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Vater werden ist doch schwer

Die Stiftung Lichtblick hilft Matthias Fricke. Lange kämpfte er um seine vier Kinder. Gewonnen hat er noch immer nicht.

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Von Jana Mundus

Der Augenblick, in dem Matthias Fricke den Brief der Arbeitsagentur liest, ist wieder einer dieser Momente. Einer von jenen, in denen er den Glauben an den Rechtsstaat langsam verliert. Für seine vier Kinder bekommt er in diesem Jahr kein Schulgeld, steht dort geschrieben. Fast 300 Euro hat er für Schulmaterial bisher allein bezahlt. Alles nur, weil die Kinder erst seit Mitte Oktober bei ihm in Dresden leben. Das Amt zahlt aber immer nur zu Schuljahresbeginn – und der war im September. Wieder ein kleiner Tiefschlag. In den vergangenen Monaten hat Fricke viel erklärt, geschrieben, diskutiert. Lange musste er darum kämpfen, dass seine Kinder bei ihm wohnen können.

Als er sich vor fast sieben Jahren von seiner damaligen Lebensgefährtin trennt, bleibt er in einer anderen Wohnung im gleichen Haus wohnen. Mit ihr hat er vier Kinder. Zwei ziehen damals zu ihm. „Ich habe das alleinige Sorgerecht beantragt, aber leider nicht Recht bekommen“, erzählt der 42-Jährige. Später wollen die Kinder zurück zu ihren Geschwistern, die bei der Mutter wohnen. Weil der Vater umzieht, sieht er alle vier nur noch selten, vor zweieinhalb Jahren bricht der Kontakt schließlich ganz ab. „Ein halbes Jahr später bekam ich ein Schreiben, dass die Kinder in ein Heim gekommen sind.“ Das Jugendamt hatte sie der Mutter wegen Verwahrlosung entzogen. „Das war ein Schock für mich.“

Schwierige Wohnungssuche

Für Matthias Fricke steht schon damals fest: Die Kinder sollen nicht im Heim bleiben, sondern bei ihm leben. Doch so einfach ist das nicht. „Auf einmal sollte ich nicht mehr der rechtmäßige Vater sein. Dabei hatte ich sogar amtliche Unterlagen, auf denen stand, dass ich der Vater bin.“ Weil seine Lebensgefährtin damals aber mit einem anderen Mann verheiratet war, gilt dieser als rechtmäßiger Vater. Also beantragt Matthias Fricke noch einmal das alleinige Sorgerecht. Es folgen Gerichtsverhandlungen, in denen er auch mit Vorurteilen konfroniert wird. Als er bei einer Verhandlung im Sommer kurzärmelig erscheint und seine Tätowierungen auf dem Arm zu sehen sind, wird angezweifelt, dass er ein guter Vater sein kann. Eine Sache, die ihn heute noch aufregt. „Woher wollten die das wissen?“

Vor einem Jahr deutet sich an, die Kinder könnten doch bald bei ihm leben. Fricke sucht eine größere Wohnung. „Die Gagfah hat uns eine sanierte Drei-Zimmer-Wohnung versprochen.“ Die Freude ist groß. Doch plötzlich gilt die sanierte Wohnung für fünf Personen zu klein, vier Kinder für die ältere Nachbarschaft zu laut. „Wir haben eine andere Wohnung bekommen – der gleiche Schnitt, aber unsaniert.“ Unfreiwillig hat Fricke viel Zeit, die Wohnung auf Vordermann zu bringen. Denn der Einzug der Kinder verzögert sich. „Es war hart, wenn ich ins Kinderheim nach Stollberg gefahren bin und ihnen immer wieder sagen musste, dass wir noch Geduld haben müssen.“

Im Oktober endlich der Einzug. Da sind die zwei Kinderzimmer schon lange eingerichtet und liebevoll dekoriert. Ein Zimmer für die beiden Mädchen in Pastelltönen und etwas Rosa, eins für die Jungs in Blau- und Grüntönen. Hilfe bekommt Fricke bei all dem von seiner Freundin Aniko Sielaff. Die wohnt zwar nicht in der Wohnung, kommt aber oft vorbei. Auch, um den Kindern, die die zweite, dritte und fünfte Klasse besuchen, bei den Hausaufgaben zu helfen. Die ausgebildete technische Zeichnerin und Altenpflegerin kann sich gut in die Kinder hineinversetzen, denn auch sie war vor Jahren im Heim. „Ich freue mich, dass alle Kinder in Dresden schon Freunde gefunden haben“, sagt sie. Auch schulisch laufe es gut.

Sorge um warme Wintersachen

Finanziell sieht es jedoch schwieriger aus. Nach massiven Problemen mit der Bandscheibe kann Matthias Fricke nicht mehr als Kraftfahrer arbeiten. Er bekommt Hartz IV, verdient sich mit einem Ein-Euro-Job für das Sozialkaufhaus ein wenig dazu. Seit 2009 ist er außerdem privatinsolvent. Jeder Euro wird derzeit zweimal umgedreht, denn auf die Zahlung des Kindergelds für drei der vier Kinder wartet die Familie schon seit drei Monaten. Weil die gesetzliche Vaterschaft noch nicht geklärt ist, gilt er für zwei Kinder nur als der Pflegevater – eine durch das Gericht bestätigte Übergangslösung ohne Pflegeausweis, den Pflegeeltern eigentlich brauchen. Für die Beantragung des Kindergelds bräuchte Matthias Fricke aber genau den. „Da könnte man wirklich manchmal verzweifeln.“ Auch für das jüngste Kind ist die Zahlung des Kindergelds von Amtsseite noch ungeklärt.

Zumindest für die fehlende Winterbekleidung für die Kleinen gibt es noch vor der kalten Jahreszeit eine Lösung. Die Stiftung Lichtblick der Sächischen Zeitung unterstützt die Familie mit Bekleidung. „Dafür bedanken wir uns sehr“, sagt der Familienvater. „Es war toll, dass uns so schnell und problemlos geholfen wurde.“