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Umzug nach Großdobritz

Im alten Gasthof soll im nächsten Frühjahr eine WG für Kinder und Jugendliche einziehen – und eine Idee einen neuen Anlauf nehmen.

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© hübschmann

Von Harald Daßler

Andreas Brünner und sein Team geben nicht auf. Ihre Idee, Kindern und Jugendlichen aus schwierigen und zerrütteten familiären Verhältnissen ein Zuhause zu schaffen, wollen sie nun in Großdobritz verwirklichen. Dafür investiert Brünner etwa 300 000 Euro. So hat er den zum Verkauf stehenden Gasthof in dem Niederauer Ortsteil bereits erworben. Mit Beginn des kommenden Jahres will der Pirnaer, der jahrelang als selbstständiger Malermeister und Baubetreuer gearbeitet hat, die acht Räume des Gebäudes umgestalten und für die neue Nutzung herrichten.

Das Objekt sei ideal für etwa zehn Kinder und Jugendliche im Alter zwischen drei und zwölf Jahren, die hier in einer Wohngemeinschaft und von Sozial- und Heilpädagogen betreut leben können. Das 2 500 Quadratmeter umfassende Grundstück biete gute Bedingungen für Bewegung, aber auch besondere pädagogische Angebote für die zu betreuenden Kinder und Jugendlichen, ist Andreas Brünner überzeugt. Außerdem verfüge der Ortsteil über eine gute Infrastruktur, etwa eine Bushaltestelle direkt vor dem Haus. „Als Handwerker hatte ich oft mit benachteiligten Jugendlichen zu tun“, berichtet er, was ihm den Anstoß gab, seinen Beruf an den Nagel zu hängen, sich neu zu orientieren und quasi nebenbei ein Management-Bachelorstudium zu absolvieren.

Dieser Abschluss ist wichtig: Um ein solches Jugendhilfe-Projekt betreiben zu können, hat Andreas Brünner eine Firma gegründet, die Rittergut Tanneberg gemeinnützige GmbH. Der Name erinnert an den ursprünglichen Ort, an dem die Wohngemeinschaft entstehen sollte. Im Klipphausener Ortsteil Tanneberg hatte er im vorigen Jahr Grundstücke um das Rittergut erworben und sich im Kavaliershaus eingemietet. Allerdings vermochte er in Klipphausen nicht, von der Nutzungsidee für das Rittergut zu überzeugen. Wie berichtet, hatten die Gemeinderäte in diesem Sommer mehrheitlich einen Verkauf des Herrenhauses an Brünners Firma abgelehnt – und das Aus für das Projekt in Klipphausen besiegelt. Dieses nein bedeutete auch ein Ende des Mietverhältnisses im Rittergut.

Seit September residiert Andreas Brünner samt seiner bislang eingestellten Mitarbeiterinnen in Meißen. Von einem Büro an der Neugasse aus forciert er den Neustart in Großdobritz – unter dem neuen Firmennamen „Lindenkids Meißen“. Das dazu entwickelte Logo, das eine Kinderhand auf einem stilisierten Lindenblatt zeigt, soll Geborgenheit symbolisieren, als Ziel aller Bemühungen um die Betreuung der anvertrauten Kinder und Jugendlichen, erläutert Ariane Thomas. Die Sozialmanagerin kümmert sich auch um Marketing und Öffentlichkeitsarbeit für das Unternehmen.

Neben dem Einrichten der Heimstatt für die künftige Kinder- und Jugend-WG im alten Gasthof sind zahlreiche Unterlagen einzureichen, ehe das Chemnitzer Landesjugendamt über die staatliche Betriebserlaubnis entscheidet. Das pädagogische Konzept für die WG muss überzeugen und der Nachweis als anerkannter Träger der freien Jugendhilfe durch den Paritätischen Wohlfahrtsverband Sachsens vorgelegt werden. Diesem Genehmigungsverfahren folgen dann Verhandlungen mit dem Jugendamt des Landkreises zur Finanzierung des künftigen Betriebs und der pädagogisch ausgebildeten Betreuer, die Brünner erst einstellen kann, wenn alles geklärt ist.

Im nächsten Frühjahr, so sehen es seine Pläne vor, soll der Gasthof zur Verfügung stehen und Kinder aufnehmen, die nicht weiter in ihren Familien leben können. Die in Tanneberg erworbenen Grundstücke will Andreas Brünner behalten – wenn der Start der Lindenkids-Idee gelingt, will er die Einrichtung weiterer Wohngemeinschaften nicht ausschließen.

Niederaus Bürgermeister Steffen Sang (parteilos), der erst in dieser Woche offiziell von dem Vorhaben in Großdobritz erfuhr, wollte gestern die Gemeinderäte über das Projekt informieren. Zur November-Sitzung hat er Andreas Brünner eingeladen, damit er selbst erklären kann, was er genau vor hat. Ebenso sollten Möglichkeiten zum Zusammenwirken mit dem Heimatverein des Ortsteils besprochen werden. Anders als in Tanneberg sei das ausgewählte Objekt in Großdobritz nicht in kommunalem Besitz gewesen, fügt der Bürgermeister hinzu. Der Gasthof habe lange zum Verkauf gestanden. In ein solches Objekt investiere man doch nicht, wenn man nicht vom Nutzungskonzept überzeugt ist.