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Umstrittenes Windrad wird aufgebaut

Die Anlage bei Mohorn soll Mitte September in Betrieb gehen. Anwohner fürchten, dass Lärm und der Schatten stören.

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© Andreas Weihs

Von Annett Heyse

Wilsdruff. Spezialkräne stehen im Feld und Bauteile in rot-grauer Lackierung liegen am Fuß eines riesigen Mastes – es sind die Flügelräder eines neuen Windrades, dass dieser Tage bei Mohorn aufgebaut wird. Doch so ruhig und professionell die Monteure die Anlage montieren, so umstritten ist sie auch. Lange hatten sich die Wilsdruffer Stadtverwaltung und der Ortschaftsrat Mohorn gegen das Windrad gewehrt – wegen der Dimension der Anlage.

Denn auf dem Feld zwischen Mohorn und Hetzdorf, dem sogenannten Windpark Mohorn, entsteht neben den drei bereits vorhandenen Türmen ein wahrhafter Koloss. Bauherr ist der Energieversorger Enso. Mit 104 Meter Nabenhöhe und einem Durchmesser der Rotoren von 92 Meter, also 150 Meter Gesamthöhe, überragt das neue Windrad die drei vorhandenen Spargel um 50 Meter und mehr. Die haben eine Nabenhöhe von 64 Meter, die Flügel messen 40 und 70 Meter im Durchmesser. Macht zwischen 84 und 100 Meter Höhe. Und die würden schon genug stören, heißt es aus Mohorn und dem Nachbarort Grund. Anwohner berichten, dass besonders im Frühjahr und Herbst, wenn die Sonne tief steht, die langen Schatten der Windräder bis an den Tharandter Wald reichen – über Häuser, Grundstücke und das Triebischtal hinweg. Anwohner, Ortschaftsrat und Stadtverwaltung reichten daher Einsprüche und Stellungnahmen ein. Sie argumentierten mit dem Schattenschlag, aber auch mit dem Abstand zur Wohnbebauung und dem zu erwartenden Lärmpegel. Auch die Tatsache, dass um Mohorn herum Rotmilane brüten, die auf den Feldern um Mohorn jagen und öfters über dem nur 500 Meter entfernten Milchhof gesichtet wurden, wurde angeführt.

Und es waren nicht nur die Mohorner und Grunder, die ein weiteres, noch größeres Windrad fürchteten. Kritik kam auch aus der Gemeinde Halsbrücke, zu der Hetzdorf gehört. Im Sommer würden die Schlagschatten bis dorthin reichen und Anwohner sowie Kurgäste stören. Doch die geforderte Umweltprüfung blieb aus. Seitens des Landratsamtes Sächsische Schweiz-Osterzgebirge hieß es, aus Vorprüfungen sei hervorgegangen, dass das Projekt an dem Standort keine nachteiligen Umweltauswirkungen habe.

Allerdings wurden zahlreiche Gutachten angefertigt. So wurden eine Schallimmissionsprognose, ein Schattenwurfgutachten, eine Untersuchung zu Vögeln und Fledermäusen, ein Gutachten über die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes sowie ein Sondergutachten Artenschutz angefertigt. Und damit nicht genug. Die beiden nach strengen EU-Naturschutzkriterien geschützten Fauna-Flora-Habitatgebiete „Triebischtäler“ und „Linkselbische Bachtäler“ wurden gesondert untersucht. Als der Mohorner Windpark 1996 auf einer Fläche von fünf Hektar eingerichtet wurde, baute zunächst die Agrargenossenschaft Herzogswalde ein Windrad auf. Später kam ein weiteres hinzu. Die Enso schloss sich an und errichtete eine in der Spitze 85 Meter hohe Anlage. Diese lieferte 18 Jahre lang Strom, bevor sie 2014 gegen ein höheres und leistungsfähigeres Windrad ausgetauscht wurde. Dieses ist 99 Meter hoch und liefert den dreifachen Ertrag.

Auch die Landwirte von der Agrargenossenschaft hatten weitere Pläne und wollten ein viertes Windrad bauen. Der Plan scheiterte 2014. Und das lag auch an der Enso. Deren Leitungen im Bereich Mohorn-Süd hatten damals nicht die Kapazitäten, um weitere Energie aufzunehmen.

Inzwischen sind die Leitungen ertüchtigt. Im Mai dieses Jahres wurde das Betonfundament für das neue Windrad gegossen und in den vergangenen zwei Monaten der Turm aufgestellt. Nun erfolgt die Montage des Rotors. Anschließend geht es an den Innenausbau, der überwiegend aus Technik besteht. Auch ein Fahrstuhl wird eingebaut, damit Monteure bequemer nach oben gelangen können. „Nach elektrischer Prüfung und Probebetrieb wird die Windenergieanlage voraussichtlich Mitte September Strom erzeugen“, teilt Enso-Sprecherin Claudia Kuba mit. Wenn es soweit ist, erzeugt des Windrad mit einer Leistung von 2,35 Megawatt im Jahr etwa 5 200 Megawattstunden Strom. Kuba: „Das entspricht rechnerisch dem Bedarf von rund 2 000 Haushalten in Ostsachsen.“

Im Übrigen, heißt es beim Energieversorger, sei das neue Rad allenfalls von durchschnittlicher Größe: „Die seit 2015 in Deutschland errichteten Windanlagen haben im Schnitt Nabenhöhen von 123 Meter, Rotordurchmesser von 105 Meter und damit Gesamthöhen von 175  Meter.“