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Verein mit eigener Partei

Die SG Weixdorf wurde vor 125 Jahren gegründet. Seit damals hat sie Erstaunliches geschafft.

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© Thorsten Eckert

Von Thomas Drendel

Weixdorf. Liegt es an der Luft, am vielen Platz oder an den Weixdorfern selber? Im vergleichsweise kleinen Dresdner Ortsteil gibt es einen der größten Sportvereine der Landeshauptstadt. Knapp tausend Kinder, Jugendliche, Frauen und Männer kicken, rennen oder turnen hier. Die Sportgemeinschaft Weixdorf betreibt Sportplätze, Turnhalle, ein Sportlerheim samt Gaststätte. Geschaffen wurde vieles mit ehrenamtlicher Arbeit. Auf die Frage nach den Gründen weiß auch Uwe Pordzik so recht keine Antwort. „Es gab im Ort immer Menschen, die sich engagiert haben. Daran muss es wohl liegen. Weixdorf ohne Sport ist undenkbar“, sagt der stellvertretende Leiter der Fußballabteilung.

Das erste Sportlerheim wurde 1961 errichtet.
Das erste Sportlerheim wurde 1961 errichtet. © privat
Jetzt verfügt die SG über ein modernes Vereinshaus.
Jetzt verfügt die SG über ein modernes Vereinshaus. © Philographics

Angefangen hat alles 1890. In diesem Jahr gab es erstmals organisierten Sport in Weixdorf. Ein Jahr später schlossen sich Weixdorfer Turner zum Turnverein „Germania Lausa“ zusammen. Sechs Jahre darauf kam der Radfahrverein 1897 dazu. Es folgte der Arbeiter-Turnverein“ und 1930 die „Rote Sporteinheit“. „Das war dann die linke Opposition zum Arbeiter-Turnverein“, sagt Uwe Pordzik. „Man sieht, dass in der Zeit die Sportvereine wie Pilze aus dem Boden schossen. Außer Sport gab es damals offenbar kaum andere Dinge, die man in der Freizeit tun konnte“, sagt er.

Turnen vor dem Gasthof

Die Umstände waren gelinde gesagt, ungewöhnlich. Die Turner bauten ihre Geräte unter anderem auf dem Hof des Gasthofes Heiterer Blick auf. „Dann trainierten sie einen Nachmittag lang, dann mussten die Geräte wieder verschwinden.“ In dieser Zeit griffen die Sportler aber auch selbst zu Hacke und Spaten. Es entstanden der Forstsportplatz und der Sportplatz am Bahnhof. „Aus den Bäumen, die bei dem Sportplatzbau gefällt wurden, errichteten sie damals zwei Baracken, ein Platzwartgebäude und eine Leichtathletikbaracke“, erzählt Uwe Pordzik.

Einen großen Einschnitt gab es 1933, als die Nazis an die Macht kamen. Von den fünf Weixdorfer Sportvereinen wurden drei verboten. Der Sport kam immer mehr zum Erliegen. Viele Weixdorfer mussten zum Militär. Ungefähr 90 von ihnen fielen während des Zweiten Weltkrieges. Allmählich fanden sich danach wieder Turner und Fußballer zusammen, gründeten die Sportgemeinschaft Weixdorf. Später kamen die Sektionen Handball, Schwimmen, Kegeln, Leichtathletik, Saalradsport und weitere hinzu. „Zum Umkleiden gab es damals nur den alten Bahnwagen, gewaschen wurde sich teilweise am Bach. Nur für die Fußballer bestand in der Köhlerhütte eine Waschmöglichkeit. Das war schon alles sehr provisorisch“, sagt Uwe Pordzik.

Sportlerheim musste her

Das konnte natürlich so nicht bleiben. Ein Sportlerheim musste her. Doch in Weixdorf fehlte es wie woanders auch, am nötigen Material. Einen Trägerbetrieb im Hintergrund wie andere Sportvereine hatte die SG nicht. „Wir waren bis auf ein kurzes Intermezzo in den Jahren 1950/51 nie eine Betriebssportgemeinschaft.“ Als die Weixdorfer immer wieder von den Funktionären vertröstet wurden und nichts passierte, schrieben sie eine sogenannte Eingabe, eine Art Beschwerdebrief an Walter Ulbricht, den damaligen DDR-Staatschef. „Doch auch dann dauerte es noch bis 1961. In dem Jahr konnten wir schließlich das Sportlerheim einweihen.“ Den Bau erledigten die Sportler selbst. 27 000 Arbeitsstunden wurden geleistet. Dann ging es Schlag auf Schlag: Handballplatz und Flutlichtanlage entstanden, hinzu kamen ein Naturrasenplatz und ein Bewässerungsteich.

Nach der Wende Millionen investiert

Die nächste Zensur erfolgte nach der Wende 1989. „Viele mussten sich eine neue Arbeit suchen, manche sind in den Westen gegangen. Die Mitgliederzahl ist damals stark zurückgegangen.“ Dennoch sollten die nächsten Jahrzehnte die erfolgreichsten des Vereins werden. Schon 1994 wurde das Sportlerheim saniert: Heizung, Sanitär, Dach, Küche und Abwasser, alles neu. 2002 packten die Sportler erneut kräftig mit an. Am Sportlerheim entstand der erste Anbau mit Kegelbahnen. Vier Jahre später der nächste Anbau. Eine Judohalle entstand, inkusive Vereinsräume und Fitnessetage. Nach weiteren drei Jahren konnte die SG Weixdorf die Sporthalle am Rathaus einweihen. In dieser Zeit hat der Verein Werte geschaffen, die mancher Gemeinde zu Ehre reichen würden. „4,7 Millionen Euro sind in den Aufbau der Anlagen geflossen. Der Großteil sind davon Fördergelder. Von der Ortschaft Weixdorf wurden wir ebenfalls immer hervorragend unterstützt. Eine erhebliche Summe hat der Verein selber beigetragen.“

Wie stark der Verein in Weixdorf verankert ist, zeigt die Tatsache, dass die SG nach der Wende quasi mit einer eigenen Partei in den Ortschaftsrat einzog. „Die ,Sportler für Weixdorf‘ schafften bei den ersten Wahlen rund 50 Prozent. Damit waren wir natürlich dort gut vertreten.“ Auch wenn die Sitzverteilung nicht mehr ganz so komfortabel für die Sportler ist, Ortschaftsrat und Verein ziehen noch immer an einem Strang. Zuletzt erst hat Weixdorf einem Zuschuss für einen neuen Rasentraktor zugestimmt. Außergewöhnlich ist zudem, dass die SG Weixdorf alles selber verwaltet. Turnhalle, Sportlerheim, Kegelbahn und Sportplätze. Alles vom Rasenmähen über kleinere Reparaturen bis hin zu Abrechnungen für Heizung und Strom macht der Verein selber. „Das meiste wird im Ehrenamt erledigt.“

In diesem Jahr wird die SG Weixdorf 125 Jahre alt. Das muss natürlich gefeiert werden. Am Sonnabend, dem 13. August geht eine große Festveranstaltung über die Bühne. Am Vormittag sind die Kinder bei Hüpfburg, Kinderreiten und vielem mehr willkommen. Am Abend ist im Festzelt auf dem Vereinsgelände ein Sportlerball geplant. Nach einem Festakt wird die Bühne für die Sound-Piraten freigegeben. „Alle Weixdorfer und ihre Gäste können kommen. Eintrittskarten gibt es für zehn Euro über den Verein oder an der Abendkasse.