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Unter Bäumen

Eine Bestattung im Wald könnten sich viele gut vorstellen. Aber das umzusetzen, ist schwieriger als gedacht.

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© Uwe Soeder

Von Jana Ulbrich

Bautzen. Ines Mättig hat ihre Entscheidung getroffen. Als vor Jahren ihr Mann starb, hat die Bautzenerin begonnen, sich sehr intensiv mit dem Tod auseinanderzusetzen. Auch mit ihrem eigenen. Heute ist es der 52-Jährigen ein großer Trost zu wissen, dass sie dann, wenn es so weit ist, an der Wurzel eines Baumes beerdigt werden will. Nicht von Mauern umgeben unter einem Grabstein auf dem Friedhof, sondern irgendwo in der Natur, im Wald, wo sie sich frei fühlt und Ruhe findet.

Ines Mättig ist längst nicht die Einzige, die sich mit diesem Gedanken trägt. Aber sie ist eine der Ersten in Sachsen, die sich auch einsetzen für ihre Idee. Vor zweieinhalb Jahren, als es im ganzen Freistaat noch keine einzige Möglichkeit einer Waldbestattung gab, hat sie mit Gleichgesinnten eine landesweite Bürgerinitiative für Bestattungswälder gegründet.

Friedwälder gibt es bereits

Die Initiative hat inzwischen 245 Mitglieder und unzählige Befürworter. In der Nähe von Bennewitz bei Leipzig, Callenberg bei Zwickau und Coswig bei Dresden sind die ersten Bestattungswälder Sachsens entstanden. Im Kreis Bautzen gibt es eine solche Möglichkeit noch nicht. Aber die ersten Pläne sind jetzt zumindest schon ein Stück weit gediehen.

In Kamenz hatte sich der Stadtrat im September mehrheitlich für einen Bestattungswald ausgesprochen. Auch ein geeigneter Ort ist bereits gefunden: ein schöner, 30 Hektar großer Laubwald aus dem weitläufigen Kamenzer Stadtwaldbesitz. Allerdings liegt das Waldstück in der Gemarkung der Gemeinde Haselbachtal.

Noch kein Bestattungswald im Landkreis

Gemeinsam müssen Stadt und Gemeinde nun erst einmal die Modalitäten klären. Die Kamenzer befürworten, dass die Gemeinde Haselbachtal die Trägerschaft über den Bestattungswald übernimmt und ein Pächter gesucht wird. Die Haselbachtaler aber sind an der Übernahme der Trägerschaft gar nicht interessiert. Man befinde sich zurzeit „in intensiven Gesprächen zur weiteren Vorgehensweise“, heißt es derweil aus dem Kamenzer Rathaus. Wann der erste Waldfriedhof im Landkreis also tatsächlich eröffnet werden kann, ist noch völlig unklar.

Es gibt bisher auch keine ähnlichen Pläne für einen Bestattungswald im Landkreis. Zwar hatten sich auch die Stadträte in Bautzen auf Initiative von Ines Mättig mit dem Thema befasst und sich das Für und Wider angehört. Aber das ist nun auch schon wieder anderthalb Jahre her. Seitdem herrscht Ruhe. Es sieht im Moment auch nicht danach aus, dass ein solcher Wald in Bautzen überhaupt noch ein Thema ist.

Aktuell könne kein „wesentlicher Bedarf“ im Einzugsbereich nachgewiesen werden, der die Einrichtung eines Bestattungswaldes im Bautzener Stadtgebiet rechtfertigen würde, erklärt Bautzens Pressesprecher. Im Bauausschuss der Stadt sei befunden worden, dass „aufgrund der Faktenlage kein weiterer Befassungsbedarf für die Verwaltung besteht“.

Großer Zuspruch

Ines Mättig kann diese Haltung überhaupt nicht nachvollziehen. „Der Bedarf ist doch riesengroß“, sagt sie und verweist auf die vielen E-Mails, Briefe und Anrufe, die sie seit der Gründung ihrer Initiative bekommen hat. Dass die Nachfrage groß ist, kann auch der Bürgermeister von Bennewitz bestätigen, jener Gemeinde, die im Sommer 2014 den ersten Bestattungswald Sachsens eröffnet hat. „Mit einem so großen Zuspruch hatten wir gar nicht gerechnet“, sagt Bernd Laqua. Der Bürgermeister bestätigt auch, dass das Angebot der Waldbestattung den acht Friedhöfen in seinem Gemeindeverband keinen Abbruch getan hat. „Von einer Abkehr oder Abwanderung vom klassischen Friedhof kann überhaupt nicht die Rede sein“, sagt er.

Dass der Friedhof als Bestattungsort womöglich nicht mehr genügend gefragt sein könnte, ist eines der Hauptargumente von Kirchenvertretern und Friedhofsverwaltungen gegen Waldbestattungen. In Ines Mättigs Unterlagen liegt auch ein Brief der Steinmetzinnung Ostsachsen, die die Pläne für einen Bestattungswald in der Region „mit großer Sorge um die jahrhundertealte Bestattungskultur“ sieht. Die Steinmetze geben zu bedenken, dass es für einen Bestattungswald in unserer Region ein riesengroßes Einzugsgebiet bräuchte, damit er überhaupt zu bewirtschaften sei.

Ines Mättig hat sich jetzt direkt an den Bautzener Bürgermeister gewandt. Alexander Ahrens sei von ihren Plänen sehr angetan gewesen, sagt sie. Sie plant auch, Stadträte und Interessierte zu einer Fahrt nach Bennewitz einzuladen, damit sie sich selbst ein Bild machen können. Ihre ganz konkrete Vision ist ein Bestattungswald auf dem Czorneboh. Der hätte ein Einzugsgebiet bis weit ins Oberland, sagt sie.

www.pro-bestattungswald-sachsen.de