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Land unter in Neustadt und im Kirnitzschtal

Heftige Regenfälle haben in der Nacht zum Dienstag schwere Schäden angerichtet. Noch wird aufgeräumt.

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© Dirk Zschiedrich

Anja Weber

Neustadt. Das Telefon im Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr in Neustadt stand nicht mehr still. Immer wieder schrillte es. Am anderen Ende Einwohner, deren Keller vollgelaufen waren. Am Montagabend genau 20.03 Uhr ging der erste Alarm ein, sagt der stellvertretende Gemeindewehrleiter Kay-Uwe Rehn. Auf der Unterstraße in Neustadt war in einem Haus der Keller vollgelaufen. Dann ging alles Schlag auf Schlag. Einige Straßen verwandelten sich in einen Bach. Die Kanalisation konnte das nicht mehr schaffen. Und immer wieder gingen neue Hilferufe ein. Im Gerätehaus wurde eine Kommandozentrale eingerichtet, sagt Wehleiter Kay-Uwe Rehn.

Erdmassen versperrten in der Senke vor Rückersdorf den Weg.
Erdmassen versperrten in der Senke vor Rückersdorf den Weg. © Dirk Zschiedrich
In der Friedrich-Schiller-Oberschule in Neustadt stand das Wasser im Erdgeschoss an die 80 Zentimeter hoch und richtete viel Schaden an.
In der Friedrich-Schiller-Oberschule in Neustadt stand das Wasser im Erdgeschoss an die 80 Zentimeter hoch und richtete viel Schaden an. © privat

Von da aus wurden alle Einsätze koordiniert und Prioritäten gesetzt. Welche Fälle zuerst abgearbeitet werden mussten, wo vielleicht auch Menschen in Gefahr waren. Insgesamt 74 Feuerwehrleute waren im gesamten Gemeindegebiet im Einsatz und hatten vor allem mit vollgelaufenen Kellern zu tun. In einigen Häusern auf der Dresdner Straße stand zum Beispiel Schlamm und Wasser bis zu 30 Zentimetern hoch, berichten Anwohner.

Dazu kam, dass die Polenz binnen kurzer Zeit enorm angestiegen war. Gegen 20 Uhr waren es gerade einmal 30 Zentimeter Wasserstand. Nur eine Stunde später, mitten im Unwetter 1,27 Meter. Das ist kurz vor der Alarmstufe zwei, die bei 1,30 Meter ausgerufen wird. Zum Glück konnte aber entlang der Polenz nach einer Stunde Entwarnung gegeben werden.

Größeren Schaden hat das von den Feldern abfließende Wasser in der Friedrich-Schiller-Oberschule hinterlassen. „Hier stand das Wasser in mehreren Räumen bis zu 80 Zentimeter hoch“, sagt der stellvertretende Gemeindewehrleiter. Die Stadtverwaltung war gestern vor Ort, um die Schäden zu prüfen. Und schon ein erster Überblick lässt nichts Gutes ahnen. Der Vorbereitungsraum für den Unterricht sowie der Technikraum, in dem unter anderem auch Bohrmaschinen für den Werkunterricht lagern, waren am schlimmsten betroffen, sagt Stadtsprecherin Sarina Mann.

Auch einige Spinde der Oberschüler sowie Schränke mit Büchern wurden in Mitleidenschaft gezogen, wie auch Kostüme und Dekorationen der Theatergruppe. Auch ein ideeller Schaden, den man nicht mehr ersetzen kann. Die betroffenen Zimmer wurden gestern durch die Hausmeister geräumt. Außerdem werden nun Tag und Nacht die Trockner laufen. Eine konkrete Aussage zu den Schäden ist laut Stadtverwaltung erst in den nächsten Tagen zu erwarten. Für die Neustädter Feuerwehrleute wurde es eine lange Nacht. Binnen von nur drei Stunden hatten sie 38 Einsätze zu erledigen.

Als sich die Situation wieder beruhigt hatte, wurde gegen 1.15 Uhr die technische Einsatzleitung im Gerätehaus aufgelöst. Am Dienstag ging es ans Aufräumen. Die Mitarbeiter des Bauhofes beräumten die Straßen von herabgestürzten Ästen und Laub. Außerdem mussten die Gullys gereinigt werden.

Junge Saat hält in Rückersdorf den Wassermassen nicht stand

ein Durchkommen gab es am Dienstagmorgen auch auf der Straße von Langenwolmsdorf nach Rückersdorf. Die Felder konnten dort die Massen an Hagel und Starkregen nicht aufhalten. Dazu kam, dass die Saat noch jung und der Boden deshalb noch nicht stabil war.

