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Unfallschwerpunkt Marienbrücke

Nach über 30 Unfällen will die Stadt die gefährliche Neustädter Brückenauffahrt in Dresden entschärfen. Mit drastischen Mitteln.

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Verletzte, Blechschäden, kaputte Geländer: Die Neustädter Zufahrt zur Marienbrücke ist seit Jahren ein Unfallschwerpunkt. Erst am Montag ist es wieder passiert. Der Fahrer eines Vans verliert auf der Auffahrt die Kontrolle über seinen Wagen, schleudert quer über den Rad- und Fußweg und kracht gegen das Brückengeländer. Nun will die Stadt durchgreifen und die Stelle entschärfen. Aus zwei Spuren soll eine werden. Wie, erklärt Straßenbauamtschef Reinhard Koettnitz im SZ-Gespräch.

Herr Koettnitz, der letzte Unfall ist der Auslöser, eine Spur zu sperren?

Ja, denn seit dem Jahr 2000 gab es mehr als 30 Unfälle immer an derselben Stelle. Die Brückengeländer sind dabei in diesem Abschnitt oft beschädigt worden und mussten repariert werden. Jetzt sind wir wieder dabei.

Was haben die Unfall-Reparaturen an der Brücke bisher gekostet?

Der Gesamtschaden liegt bei über 450 000 Euro. Für jede einzelne Reparatur sind im Schnitt 15 000 Euro nötig. Die Kosten der gegenwärtigen Instandsetzung liegen aber eher bei 15 000 bis 20 000 Euro. Das Geld holen wir uns von den Autoversicherungen zurück, es sei denn, es ist kein Unfallverursacher greifbar.

Wie wollen Sie die unfallträchtige Brückenauffahrt entschärfen?
Wir sperren die linke Spur vor der Kurve an der Zufahrt. Sie wird deutlich später auf das Straßenbahngleis geführt als jetzt. Per Reißverschlussverfahren können sich die Autos dort künftig nach rechts einordnen. Dort stellen wir auch feste Warnbaken auf, damit keiner auf die Idee kommt, über die Sperrfläche zu fahren. Erst hinter der Links-Rechts-Kombination ist die zweite Spur wieder freigegeben. Dort sortiert sich alles links oder rechts ein, je nachdem, ob es geradeaus weiter in die Könneritzstraße oder nach rechts in die Magdeburger Straße geht. Die Aufteilung behalten wir bei, auch wenn sich die Verkehrsbetriebe eine Vollsperrung des linken Streifens gewünscht haben, damit die Bahn schneller durchkommt. Wir richten auch wieder eine Tempo-30-Zone ein, die bei Nässe gilt.

Produziert das nicht eine weitere Staustelle in der Innenstadt?

Klar kann es zu Spitzenzeiten auf Neustädter Seite vor der Brücke mehr Stau geben. Im Interesse der Sicherheit ist das notwendig. Ganz klar: Sicherheit geht vor Flüssigkeit im Verkehr. Es ist nicht mehr hinnehmbar, dass dort immer wieder Unfälle passieren. Dann ist auch eine drastische Einschränkung nötig, damit diese Stelle entschärft wird. Uns bleibt keine andere Wahl. Den Stau müssen wir hinnehmen. Den gibt es an anderen Stellen auch in Dresden.

Woran liegt es, dass es dort immer wieder kracht?

Vielleicht liegt es an der Fahrbahnneigung, die in diesem Fall fast null beträgt. Da ist die Fliehkraft zur Seite viel höher. Oder der Asphalt ist nicht rau genug. Auch die glatten Gleise spielen eine Rolle. Bei Nässe ist die Haftung der Reifen anders als auf trockener Strecke. Wir haben schon vor den letzten Unfällen den Asphalt aufgeraut, die Markierung der Fahrspur leicht verändert und Tempo 30 angeordnet. Trotzdem sind danach Unfälle passiert. Fast immer bei Regen und zu hoher Geschwindigkeit. Wenn sich die Autofahrer nicht ans Limit halten, müssen wir eben zu drastischeren Mitteln greifen. Denn Radfahrer und Fußgänger können in die Unfälle verwickelt werden, wenn ein Auto auf den Radweg schleudert.

Die Schleudergefahr ist eine Sache, warum bleiben alle im Geländer hängen?

Das ist schwer nachzuvollziehen. Es kann sein, dass das Auto erst ins Schlingern gerät und der Fahrer noch irgendeine Lenkbewegung macht und deshalb auf dem Radweg landet. Vor allem bei Nässe, wo die Haftung der Reifen stark abnimmt, gerät man leicht ins Schleudern. Um die genaue Ursache zu finden, müsste man eine Videokamera aufbauen und zugucken.

Würde eine Betonmauer zwischen Straße und Radweg helfen?

Nein, wir planen keine Mauer. Da geht es um die Ansicht der Brücke. Auch ein Blitzer ist schon gefordert worden. Das funktioniert bei der Geometrie der Fahrbahnführung mit einer Links-Rechts-Kurve nicht. Es braucht eine gerade Strecke dafür. Außerdem, was nützt uns der Blitzer? Dann haben wir zwar das Foto, aber der Autofahrer ist möglicherweise trotzdem ins Geländer gefahren.

Das Gespräch führte Tobias Wolf.