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Ungewöhnlicher Aufnahmestopp

Bei kaum einer Feuerwehr im Kreis läuft die Nachwuchsarbeit so gut wie in Kötzschenbroda. Was ist das Erfolgsrezept?

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© Norbert Millauer

Von Ulrike Keller

Radebeul. Der Schlauch wird schwerer und schwerer. Doch das junge Trio hält ihn mit aller Kraft fest. Jennifer, Lilli und der kleine Benjamin geben alles, auch wenn der Strahl zunehmend zu wandern beginnt. Oliver hat dabei mit seinen acht Jahren die Wasserzufuhr im Blick.

Das Training mit richtigem Wasser ist für die Mitglieder der Kinder- und Jugendfeuerwehr etwas Besonderes. „Das machen wir selten, weil es mit viel Aufwand verbunden ist“, erklärt Wehrleiter Frank Gründel. Denn die nassen Schläuche müssen im Turm des Rettungszentrums an der Wilhelm-Eichler-Straße zum Trocknen aufgehangen werden. Andernfalls würden sie über kurz oder lang schimmeln.

Jennifer Lehmann ist 13, ihre Schwester Lilli acht und Benjamin Wels gerade mal vier Jahre. Sie gehören zu den 25 blutjungen Enthusiasten, die die Kinder- und Jugendfeuerwehr Radebeul-Kötzschenbroda bilden. Während die meisten Wehren in der Region fehlenden Nachwuchs beklagen, gilt in Radebeul-West aktuell Aufnahmestopp. „Mehr als 25 Kinder und Jugendliche sind personell und logistisch im Moment nicht zu betreuen“, sagt Frank Gründel. Nicht mit drei ausgebildeten Jugendfeuerwehr-Warten, selbst, wenn sie es so engagiert angehen wie Enrico Heine.

Doch was lockt die Kleinen so zahlreich an? „Mein Bruder war schon hier“, erzählt Jennifer. „Ich habe oft zugeguckt, und das hat mir Spaß gemacht. Auch Schwesterchen Lilli gehört längst mit dazu. „Wir üben mit einer Puppe, wie man helfen kann“, berichtet sie begeistert. „Und man wird von anderen Kindern bewundert, wenn man im Feuerwehrauto sitzt.“

Oliver Wels und seinen kleinen Bruder Benjamin faszinieren vor allem die coolen Autos. „Und dass man Feuer löschen kann.“ Ihr Vorbild ist Papa. Der schon lange der Feuerwehr angehört. Wie bei den Lehmann-Mädels auch. Und die Mütter bringen sich jeweils im Förderverein der Freiwilligen Feuerwehr Radebeul-Kötzschenbroda ein.

Dieser ist eine ganz entscheidende Zutat im Erfolgsrezept der Nachwuchsarbeit. Denn die Stadt finanziert all das, was für den Brandschutz unbedingt notwendig ist. „Unsere Standortbedingungen sind super, das moderne Feuerwehrgebäude ist sehr anziehend für Kinder“, sagt Frank Gründel. Doch wenn man diese Voraussetzungen als gelungene Torte sieht, wie Thomas Walther veranschaulicht, mache der Verein das Sahnehäubchen aus. Denn der kümmert sich um den großen Rest. So hat er etwa den Fitnessraum für die Kameraden eingerichtet, den Aufenthaltsraum gestaltet, einen Pkw-Anhänger fürs Schlauchboot gekauft, aber auch PCs angeschafft.

Zudem bezahlt er sämtliche kameradschaftliche Aktionen wie Ausflüge und Feiern. „Das Zwischenmenschliche ist das, was bei unserem Nachwuchs zieht“, ist Fördervereinschef Thomas Walther überzeugt. „Wir wollen den Kindern und Jugendlichen auch außerhalb der Feuerwehr etwas bieten.“ So geht es beispielsweise gemeinsam ins Kino, Schwimmbad oder zur Dresdner Flughafenfeuerwehr.

Ins Leben gerufen wurde der Verein vor 19 Jahren mit Blick auf die damals bevorstehende 125-Jahr-Feier der Feuerwehr, um Gelder einnehmen zu können. Thomas Walther zählte zu den 20 Gründungsmitgliedern, ließ sich vorübergehend für den Vorsitz überreden und hat den ehrenamtlichen Posten bis heute inne. Die Zahl der Mitglieder ist inzwischen auf 75 gewachsen. „Der Verein arbeitet wie eine richtige Firma“, so der Chef.

Seit vielen Jahren stellt der Förderverein die Radebeuler Walpurgisnacht auf die Beine und betreut beim Herbst- und Weinfest eine eigene Fläche. Veranstaltungen, die Spaß machen und Aufmerksamkeit erregen. „Dadurch entsteht bei den jungen Leuten ein gewisser Stolz dazuzugehören“, sagt Thomas Walther. Dazu kommen die Einnahmen. Die Walpurgisnacht bescherte diesmal einen fünfstelligen Betrag.

Davon lässt sich nun unter anderem der nächste Tag der offenen Tür bestreiten. Am 19. August lädt die Freiwillige Feuerwehr gemeinsam mit dem THW an die Wilhelm-Eichler-Straße ein. Von 11 bis 18 Uhr erwartet die Besucher ein durchgängiges Unterhaltungsprogramm mit lustigen Wettkämpfen wie dem Feuerwehrziehen. Kinder können sich schminken und ein Airbrush-Tattoo sprühen lassen sowie reiten, basteln und in der Hüpfburg hopsen.

Während Benjamin, Jennifer und Lilli noch angestrengt den Schlauch umklammern, hilft Thomas Walther dem Jungkameraden Oliver, die Wasserzufuhr zu drosseln. Dann geht es ans Aufräumen. Doch selbst das macht dem Nachwuchs Spaß.