrer Wanderung entdecken sie die Sommerrodelbahn in Altenberg und wissen gleich: Das müssen wir ausprobieren. Eins, zwei, drei, vier steigen sie in die Schlitten, nicht ohne vorher vom Personal belehrt worden zu sein. Nacheinander starten sie, darauf bedacht, den geforderten Abstand von mindestens 25 Metern einzuhalten. Auf einmal hört eine von ihnen eine Stimme. „Schneller fahren!“ oder so ähnlich. Dann kracht es auch schon. Der nachfolgende Starter ist auf eine der Leipzigerinnen gedonnert. Vorbei ist der Spaß. Die Frau wird ins Krankenhaus eingeliefert. Der Befund: diverse Prellungen und ein Hämatom am Arm. Die Folgen: eine Woche arbeitsunfähig und noch lange Schmerzen.

So geschehen am 20. Juli vorigen Jahres, und so berichtet von der Geschädigten gestern am Amtsgericht Dippoldiswalde und einer ihrer Begleiterinnen als Zeugin. Denn der Rodel-Crash hat ein juristisches Nachspiel. Der junge Mann aus Dresden bestreitet zwar nicht, dass er mit seinem Schlitten aufgefahren ist. Wie er schildert, sei er selbst über die Kollision schockiert gewesen. Allerdings ist er sich keiner Schuld bewusst. Er und sein Verteidiger haben eine recht eigentümliche Erklärung für den Unfall: Nicht er sei zu schnell, sondern die Frau vor ihm zu langsam gefahren. Deshalb hatten sie auch den Strafbefehl über insgesamt 1400 Euro nicht akzeptiert. Dadurch kam es überhaupt erst zur Verhandlung. Was Richterin Daniela Sonntag und Staatsanwalt Stefan Muck von der gewagten Theorie halten, machten sie mehrfach deutlich: nämlich nichts. Das Problem ist aus ihrer Sicht nicht die Geschwindigkeit. Wer seiner Sorgfaltspflicht nachkomme und den geforderten Sicherheitsabstand einhalte, könne auch rechtzeitig bremsen. Die Richterin wies daher sogar noch den Angeklagten und Verteidiger auf die Möglichkeit hin, den Einspruch zurückzuziehen. Sie machte deutlich, kommt es zu einem Urteil, würde es teurer. Doch auf dem Ohr waren beide taub. Die Richterin blieb zwar unter dem Antrag des Staatsanwaltes, verhängte aber wegen fahrlässiger Körperverletzung eine Geldstrafe von insgesamt 1 980 Euro. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, hätte dann allerdings möglicherweise Auswirkungen auf Ansprüche der Geschädigten wie Schmerzensgeld. Die Sache ist aber auch aus anderem Grund noch nicht zu Ende. Ein Freund des Angeklagten, der mit rodelte, unterstützte seinen Kumpel vor Gericht. Die Strecke, so beteuerte er, war nicht einzusehen. Das kaufte ihm Staatsanwalt Muck nicht ab, auch weil er es besser weiß. „Ich kenne die Strecke auch und weise Ihnen Falschaussage nach“, sagte er und wird nun ein Verfahren einleiten.