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„Und dann wurde es eng“

Nach dem tödlichen Radunfall in der Neustadt beteuert der Fahrer des Betonmischers, die Fahrradfahrerin nicht gesehen zu haben.

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© Chrisian Juppe

Von Alexander Schneider

Dresden ist wohl auch eine Stadt plötzlich endender Radwege. Leider. In der Bodenbacher Straße lässt sich das studieren – da ist das Radwege-Staccato sogar Absicht gewesen. Andernorts wie an der Kreuzung Bautzner/Rothenburger Straße, war das plötzliche Radwegende ein oft kritisiertes Provisorium. Doch erst nachdem dort im Februar 2016 eine junge Fahrradfahrerin ums Leben kam, wurde die Gefahrenstelle entschärft. Am Dienstag, genau eineinhalb Jahre nach dem fürchterlichen Verkehrsunfall, musste sich Steffen K. (58) wegen fahrlässiger Tötung vor dem Amtsgericht Dresden verantworten. Der Berufskraftfahrer saß am Steuer des Betonmischers, mit dem die Fahrradfahrerin Anne G. am Nachmittag des 8. Februar 2016 in der Bautzner Straße kollidiert war. Der Lkw war bei Grün an der Ampel Höhe Rothenburger Straße Richtung Albertplatz losgefahren. Nach der Kreuzung gab es keinen Radweg mehr, Betonmischer und Radlerin kamen sich auf der Fahrbahn gefährlich nahe.

Laut Anklage stieß der Lenker des Rads gegen die Radkasten-Verkleidung des Lkw, weshalb Anne G., eine 26-jährige Krippenerzieherin, von ihrem Rad stürzte und von dem Laster überrollt wurde. Sie erlag noch an der Unfallstelle ihren Verletzungen. Die Staatsanwaltschaft ging davon aus, dass K. die Radlerin eine Sekunde lang habe sehen müssen. Der Angeklagte weinte und konnte kaum selbst sprechen. Er beteuerte, dass er keinen Radler gesehen habe. Nach Zeugenaussagen hatten sich drei Radler der Ampelkreuzung Richtung Innenstadt genähert. Sie rollten auf dem Radweg langsam heran, mussten jedoch nicht halten und traten bei Grün in die Pedale. Zwei fuhren nach der Kreuzung rechts auf den Fußweg – Anne G. blieb auf der Straße. „Und dann wurde es eng“, sagte ein Autofahrer, der den Unfall beobachtete.

Nach den Aussagen von drei Augenzeugen hatten auch der Staatsanwalt und der Richter den Eindruck, dass es nicht zu belegen ist, ob die Radfahrerin vor dem Laster war, dass K. sie hätte sehen können. Sie folgten daher dem Vorschlag von Verteidiger Ulf Israel, das Verfahren gegen eine Geldauflage von 1 500 Euro einzustellen.
Israel sprach von einer „Kreuzung, die eine Katastrophe ist oder war“, was ganz erheblich zu dem Unglück beigetragen habe. Richter Ulrich Stein sagte, K.s Verschulden liege im untersten Bereich.