Deshalb ergossen sich auch hier Erdmassen über die Straße sowie in den angrenzenden Bach. Mitarbeiter der Straßenmeisterei Langburkersdorf waren hier im Einsatz, um den Schlamm von der Straße zu schieben. Eine Firma hat dann mittels eines Radladers die Erde wieder auf das Feld gebracht. Noch vor dem Mittag konnte die Straße hier wieder freigegeben werden.

Schlamm- und Gerölllawinen versperren Kirnitzschtalstraße

Auf der Kirnitzschtalstraße laufen die Aufräumarbeiten. Sie musste am Dienstagmorgen zwischen Bad Schandau und dem Abzweig Ottendorf vorläufig gesperrt werden. An drei Stellen stürzen hier Erd- und Geröllmassen auf die Straße. Die Kirnitzschtalbahn stellte ihren Betrieb ein. Auch die Linienbusse der Oberelbischen Verkehrsgesellschaft Pirna-Sebnitz konnten am Dienstag das Tal nicht passieren. Fast zeitgleich, ebenfalls kurz nach 20 Uhr zog die Unwetterfront durch das Kirnitzschtal. Kerstin Tillig, die Lebensgefährtin von Campingplatzbetreiber Christoph Hasse, war gerade mit den Blumen beschäftigt. „Plötzlich wurde es dunkel und es hat geschüttet und geschüttet“, sagt sie.

Dann hörte man auf dem Campingplatz erst ein lautes Tosen. Auf der Hangseite gegenüber hatten sich im Bereich Bergraben/Schäfertilke Erdmassen gelöst und stürzten in die Tiefe. An die 20 Zentimeter stand der Schlamm auf der Straße.

Feuerwehrleute und Anwohner begannen mit Schaufeln, den Schlamm wegzuschieben. Dann musste schwerere Technik ran. Zum Glück blieb der Campingplatz verschont. Einigen Campern sitzt aber doch der Schreck noch in den Gliedern. „Wir hatten zwar von der Unwetterwarnung gehört. Doch dass es so heftig kommt, hätten wir nicht gedacht. Unser Wohnwagen stand binnen kurzer Zeit bis zu den Rädern im Wasser“, erzählt eine Urlauberin. „Sicherheitshalber wurden zwei Familien mit Kindern aus den Zelten ins Wanderquartier gebracht“, sagt Kerstin Tillig.

Für Christoph Hasse kam das Ganze offenbar nicht unerwartet. Bei starken Regenfällen stürzten hier immer wieder Erdmassen hinab. Der Berggraben wurde vor einiger Zeit beräumt und so hergerichtet, dass das Wasser kontrolliert ins Kirnitzschtal ablaufen sollte. Doch offenbar hatten sich am Montagabend wiederholt Erdmassen gelöst. Durch die Sebnitzer Straßenbaufirma Montag und Mitarbeiter der Straßenmeisterei wurde der Schlamm von der Straße beseitigt. Der Campingplatzbetreiber hofft, dass die Straße so schnell wie möglich wieder frei wird. Ab Mittag konnten dann auch die ersten Fahrzeuge wieder rollen. Am Nachmittag gab das Landratsamt die Straße dann komplett wieder frei.

Sorgen bereitet dagegen noch ein kleiner straßenseitiger Hangrutsch unterhalb des Campingplatzes. Befürchtet wird, dass hier die Gleise der Kirnitzschtalbahn unterspült worden sein könnten. Am Mittwoch wird das Landesamt für Straßenbau und Verkehr alle betroffenen Stellen untersuchen. Das Unwetter richtete im Kirnitzschtal aber noch mehr Schäden an. Unterhalb der Mittelndorfer Mühle stürzten an zwei weiteren Hängen vor allem Geröll auf die Kirnitzschtalstraße und versperrten diese ebenfalls. Mitarbeiter der Oberelbischen Verkehrsgesellschaft schoben hier am Dienstagmorgen Schlamm und die Steine von den Gleisen. Später wurde dann auch noch das Geröll beseitigt.

Unwetter richtet in Bischofswerda ebenfalls Schäden an

Die Unwetterfront zog dann offenbar weiter in Richtung Bischofswerda. Auch hier verursachte sie hohe Schäden. Auf dem Butterberg, einem beliebten Ausflugsziel war ein fünfmal fünf Meter großes Pagodenzelt vom Biergarten weggerissen worden und blockierte die Zufahrt.

Im Unterschied zum Butterberg ging es am Valtenberg bei Neukirch relativ glimpflich ab. An und in der Baude gibt es keine Schäden, sagte Valtenbergwirt Andreas Hübner. Großes Aufräumen am Dienstag auch im Bischofswerdaer Tierpark. Laub und Zweige lagen auf den Wegen; Schäden gab es glücklicherweise nicht. Auch die Tiere haben das Gewitter gut überstanden, sagte Tierparkleiterin Sylvia Berger. (mit SZ/ir)