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Vattenfall gibt Industriegebiet auf

Der Energiekonzern braucht die Tagesanlagen Reichwalde nicht mehr. Boxberg will hier mehr Gewerbe ansiedeln.

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© André Schulze

Von Carla Mattern

Boxberg. Wolfgang Rasper packt erst einmal keine Umzugskisten. Das Lausitzrallye-Team um den Boxberger Rasper hat schon eine ganze Weile nichts mehr von den Plänen aus dem Frühsommer gehört, dass sie ihr Domizil am Schadendorfer Weg im Boxberger Ortsteil Kringelsdorf räumen sollen. Das Signal kam damals von Vattenfall. Denn die Rallyezentrale war einmal eine Elektro-Werkstatt und gehört zu den sogenannten Tagesanlagen für den Tagebau Reichwalde. Die Rallye-Zentrale sollte in den ehemaligen Leitstand umziehen. Mittlerweile allerdings räumt Vattenfall auf, reißt nicht mehr genutzte Gebäude ab. Im vergangenen Jahr verschwand bereits ein Verwaltungsgebäude, zurzeit wird die sogenannte Waschkaue, also ein großes Sozial- und Sanitärgebäude, abgerissen.

Das weiß Wolfgang Rasper und er hat auch von den Plänen gehört, die leer stehenden Gebäude in den Tagesanlagen komplett abzureißen. Offiziell aber weiß er nichts vom Vermieter. „Wir sind da in einem Schwebezustand“, sagt er. Das sei nicht schön, aber auch verständlich. Denn der schwedische Konzern Vattenfall mit seinen Absichten, die Lausitzer Tagebaue und Braunkohle-Kraftwerke zu verkaufen, hat auf der Prioritätenliste wichtigeres, als den Rallye- Renn- und Wassersport-Club Lausitz ständig zu informieren. „Die Leute machen sich doch um ganz anderes einen Kopf, das verstehe ich doch“, sagt Wolfgang Rasper.

Vattenfall bestätigt, dass Änderungen in dem Gelände am ehemaligen Tagebaurand vorgesehen sind. Warum das so ist, erklärt Vattenfall-Pressesprecherin Kathi Gerstner. „Der Standort der ehemaligen Tagesanlagen für den Tagebau Reichwalde in der Gemarkung Kringelsdorf wird für die Betriebsführung des Tagebaues nicht mehr benötigt. Da diese Flächen aufgrund der bisherigen Nutzung für den Tagebau noch unter Bergaufsicht stehen, ist für eine nachbergbauliche Nutzung der Flächen die Entlassung der Flächen aus der Bergaufsicht in den kommenden Jahren vorgesehen.“ Damit das möglich wird, beantragt Vattenfall die Genehmigung eines Abschlussbetriebsplanes beim Sächsischen Oberbergamt. Wenn diese Flächen nicht mehr der Bergaufsicht unterliegen, wird gleichzeitig die öffentlich-rechtliche Nachnutzung für die gewerblichen Ansiedlungen am Standort dauerhaft gewährleistet. Doch auch das ist kein Automatismus. Es muss dann für dieses Gebiet einen Bebauungsplan geben.

Für den wäre eigentlich die Gemeinde Boxberg zuständig. „Die Planungshoheit liegt bei Boxberg. Aber wir können das nicht stemmen“, sagt der Boxberger Bürgermeister Achim Junker. Das ist aber auch nicht das Problem. „Vattenfall Europe Mining hat die dazu notwendig Erstellung eines Bebauungsplanes in Abstimmung mit der Gemeinde Boxberg in Auftrag gegeben. Der Bebauungsplan ermöglich dann die nachbergbauliche Nutzung der Flächen für angesiedelte gewerbliche Unternehmen“, teilt Kathi Gerstner mit. Noch in diesem Jahr werde der Abschlussbetriebsplan, zur Entlassung der Tagesanlagen aus der Bergaufsicht, beim Sächsischen Oberbergamt eingereicht und im kommenden Jahr der Bebauungsplan für die bestehenden gewerblichen Ansiedlungen. Damit werde Planungssicherheit für die Zukunft des Standortes geschaffen, so die Vattenfallsprecherin auf Nachfrage.

Das Thema ist auch nicht neu. Denn die Tagesanlagen werden bereits seit Jahren nicht mehr in ihrer ursprünglichen Aufgabe für den Tagebau Reichwalde genutzt. Vattenfall ist deshalb schon seit Jahren daran interessiert, Flächen und Gebäude zu verkaufen oder zu verpachten. Beispielsweise der Sondermaschinenhersteller SKM ist Eigentümer seines Firmensitzes in den ehemaligen Tagesanlagen am Schadendorfer Weg in Kringelsdorf .

Im Frühjahr 2012 gab es einen großen Investor. Die Firma Juwi Solar aus Rheinland-Pfalz wollte auf einer Fläche von knapp 82 000 Quadratmetern Solarmodule aufstellen. In diesem Fall hatte sich die Gemeinde Boxberg mit dem Investor auf einen sogenannten vorhabenbezogenen Bebauungsplan verständigt, für den der Investor die Kosten übernommen hätte. Doch dieses Vorhaben wurde dann doch nicht umgesetzt aufgrund von Änderungen in der Energiepolitik.

Ins Boot geholt sind der Landkreis Görlitz und die Wirtschaftsförderung Sachsen. Kreisentwickler Holger Freymann: „Der Landkreis engagiert sich bei der Bereitstellung überregional bedeutsamer Gewerbeflächen. So auch bei dem Gewerbegebiet in Tagesanlagen in Kringelsdorf, welches für eventuell mögliche industrielle Großansiedlungen an Bedeutung gewinnt.“