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Unkraut zupfen für den Frieden

Fünfzehn Schüler des Görlitzer Augustum-Annen-Gymnasiums wandelten auf Kreta auf den Spuren der deutsch-griechischen Geschichte.

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© privat

Von Hanna Müller und Anna Babick

Görlitz. Das Klassenzimmer ist erfüllt vom Lärm der Schüler, an der Lehrerin prallt die Lautstärke aber ganz offensichtlich ab – das ist also eine Deutschstunde in Griechenland?

Im Dorf Alikianos bei Chania auf der Insel Kreta ist dieses Unterrichtsklima Normalität. Auch sonst unterscheidet sich das griechische Alltagsleben stark von unseren deutschen Gewohnheiten, wie wir in unserem Schüleraustausch erfahren durften. Mit dreizehn Mitschülern aus 9. und 10. Klassen des Augustum-Annen-Gymnasiums konnten wir die griechische Kultur sechs Tage lang hautnah erleben. Begleitet wurden wir von unseren Lehrerinnen Petra Großert und Cornelia Alder.

Das Projekt wurde durch den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge auf die Beine gestellt und von Organisator Carsten Riedel begleitet. Der erste Teil der Begegnung hatte bereits im Herbst 2016 mit dem Besuch der gleichaltrigen griechischen Schüler in Görlitz stattgefunden. Nun also flogen wir nach Griechenland zum Gegenbesuch. Wir wohnten bei unseren Austauschschülern und lernten deren Familien kennen – eine interessante neue Erfahrung für uns alle.

Während dieser sechs Tage wollten wir mehr zur Besatzung Kretas durch die deutsche Armee während des Zweiten Weltkrieges erfahren. Mit unseren griechischen Partnerschülern beschäftigten wir uns intensiv mit unserer gemeinsamen Geschichte: Wir besuchten verschiedene Kriegsdenkmäler, trafen Zeitzeugen und erarbeiteten einen Kranz, um ein Zeichen zu setzen. Die eigens beschrifteten Schleifen des Kranzes drückten mit den Worten – Gedenken, Freundschaft, Frieden und Versöhnung – die Botschaft unserer Arbeit aus.

Außerdem leisteten wir einen Arbeitseinsatz auf dem deutschen Soldatenfriedhof Maleme. 4465 deutsche Soldaten ruhen dort oberhalb des Örtchens Maleme an der Nordküste Kretas. Die Gräber, die jeweils Namen, Dienstgrade sowie Geburts- und Todesdatum von zwei Gefallenen tragen, sind von einem Teppich aus Mittagsblumen umgeben. Diesen befreiten wir von Unkraut. Für zwei Stunden waren wir mit Plastiktüten und Handschuhen am beinahe schattenlosen Hang beschäftigt.

Aber was wäre eine Reise nach Griechenland ohne einen Abstecher in die Antike. Deshalb sahen wir uns auch noch die historische Palastanlage Knossos an und besuchten die Hauptstadt Iraklion. Erholen konnten wir uns bei einem Strandausflug.

Als Gäste stellten wir fest, wie sehr sich das touristische Kreta, das man im Urlaub erlebt, vom alltäglichen Leben in den Dörfern und Kleinstädten unterscheidet. Trotz großer Gastfreundschaft und Herzlichkeit, war doch nicht zu übersehen, dass sich die Lebensweisen sehr voneinander unterscheiden. So wird grundsätzlich immer gegessen, Schlafenszeit ist erst weit nach Mitternacht, das familiäre Leben spielt sich für alle erst spätabends ab – zu Zeiten, wo wir Deutschen eigentlich schon unseren Schlaf gebraucht hätten. Aber das kretische Leben mit seiner Leichtigkeit und Lockerheit faszinierte uns. Wir wurden überaus herzlich aufgenommen. Es gab keinerlei Probleme oder Anfeindungen in Bezug auf das momentan doch komplizierte deutsch-griechische Verhältnis. Als wir uns nach der Woche wieder verabschiedeten, flossen schon so einige Tränen. Das Versprechen, sich in Zukunft wiederzusehen, wurde gerne gegeben, schon allein, um den besonderen griechischen Unterricht vielleicht noch einmal miterleben zu können.

Hanna Müller und Anna Babick sind Schülerinnen der 9. Klasse im Augustum-Annen-Gymnasium und absolvieren zurzeit ein Praktikum bei der Görlitzer SZ.