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Unwillkommener Besuch

Im Hirschkostüm versucht die NPD, Jugendliche auf ihre Seite zu ziehen. Warum das im Riesaer Heisenberggymnasium misslang.

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Von Britta Veltzke

Und plötzlich steht ein Hirsch im Treppenhaus. Die Aufregung war groß, als am Montag ein kostümierter Neonazi begleitet von vier weiteren Anhängern der rechtsextremen NPD-Jugendorganisation im Werner-Heisenberg-Gymnasium auftauchte, um Flugblätter zu verteilen.

Dass die Rechten auf ihrer Propaganda-Tour auch das Werner-Heisenberg-Gymnasium heimsuchten, bestätigte der stellvertretende Schulleiter Peter Juknat gestern auf SZ-Anfrage. „Ich war gerade auf dem Weg zu einer Kollegin, als mir zwei Schülerinnen der Jahrgangsstufe elf entgegen kamen. Ganz aufgeregt erzählten sie mir, dass die NPD im Haus sei. Auf der Treppe habe ich die Gruppe dann angetroffen und sofort rausgeschickt.“ Er sei davon völlig überrascht worden, so Juknat. Später erkannte der stellvertretende Schulleiter das Plüschkostüm dann im Schulportal, eine Informationsplattform für Lehrer, wieder. „Ich habe es zunächst für irgendein Maskottchen, ein Pferd oder so, gehalten.“ Die Bildungsagentur hatte die Schulen bereits vorab gewarnt, dass die rechtsextreme Partei eine Tour plant. Obwohl Peter Juknat zum Zeitpunkt des unwillkommenen Besuchs noch nichts davon wusste, habe er völlig richtig gehandelt, so Katrin Reis, Sprecherin der Sächsischen Bildungsagentur. Besonders in Wahlkampfzeiten haben Parteien jedweder Coleur an den Schulen nichts zu suchen. „Die Schule hat sich an der politischen Auseinandersetzung nicht zu beteiligen“, so Reis weiter.

Seit diesem Montag ist die rechtsextreme Jugendorganisation in Sachsen unterwegs. Unter dem Motto „Weg mit dem Drogendreck“ versucht die Neonazi-Partei mit dem Kampf gegen die Droge Crystal, anstatt mit den typischen fremdenfeindlichen Parolen bei den Jugendlichen zu punkten. Gleichzeitig wollen die „Jungen Nationaldemokraten“ (JN) 10 000 Exemplare ihrer Zeitung „Platzhirsch“ verteilen.

Davor warnt auch Susann Rüthrich. Die SPD-Bundestagsabgeordnete ist Sprecherin der Arbeitsgruppe Strategien gegen Rechtsextremismus in ihrer Fraktion. „Nach den Schulhof-CDs und diversen Schülerzeitungen versucht die JN nun mit einer vermeintlichen Anti-Drogen-Kampagne ihren Fuß in sächsische Schulen zu bekommen. Bei der Gelegenheit bringen sie Parteiwerbung mit und versuchen junge Menschen für ihre menschenverachtenden Ideen zu begeistern“, so die Politikerin aus dem Landkreis Meißen. Nach dem die Gruppe um den Nazihirsch das Werner-Heisenberg-Gymnasium verlassen hatte, war im Schulgebäude noch einiges zu tun: „Da die Gruppe nicht gleich bemerkt wurde, hatte sie Zeit ihre Flugblätter zu verteilen. Die Schüler haben die dann eingesammelt und abgegeben. Ich hoffe, dass nichts in Umlauf gekommen ist“, sagt Peter Juknat. Andere weiterführende Schulen in Riesa besuchten die Rechten, laut Stadtsprecher Uwe Päsler, nicht.