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USD darf Hafencity weiter planen

Der Investor muss sein in Dresden-Pieschen geplantes Millionenprojekt allerdings verändern. Schon vor der Stadtratssitzung gab es Proteste.

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© Woerner & Partner / USD

Von Tobias Winzer

Das Dresdner Immobilienunternehmen USD darf weiter an der Hafencity planen. Mit den Stimmen von CDU, FDP, SPD und Bürgerfraktion stimmte der Stadtrat am Donnerstagabend mit knapper Mehrheit für das Projekt. Für über hundert Millionen Euro sollen 350 Wohnungen sowie Büros und Restaurants entstehen. Der Investor muss seine Pläne aber nun überarbeiten. Der neue Beschluss ist nicht gleichbedeutend mit der Baugenehmigung. Die Verwaltung stellt jetzt zunächst einen Bebauungsplan auf und wägt bei diesem Prozess auch Hinweise und Kritik von Anwohnern ab.

Protest vor der letzten Stadtratsitzung

Vor der letzten Sitzung des alten Stadtrates haben etwa 80 Menschen gegen die beiden Neubauprojekte Hafencity und Marina Garden proestiert.
Vor der letzten Sitzung des alten Stadtrates haben etwa 80 Menschen gegen die beiden Neubauprojekte Hafencity und Marina Garden proestiert.
Die Sitzung findet im Saal Hamburg der Dresdner Messe statt. Davor hatten sich die Gegner der Bebauung von Überflutungsgebieten eingefunden.
Die Sitzung findet im Saal Hamburg der Dresdner Messe statt. Davor hatten sich die Gegner der Bebauung von Überflutungsgebieten eingefunden.
Den ankommenden Stadträten zeigten die Demonstranten die Rote Karte.
Den ankommenden Stadträten zeigten die Demonstranten die Rote Karte.
Eine der Forderungen: Lebenskultur statt Luxustrash.
Eine der Forderungen: Lebenskultur statt Luxustrash.
Eine weitere: der Erhalt des Geländes des "Freiraums Elbtal".
Eine weitere: der Erhalt des Geländes des "Freiraums Elbtal".
Mit Rufen wie "Wir sind wild, wir sind laut - weil man uns die Elbe klaut", Kuhglockenrasseln und Trillerpfeifen machten die Menschen ihrem Unmut Luft.
Mit Rufen wie "Wir sind wild, wir sind laut - weil man uns die Elbe klaut", Kuhglockenrasseln und Trillerpfeifen machten die Menschen ihrem Unmut Luft.
"Träume brauchen Freiräume".
"Träume brauchen Freiräume".
Die Gegner der Hafencity fürchten, dass der für das Projekt notwendige Flutschutz für flußabwärtsliegende Städte und Gemeinden fatale Folgen haben könnte.
Die Gegner der Hafencity fürchten, dass der für das Projekt notwendige Flutschutz für flußabwärtsliegende Städte und Gemeinden fatale Folgen haben könnte.
Nachdem der Punkt "Marina Garden" am Mittwoch bereits von der Tagesordnung genommen worden war, blieb zunächst offen, ob dies auch mit der Hafencity passieren würde.
Nachdem der Punkt "Marina Garden" am Mittwoch bereits von der Tagesordnung genommen worden war, blieb zunächst offen, ob dies auch mit der Hafencity passieren würde.
Doch nicht nur die Gegner der Hafencity - hier bei einer Probeaufstellung kurz nach 15 Uhr - erwarteten die zum Teil scheidenden Stadträte.
Doch nicht nur die Gegner der Hafencity - hier bei einer Probeaufstellung kurz nach 15 Uhr - erwarteten die zum Teil scheidenden Stadträte.
Auch Vertreter des Gymnasiums Dresden Plauen warteten am Eingang zum Messegelände. Nicht zum ersten Mal machten sie auf den schlechten Zustand der Schule an der Kantstraße aufmerksam.
Auch Vertreter des Gymnasiums Dresden Plauen warteten am Eingang zum Messegelände. Nicht zum ersten Mal machten sie auf den schlechten Zustand der Schule an der Kantstraße aufmerksam.
Zudem hatte der in Gittersee beheimatete Kindergarten "Stadtrandentdecker" Vertreter ins Ostragehege geschickt, um der Forderung nach einem Erhalt der Einrichtung auf der Oskar-Seyffert-Straße Ausdruck zu verleihen.
Zudem hatte der in Gittersee beheimatete Kindergarten "Stadtrandentdecker" Vertreter ins Ostragehege geschickt, um der Forderung nach einem Erhalt der Einrichtung auf der Oskar-Seyffert-Straße Ausdruck zu verleihen.

