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Umstrittener Verein eröffnet Räume für Bedürftige

In der Wiener Straße sollen Obdach- und Mittellose versorgt werden. Die Vereinsmitglieder wissen, dass ihr Handeln kritisch beobachtet wird.

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© René Meinig

Von Juliane Richter

Dresden. Obdachlose und Bedürftige finden ab heute in der Wiener Straße 73, unweit des Strehlener Bahnhofs, eine neue Anlaufstelle. Dort hat der Verein „Dresdner Bürger helfen Dresdner Obdachlosen und Bedürftigen“ rund 130 Quadratmeter im Souterrain einer Villa angemietet. Die Begegnungsstätte ist montags, mittwochs und freitags von 9 bis 15 Uhr geöffnet. Aber nicht für alle.

Sollte das Angebot gut angenommen werden, möchte Vereinschef Ingolf Knajder es an diesen drei Tagen bis 18 Uhr erweitern. Bei der gestrigen Eröffnung wirbt der 54-Jährige für den Verein und das Projekt, lobt die Hilfe vieler Unternehmer und Akteure. Der Verein finanziert sich allein durch Spenden, öffentliche Zuschüsse erhält er nicht. Knajder führt durch die Räume: In zwei Zimmern stapelt sich Kleidung für die Bedürftigen nach Größen sortiert in raumhohen Regalen. „Alle Sachspenden geben wir eins zu eins an die Bedürftigen weiter. Bei uns muss dafür niemand etwas zahlen“, sagt er.

Die Bedürftigen können außerdem kostenlos duschen, ihre Kleidung waschen und trocknen, sowie sich einmal monatlich von einem Friseur die Haare schneiden lassen. Ingolf Knajder wiederholt nicht nur gern die Angebote des Vereins, sondern immer wieder auch eine Aussage: „Wir sind kein fremdenfeindlicher Verein. Es wird in keinster Weise jemand ausgeschlossen.“ Erst im Juli 2016 hatte sich der Verein gegründet und war vor allem durch einen Streit mit der Dresdner Tafel in die Schlagzeilen geraten. Der Vorwurf: Während die Tafel auch Asylbewerbern helfe, grenze der neue Verein sie aus. Bei einem Schlagabtausch auf Facebook zu dem Thema im Oktober 2016 schrieb Knajder von „Asylanten, Scheinasylanten und illegalen Einwanderern“.

Einen kritischen Artikel in der Zeit vom Dezember 2016, in dem ihm unter anderem Nähe zu Pegida vorgeworfen wurde, bezeichnet er als Lüge. Gegen den Journalisten will er gerichtlich vorgehen. „Wir haben keine Bezüge zu Pegida“, sagte Knajder gestern. Niemand aus dem Organisationsteam von Pegida sei im Vereinsvorstand und umgekehrt, bekräftigt er wiederholt. Sein Ziel und das seiner Mitstreiter sei es, Menschen aus vielen politischen Richtungen für die Hilfe für Bedürftige zusammenzuführen. Zu den Bedürftigen zählen ihrer Meinung nach aber nicht Menschen mit Asylbewerberstatus. Diese würden durch den Staat versorgt.

Fakt ist aber dennoch: Auch deutsche Obdachlose bekommen Geld vom Staat. Zu den Mitstreitern des Vereins gehören unter anderem FDP-Stadtrat Jens Genschmar sowie Ex-Stadträtin Barbara Lässig. Auch Weihnachtszirkus-Chef Mario Müller-Milano hat gestern kurzerhand Karten für die Bedürftigen zugesichert. Am 12. Dezember will der Verein erneut eine Weihnachtsfeier veranstalten. Vermutlich wird diese in der neuen Ballsportarena stattfinden, wie der anwesende Geschäftsführer Frank Lösche sagte.

Ein Vertreter der Stadt kam nicht zur Eröffnung, was Barbara Lässig besonders mit Blick auf Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) kritisiert. Auf eine Anfrage der SZ bei der Stadt zum Verein antwortet eine Sprecherin: „Die vorhandene öffentliche und zivilgesellschaftliche Hilfsinfrastruktur deckt nach Ansicht des Sozialamts den bestehenden Tagesbetreuungsbedarf.“ In Unterkünften stünden 331 Unterbringungsplätze zur Verfügung. Zudem arbeitet die Stadt unter anderem mit dem Tagestreff der Diakonie „Schorsch“ zusammen.