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Urlaub in fremden Wohnungen

Über 1 000 Dresdner teilen ihre Wohnung mit Touristen. Die Hoteliers fordern ein Verbot.

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© Sven Ellger

Von Sandro Rahrisch

Die Spitzers lieben die Wohnungen Fremder. Und sie legen sich auch gern in deren Betten. Diesmal hat es ihnen eine Villa in Blasewitz angetan. Die Münchener sind in Dresden zur Hochzeit eingeladen und müssen irgendwo schlafen. Statt im Hotel einzuchecken, hat die Familie am Donnerstag an der Tür von Claudia Herrich geklingelt.

Allein über die Internetplattform Airbnb haben im vergangenen Jahr rund 42 000 Touristen in Dresden eine private Unterkunft gefunden, wie das Unternehmen auf Nachfrage der Sächsischen Zeitung mitteilt. Damit haben zwei Prozent aller auswärtigen Gäste nicht in einem Hotel oder einer Pension übernachtet. Zum Vergleich: In Berlin sind 2016 etwa 600 000 Ankünfte gezählt worden, die auf das Konto von Airbnb gehen.

Schätzungsweise über 1 300 Dresdner teilen inzwischen ihre Wohnungen mit Touristen. Etwa wenn sie selbst verreist sind oder noch etwas Platz haben. Internetplattformen vermitteln so ziemlich alles, vom schicken Apartment am Neumarkt für 130 Euro pro Nacht bis zum WG-Zimmer in der Neustadt für schlappe 14 Euro – kostenloser Parkplatz, WLAN und Waschmaschine oft inklusive.

Doch die privaten Vermieter machen sich nicht nur Freunde. Die Stadt etwa, die von Hotelgästen die Bettensteuer kassiert, sieht von Besuchern, die in Wohnungen unterkommen, meist keinen Cent. Das legen die offiziellen Beherbergungszahlen nahe. Offiziell sind in Dresden nur 15 Ferienwohnungen gemeldet. Dabei betont die Stadt, dass jeder, der für ein Bett Geld hinlegt, auch Steuer zahlen muss. „Die Gastgeber sind verpflichtet, Beherbergungssteuer einzuziehen“, so Rathaus-Sprecher Karl Schuricht. Auf Airbnb weisen allerdings nur wenige Gastgeber darauf hin, dass diese in Dresden überhaupt fällig wird. Die Dresdner Hotelallianz rechnet mit 250 000 bis 500 000 Euro, die der Stadt somit im Jahr verloren gehen.

Mit einer Bettensteuer, die auch Airbnb-Gäste zahlen, hat Susanne Meyer-Götz kein Problem, sagt sie. Sie bietet in der Neustadt eine Wohnung an. Gäste seien solche Abgaben aus anderen Städten wie Berlin gewohnt. Die Dresdner Regelung, ein Fünfzehntel des Übernachtungspreises draufzuzahlen, hält sie aber für zu kompliziert. „Ich fände es gut, wenn es feste Summen gibt und man nicht erst eine große Rechnung aufmachen muss. Das ist auch für die Touristen transparenter.“ Dass Besucher davon abgeschreckt werden könnten, Wohnungen zu buchen, glaubt sie allerdings nicht. Wer privat unterkommen will, werde das auch in Zukunft tun. „Im Gegensatz zu einem Hotel kann ich es genießen, mein Zimmer auch mal im Chaos zu hinterlassen“, sagt Meyer-Götz.

Immerhin verhandeln die Stadtverwaltung und Airbnb nun, um eine Lösung beim Bettensteuerproblem zu finden. Das Unternehmen hat bereits mit mehr als 220 Städten und Kommunen eine Vereinbarung zur automatisierten Zahlung und Ausschüttung von Beherbergungssteuern geschlossen. Das heißt: Wer über die Internetseite bucht, zahlt die Abgabe gleich mit. Airbnb leitet das Geld dann automatisch an die Stadt weiter. Das Unternehmen bestätigt Gespräche mit der Verwaltung, will aber keine Details nennen. Auch das Rathaus pocht auf Vertraulichkeit, teilt aber mit, dass bislang noch kein Ergebnis erzielt werden konnte. Immerhin könnte Dresden seine Touristenzahlen aufhübschen, sollten sich beide Seiten einig werden: Würde man die privaten Übernachtungen dazuzählen, hätte die Stadt im vergangenen Jahr höchstwahrscheinlich nicht Gäste verloren, sondern dazugewonnen.

Der Dresdner Hotelbranche sind Vermittler wie Airbnb, 9flats oder Wimdu generell ein Dorn im Auge. Denn sie nehmen ihnen Gäste weg, so der Vorwurf. „Wir haben das einmal durchgerechnet“, sagt Thomas Gaier, Sprecher der Hotelallianz. „Es ist davon auszugehen, dass täglich 500 Wohnungen in Dresden zur Kurzzeitvermietung angeboten werden. Das sind zwei große Hotels.“ Außerdem kämpften Hotels und private Gastgeber mit ungleichen Waffen. An die großen Herbergen würden hohe Anforderungen gestellt, etwa an den Brandschutz, die Hygiene, die Bausicherheit. Dass Private das nicht beachten müssten, sei ein unhaltbarer Zustand, so Gaier. Die Allianz will auch einen zweiten Anlauf starten und das Ferienwohnungsgeschäft verbieten lassen. Wenn die Sache mit der Beherbergungssteuer geklärt ist und die Stadt weiß, wie viele Wohnungen genau für Touristen angeboten werden, wolle man ein Zweckentfremdungsverbot für Wohnungen ins Gespräch bringen. Nach Ansicht der Branche würden Unterkünfte dem ohnehin angespannten Wohnungsmarkt entzogen, was wiederum zu höheren Mieten führen würde.

Die Spitzers wollen das sogenannte Couchsurfing nicht missen. „Wir benutzen Airbnb schon seit längerer Zeit, auch für Reisen ins Ausland“, sagt Cathrin Spitzer. Auch Susanne Meyer-Götz sieht das locker: „Wir leben nicht davon, Gastgeber zu sein“, sagt sie. „Wir machen das, um unseren Wohnraum effektiver zu nutzen.“