Diese äußerten auch hundert Demonstranten direkt vor dem Stadtrat. Mit Trillerpfeifen und roten Karten zeigten sie ihren Unmut über das Projekt. „Die jetzigen Nutzer, wie Trödelhändler und City-Beach, werden vertrieben“, sagte die Sprecherin der Initiative Freiraum Elbtal. „Stattdessen ist dort ein monokulturelles Wohngebiet geplant.“ Das will auch die SPD verhindern, die sich gestern mit einem Ergänzungsantrag durchsetzte.

„Einfache Antworten bringen uns nicht weiter“, sagte der baupolitische Sprecher der Fraktion, Axel Bergmann. Er sprach sich für die Aufstellung eines Bebauungsplans aus, weil Wohnungsbau sonst an dieser Stelle von den Investoren eventuell gerichtlich durchgesetzt werden könne. Der Bebauungsplan sei das einzige Mittel der Stadt, Einfluss auf das Vorhaben auszuüben. Die USD darf jetzt nur noch maximal sechsgeschossig bauen und nicht mehr wie geplant zehn Etagen. Außerdem sollen mehr Grün- und Freiflächen erhalten bleiben und sowohl hochwertige als auch preiswerte Wohnungen entstehen.

Unklar ist jedoch, welche Auswirkungen der Hochwasserschutz auf das Vorhaben hat. Der Chef des Umweltamtes Christian Korndörfer plant diesen für das gesamte Gebiet zwischen Marienbrücke und Alexander-Puschkin-Platz. Der Stadtrat gab ihm dafür gestern mit großer Mehrheit die Zustimmung. Laut Korndörfer dauert es jedoch mindestens fünf Jahre, bis die Planungen für den Hochwasserschutz fertig sind. „Der Hochwasserschutz hat für uns absolute Priorität“, sagte Bergmann.

Die USD setzen auf einen abschnittsweisen Bau des Hochwasserschutzes. Fünf Jahre will das Unternehmen nicht bis zum Baustart warten.

Ähnlich unübersichtlich ist die Situation bei dem Nachbargrundstück. Zwischen Alexander-Puschkin-Platz und Elbe will die Investorin Regine Töberich insgesamt sechs Wohngebäude mit mehr als 300 Wohnungen errichten. Eigentlich sollte der Stadtrat gestern auch über dieses Projekt abstimmen. Oberbürgermeisterin Helma Orosz musste den „Marina Garden“ aber von der Tagesordnung nehmen, weil der Ortsbeirat Pieschen nicht gehört worden war. Töberich geht aber davon aus, dass sie für ihr Projekt keinen Bebauungsplan braucht, sondern das Gebiet nach einem vereinfachten Genehmigungsverfahren entwickeln kann. Zuletzt hatte die Stadt aber angekündigt, für den Bau eines Hochwasserschutzes eventuell ihr Vorkaufsrecht für einen Teil des Grundstücks wahrzunehmen.

Die Linken versuchten, die Abstimmung über die Hafencity in letzter Minute zu kippen. Die Stadträte Jens Matthis und Hans-Jürgen Muskulus rügten die Oberbürgermeisterin, weil ihnen die Unterlagen nicht – wie in der Geschäftsordnung vorgeschrieben – sechs Tage vor der Sitzung zur Verfügung gestellt wurden. Für Lacher sorgte Matthis, weil er erklärte, dass er beim dritten persönlichen Zustellversuch per Post in einer Neustädter Kneipe gewesen sei. „Man kann nicht verlangen, dass ich den ganzen Tag Zuhause auf die Post warte“, sagte er. Man hätte die Unterlagen in seinen Briefkasten werfen können.

Ganz ernst meinte aber Fraktionschef André Schollbach seine Drohung: „Sie haben nicht ordentlich zur Stadtratssitzung geladen“, sagt er zu Orosz. „Alle Beschlüsse sind damit rechtswidrig.“ Orosz ließ trotzdem abstimmen.