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Untergegangene Textil-Industrie

Die SZ erinnert in einer Serie an Menschen, Gebäude und anderes aus Zittau, die alle kennen – obwohl sie nicht mehr da sind. Heute: Lautex, Werk 5.

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© Rolf Hill

Rolf Hill

Zittau. Es ist sicher nicht allein der Straßenname „Zur Alten Färberei“, der daran erinnert, dass einst auf dem Areal zwischen Ottokarplatz und Mandaukaserne in Zittau erfolgreich Textilgeschichte geschrieben wurde. Es begann wohl bereits 1864 mit der Gründung der Firma F. A. Bernhardt A.G., einem Unternehmen, das vornehmlich in der Textilveredlung tätig war.

Heute turnen dort Kinder in einer Sporthalle.
Heute turnen dort Kinder in einer Sporthalle. © Rafael Sampedro

Der erste große Einbruch kam mit dem Zweiten Weltkrieg. Als schon das Ende abzusehen war, starteten russische Flieger massive Angriffe mit Brandbomben auf dieses Werk. Am Ende waren rund 80 Prozent zerstört. Während nun ein Wiederaufbau begann, fand gleichzeitig im „Volkshaus“ ein Schauprozess gegen die Verantwortlichen der Werkleitung statt. Am Ende wurden sie des illegalen Schrotthandels und damit verbundener Bereicherung angeklagt. Sie wurden enteignet und der Betrieb Mitte der 50-er Jahre in Volkseigentum überführt. Die Produktion lief wieder an. Vor allem ging es nun um Lohnfärberei.

Dietrich Thümmler, langjähriger Direktor des 1957 gegründeten VEB Textilkombinat Zittau, erinnert sich gut an diese Zeit, erlernte er doch hier von 1950 bis 1953 den Beruf des Färbers. Nachdem der Betrieb nun als Werk 5 in das TKZ eingegliedert war, begann auch die Veredlung der Textilien aus den anderen Teilbetrieben. Dabei ging es vor allem um die Färberei, aber auch Bleicherei und Appretur. Anfangs habe es da häufig Mängel und Reklamationen gegeben, erinnert sich Thümmler. Das änderte sich aber mit dem Einsatz neuer Technik. So nahm bereits 1957 die damals modernste Bleichanlage ihren Betrieb auf. Nun wurden die zuvor benutzten Chemikalien Wasserstoffsuperoxyd und Chlorlauge durch Natriumchlorit ersetzt.

Dietrich Thümmler selbst war 1960 Werkleiter geworden und sieben Jahre lang in dieser Funktion tätig. 1971 wurde eine moderne Baumfärbanlage in Betrieb genommen, die ein diskontinuierliches Färben von Geweben und Gewirken aus synthetischen Faserstoffen ermöglichte. Gleichzeitig wurde der Dreischichtbetrieb eingeführt. 1992 erfolgte die Umwandlung beziehungsweise Trennung des VEB Textilkombinat Zittau in die Lautex GmbH Neugersdorf und die Textil GmbH Ostsachsen Zittau. Zu dieser gehörte auch das ehemalige Werk 5 als selbständige Firma unter dem Namen Zittauer Textilveredlung. 1995 wurde diese an die österreichische Firma Gebauer Holing AG Insbruck verpachtet und hieß fortan Textil- und Garnveredlung Zittau. Doch dann ließ sich hier der Pleitegeier nieder. Nachfolger wurde die Ploucquet Textiles Zittau GmbH. Diese entschied, dass der bisherige Standort völlig ungeeignet sei. So erfolgte in den Jahren 1998/99 der Rückbau, und gleichzeitig entstand der neue Firmensitz am heutigen Standort im Gewerbegebiet Weinau.

Die wesentlichen Etappen der Lautex-Geschichte kann man jeweils am letzten Sonntag des Monat beim Besuch der Dauerausstellung in der alten Schule Leutersdorf nachvollziehen.