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Ungleichheit am Essenstisch

Sopro und Elblandklinik liefern seit August Essen an die städtischen Kitas. Eltern zahlen hier noch deutlich weniger als in den Einrichtungen freier Träger.

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© Symbolfoto/dpa

Von Marcus Herrmann

Meißen. Gerecht ist das nicht, findet Anna Walther * aus Meißen. Die Tochter der Mittdreißigerin besucht das Kinderhaus an der alten Ziegelei. Träger der Einrichtung ist das Trägerwerk Soziale Dienste Sachsen (TWSD). Für die Verpflegung – also das tägliche Mittagessen und Vesper am Nachmittag – zahlt Familie Walther etwas mehr als vier Euro täglich. „Pro Monat geben wir 84 Euro aus. Inzwischen gibt es einen Trend, wonach manche Eltern genau überlegen müssen, ob sie sich die Verpflegung in einer freien Kita überhaupt leisten können“, gibt Walther zu bedenken.

Tatsächlich haben die Eltern der Kinder an den städtischen Kitas diese Probleme weniger. Seit August 2016 werden sowohl die Kita Zwergenmühle als auch Sonnenschein von der städtischen Stiftung Soziale Projekte Meißen (Sopro) beliefert, die beiden Häuser Regenbogen und Nassaumücken bekommen ihr Essen seither aus der Großküche der Elblandkliniken.

Das bedeutet nicht nur eine praktische Umstellung: Im Gegensatz zum vorherigen Lieferanten Sodexo, mit dem die Stadt die Verträge nicht verlängert hatte, sind die neuen Anbieter sowohl für Service als auch Essenszubereitung zuständig. Beide Bereiche waren vorher in den vier städtischen Kitas getrennt. Die zweite Umstellung ist daher finanzieller Art – denn die zuletzt fälligen 2,10 Euro pro Tag sind unter diesen Umständen nicht zu halten gewesen. Die Preise haben sich deutlich erhöht.

Davon kommt bei den Eltern aber nur „geringfügig“ etwas an, erklärt Stadtsprecherin Katharina Reso. Denn die Stadt gibt seit letztem Jahr einen Euro pro Portion in den vier Kitas dazu. Konkret unterstützt die Stadt den Serviceanteil an der Verpflegung der Kinder. „Das gilt für alle Eltern, jedoch nur noch bis 2018, dann wird die Bezahlung an die einheitliche Regelung gemäß Kitagesetz angepasst.“ Das Gesetz beinhaltet im Wesentlichen, dass speziell sozial benachteiligte Eltern bei den Kosten unterstützt werden, und zwar vom Landkreis. Der Übergang zu den neuen Essensanbietern sei in den städtischen Kitas sehr gut verlaufen, verrät Reso.

„Es gab bislang keine Beschwerden hinsichtlich der Qualität des Essens. Im Gegenteil, es wurde als sehr gut und schmackhaft beschrieben. Sowohl Elblandkliniken als auch die Stiftung Soziale Projekte bereiten das Essen frisch für die Kinder zu“, erklärt sie. Die jeweiligen Preiserhöhungen seien gering und würden je nach Anbieter variieren. Dass die neue Situation zufriedenstellend ist, bestätigen der SZ gegenüber auch die Leitungen der Kitas Nassaumücken und Sonnenschein. Und auch der Elternvertreter an der Kita Zwergenmühle Andreas Winter zieht ein positives Zwischenfazit: „Durch den Wechsel zur Sopro hat sich die Qualität noch einmal spürbar verbessert. Der Anbieter kocht frisch und mit gesunden Zutaten, probiert oft Neues aus, aber immer in regem Austausch zu uns Eltern, Erziehern und den Kindern selbst“, sagt Winter.

Dass die Stadt einen Euro pro Portion zuschießt, findet er gut. Sozial schwächer gestellte Eltern, sagt er, trifft eine Mehrbelastung aber oft ohnehin nicht. „Viele bekommen Unterstützung vom Amt in Form von Essensgutscheinen.“ Inwieweit das auch auf Eltern von Kindern an freien Kitas zutrifft, weiß Anna Walther nicht genau. Sie schätzt, dass etwa 30 Prozent der Eltern an ihrer Kita Sozialhilfe empfangen. „Mir haben viele gesagt, dass sie sich das Essen in den Kitas freier Träger kaum mehr leisten können.“ Wegen der großen Preisunterschiede hätten sich einige Eltern in der Kita „An der alten Ziegelei“ bei der Sopro und den Elblandkliniken informiert, ob sie die Verpflegung auch in ihrer Einrichtung realisieren könnten. „Das ist aber nicht so leicht, wie sich herausgestellt hat. Scheinbar ist die Kita längerfristig vertraglich an den jetzigen Lieferanten gebunden“, erzählt Walther.

Einen Zuschuss der Stadt für die freien Kitas wird es nicht geben: „Bei den freien Trägern entfällt dies, denn die meisten beschäftigen für die Serviceleistungen noch technisches Personal“, sagt Stadtsprecherin Reso. Im kommenden Jahr wird die Ungleichheit am Essenstisch in den Meißner Kitas – egal ob freier Träger oder städtisch – ohnehin beendet. Wenn auch zulasten der Eltern. „Ab Sommer 2018 werden in allen Einrichtungen neben den Herstellungs- und Lieferkosten auch die Serviceleistungen auf die Eltern umgelegt“, so Reso.

* Name geändert