Von Tobias Winzer
Das Dresdner Immobilienunternehmen USD darf weiter an der Hafencity planen. Mit den Stimmen von CDU, FDP, SPD und Bürgerfraktion stimmte der Stadtrat am Donnerstagabend mit knapper Mehrheit für das Projekt. Für über hundert Millionen Euro sollen 350 Wohnungen sowie Büros und Restaurants entstehen. Der Investor muss seine Pläne aber nun überarbeiten. Der neue Beschluss ist nicht gleichbedeutend mit der Baugenehmigung. Die Verwaltung stellt jetzt zunächst einen Bebauungsplan auf und wägt bei diesem Prozess auch Hinweise und Kritik von Anwohnern ab.
Protest vor der letzten Stadtratsitzung
Diese äußerten auch hundert Demonstranten direkt vor dem Stadtrat. Mit Trillerpfeifen und roten Karten zeigten sie ihren Unmut über das Projekt. „Die jetzigen Nutzer, wie Trödelhändler und City-Beach, werden vertrieben“, sagte die Sprecherin der Initiative Freiraum Elbtal. „Stattdessen ist dort ein monokulturelles Wohngebiet geplant.“ Das will auch die SPD verhindern, die sich gestern mit einem Ergänzungsantrag durchsetzte.
„Einfache Antworten bringen uns nicht weiter“, sagte der baupolitische Sprecher der Fraktion, Axel Bergmann. Er sprach sich für die Aufstellung eines Bebauungsplans aus, weil Wohnungsbau sonst an dieser Stelle von den Investoren eventuell gerichtlich durchgesetzt werden könne. Der Bebauungsplan sei das einzige Mittel der Stadt, Einfluss auf das Vorhaben auszuüben. Die USD darf jetzt nur noch maximal sechsgeschossig bauen und nicht mehr wie geplant zehn Etagen. Außerdem sollen mehr Grün- und Freiflächen erhalten bleiben und sowohl hochwertige als auch preiswerte Wohnungen entstehen.
Unklar ist jedoch, welche Auswirkungen der Hochwasserschutz auf das Vorhaben hat. Der Chef des Umweltamtes Christian Korndörfer plant diesen für das gesamte Gebiet zwischen Marienbrücke und Alexander-Puschkin-Platz. Der Stadtrat gab ihm dafür gestern mit großer Mehrheit die Zustimmung. Laut Korndörfer dauert es jedoch mindestens fünf Jahre, bis die Planungen für den Hochwasserschutz fertig sind. „Der Hochwasserschutz hat für uns absolute Priorität“, sagte Bergmann.
Die USD setzen auf einen abschnittsweisen Bau des Hochwasserschutzes. Fünf Jahre will das Unternehmen nicht bis zum Baustart warten.
Ähnlich unübersichtlich ist die Situation bei dem Nachbargrundstück. Zwischen Alexander-Puschkin-Platz und Elbe will die Investorin Regine Töberich insgesamt sechs Wohngebäude mit mehr als 300 Wohnungen errichten. Eigentlich sollte der Stadtrat gestern auch über dieses Projekt abstimmen. Oberbürgermeisterin Helma Orosz musste den „Marina Garden“ aber von der Tagesordnung nehmen, weil der Ortsbeirat Pieschen nicht gehört worden war. Töberich geht aber davon aus, dass sie für ihr Projekt keinen Bebauungsplan braucht, sondern das Gebiet nach einem vereinfachten Genehmigungsverfahren entwickeln kann. Zuletzt hatte die Stadt aber angekündigt, für den Bau eines Hochwasserschutzes eventuell ihr Vorkaufsrecht für einen Teil des Grundstücks wahrzunehmen.
Die Linken versuchten, die Abstimmung über die Hafencity in letzter Minute zu kippen. Die Stadträte Jens Matthis und Hans-Jürgen Muskulus rügten die Oberbürgermeisterin, weil ihnen die Unterlagen nicht – wie in der Geschäftsordnung vorgeschrieben – sechs Tage vor der Sitzung zur Verfügung gestellt wurden. Für Lacher sorgte Matthis, weil er erklärte, dass er beim dritten persönlichen Zustellversuch per Post in einer Neustädter Kneipe gewesen sei. „Man kann nicht verlangen, dass ich den ganzen Tag Zuhause auf die Post warte“, sagte er. Man hätte die Unterlagen in seinen Briefkasten werfen können.
Ganz ernst meinte aber Fraktionschef André Schollbach seine Drohung: „Sie haben nicht ordentlich zur Stadtratssitzung geladen“, sagt er zu Orosz. „Alle Beschlüsse sind damit rechtswidrig.“ Orosz ließ trotzdem abstimmen.