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Falscher Polizist muss wieder vor Gericht

Die Anklage gegen den Anführer des sogenannten Deutschen Polizeihilfswerks muss neu verhandelt werden.

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© Archiv/Rene Meinig

Von Jürgen Müller

Dresden/Meißen. Der Gründer des sogenannten Deutschen Polizeihilfswerkes (DPHW) Volker Schöne muss nun möglicherweise doch ins Gefängnis. Das Oberlandesgericht Dresden gab der Revision der Staatsanwaltschaft statt und hob am Freitag das Urteil des Landgerichtes Dresden auf. Dieses hatte Schöne im Juni vorigen Jahres in der Berufungsverhandlung wegen gefährlicher Körperverletzung, Freiheitsberaubung, Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und Beihilfe zum Missbrauch von Uniformen zur einer Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und diese Strafe zur Bewährung ausgesetzt.

Damit hatte Schöne in der Berufung gegen das vorherige Urteil des Amtsgerichtes Meißen, das ihn in dieser Sache zu einer unbedingten Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt hatte, zunächst Erfolg.

Das Verfahren gegen ihn hatte bundesweit für Aufsehen gesorgt. Schöne gründet das sogenannte illegale Deutsche Polizeihilfswerk (DPHW) und hatte am 23. November 2012 versucht, mit bis zu 20 Mittätern in Bärwalde bei Radeburg eine Zwangsvollstreckung auf einem Grundstück zu verhindern. Ein Gerichtsvollzieher des Amtsgerichts Meißen wurde dort vom DPHW an seiner Arbeit gehindert und festgehalten. Der Versuch, ihn zu fesseln, scheiterte. 40 Minuten dauerte es, bis die echte Polizei eintraf. Der Gerichtsvollzieher wurde erheblich traumatisiert, war monatelang zur Behandlung und arbeitsunfähig.

Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Antrag auf Revision falsche Maßstäbe des Landgerichtes Dresden bei der Bemessung der Strafe bemängelt. So hätte die Kammer ein Sachverständigen-Gutachten zu der Frage einholen müssen, welche konkreten Folgen diese Tat für den Gerichtsvollzieher gehabt habe. In der Urteilsbegründung weise das Gericht sogar noch darauf hin, dass es nicht in der Lage sei, sich ohne psychiatrischen Gutachter eine Überzeugung bilden zu können. Man habe „sehenden Auge“ auf ein Gutachten verzichtet, obwohl die Folgen der Tat ausschlaggebend für die Strafhöhe seien. Rechtsfehler sah die Staatsanwaltschaft auch beim Aussetzen der Strafe zur Bewährung. Das Gericht habe sich nicht mit der Frage befasst, ob zur Verteidigung der Rechtsordnung eine unbedingte Haftstrafe geboten sei. „Die Besonderheit des Falles hätte das Gericht dazu drängen müssen“, so die Staatsanwältin.

„Wenn es einen Fall gibt, bei dem eine Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt werden kann, dann hier“, sagte Nebenklägervertreter Marcus Haselier. Das Landgericht sei im Gegensatz zum Amtsgericht Meißen „flott über die Sache drübergegangen“. Verteidiger Jürgen Saupe hingegen sieht keine Rechtsfehler. „Was sich in Bärwalde zugetragen hat, ist skandalös“, räumte er zwar ein, aber ein erfahrener Gerichtsvollzieher müsse mit einer solchen Situation umgehen können. Dieser hätte das Problem mit einer gewissen Souveränität und Gelassenheit klären können, sagt er. Auch sei das Krankheitsbild des Geschädigten vor der Tat nicht geklärt worden. Schließlich sei der Mann schon zuvor in Behandlung gewesen. Der Verteidiger monierte auch, dass erst zwei Jahre und sieben Monate nach der Tat Anklage erhoben wurde. Das lag unter anderem daran, dass gegen die gesamte Gruppierung zunächst wegen Bildung einer terroristischen Vereinigung ermittelt wurde. Schöne selbst hatte sich fünf Monate dem Verfahren entzogen. Er war nicht auffindbar.

„Eine Urteilsbegründung muss so abgefasst werden, dass auch ein unbeteiligter Dritter die Gründe erkennt und diese für ihn nachvollziehbar sind. Das ist hier nicht der Fall“, so die Vorsitzender Richterin Karin Schröder. Das Landgericht habe allein aufgrund des Videos entschieden, dass für den Gerichtsvollzieher keine lebensbedrohliche Situation bestanden habe. Auf welcher Tatsachengrundlage sich das Gericht diese Meinung gebildet habe, sei nicht erkennbar. Dass sich Schöne zur Verhandlung nicht in Reichsbürgermanier gezeigt habe, sei nicht geeignet, daraus den Schluss zu ziehen, dass er sich von dieser Ideologie verabschiedet habe. Mit dem DPHW habe sich eine Parallelstruktur gebildet. „Was sonst, wenn nicht so etwas, ist geeignet, das Vertrauen der Bürger in die Rechtsordnung zu erschüttern“, so die Vorsitzende Richterin.

Jetzt wird das Verfahren neu aufgerollt. Eine andere Kammer des Landgerichtes muss sich erneut mit der Sache beschäftigen.