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Urlaub wie zu Erichs Zeiten

Wie war das damals, als unsere Reisewelt der Ostblock war? 18 junge Leute wollen es wissen und starten zum Balaton. Mit Trabis und Wartburg.

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© Regina Berger

Von Ingolf Reinsch

Frankenthal. Sommer, Sonne, Balaton. 18 junge Leute aus Frankenthal und umliegenden Orten, darunter drei Kinder, gönnen sich diesen Luxus eine gute Woche lang. Freitagmittag, pünktlich zum Ferienstart in Sachsen, machten sie sich auf den rund 750 Kilometer langen Weg. Im Konvoi aus acht Trabis und einem Wartburg. Bis Freitagabend wollen sie das tschechische Brno erreicht haben. Die zweite Etappe war für Sonnabend geplant – das Ziel Balatonlille. Gefahren wird ausschließlich auf Landstraßen. Spätestens nach 200 Kilometern müssen sie Pause machen. Denn die Trabis brauchen dann Benzin.

Die Frankenthaler reisen wie zu Erichs Zeiten – im Look der 70er- und 80er-Jahre. Fast alle Autos haben einen „Dachgarten“. Darauf sind die Klappräder verstaut. Natürlich Räder der DDR-Marke „Mifa“. Auch sonst wurde eingepackt, was in der DDR produziert worden ist: Campingmöbel, Waschbeutel, Frotteehandtücher, einfarbige Turnhosen... Für die Hinfahrt hat sich die Gruppe trotz der 35 Grad in Schale geschmissen. So holte Rico Neumann feinen Zwirn der Marke „Präsent 20“ hervor und lässt es sich auch nicht nehmen, zum Fotoshooting auch noch das Sakko anzuziehen. Am Plattensee in Ungarn, so Johannes Rarisch, werde man sich dann aber doch salopp in jetziger Freizeitkleidung bewegen.

Winkelemente im Gepäck

Alles, was die Gruppe als fahrendes DDR-Museum mit hat, stammt entweder aus eigenem Besitz oder wurde in den Familien oder bei Freunden geborgt. Sogar „Winkelemente“ sind dabei – DDR-Fähnchen aus Papier, die der Großvater von Rico Neumann noch auf dem Hausboden hatte. Aufs Navi verzichten die jungen Leute. Statt dessen nutzen sie ihr „Klapp-Navi“, sprich den Straßenatlas, hier allerdings eine aktuelle Variante. Bei der Route weicht die Gruppe von den früheren Wegen der DDR-Urlauber ab. Ihr Hinweg führt nicht über die Slowakei, sondern über Österreich – und durch die Hauptstadt Wien.

Die Idee, zu dem „DDR-Urlaub“ am Balaton, kam den jungen Leuten vor einem Jahr. Damals machten sie ihre erste gemeinsame Ferientour mit Trabant & Co. Die führte, wir ahnen es, ans Lieblingsmeer der Sachsen, die Ostsee.

Die Touristen von heute, die in ihren DDR-Oldtimern auffallen dürften, sind eine eingeschworene Gemeinschaft. Sie gehören zum Frankenthaler Stockcarteam, das 1999 gegründet wurde. Durchs Schrauben an alten Autos, die später bei Rennen zu Schrott gefahren werden, entstand das Interesse an den DDR-Fahrzeugen, sagt Pierre Gneuß. Er fährt den einzigen Wartburg im Konvoi, sogar die Kombivariante „Tourist“. Top gepflegt und natürlich mit der obligatorischen, umstrickten Klopapierrolle auf der Hutablage. Im Schlepptau hat Pierre Gneuß einen Anhänger. Alles Ersatzteile, sollte einer unterwegs eine Panne haben. Repariert wird selbst. Die Leute, die seit Jahren in ihrer Freizeit an Autos basteln, sind firm genug.

Das Frankenthaler Stockcarteam gibt’s noch heute. Viele von der ersten Generation schalteten inzwischen aber einen Gang runter, starten jetzt noch gelegentlich bei Trabantrennen. Mit Max Petschel (10 Jahre), Brian Köhler (26) und Richard Petschel (40) starten drei Teammitglieder aber auch bei Deutschen Meisterschaften.