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Umgebindehaus kommt weg

Das Gebäude in Obercunnersdorf verfällt. Das gefährdet auch die Nachbarhäuser. Deshalb gibt es nur eine Lösung.

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© Matthias Weber

Von Romy Kühr

Obercunnersdorf. Obercunnersdorf ist vor allem für eines bekannt: seine Umgebindehäuser. Über 250 verschieferte Umgebindehäuser hat der Ort. Das ist einmalig in der Welt. Als Denkmalsort wird das Dorf deshalb bezeichnet. Bald wird es hier ein Umgebindehaus weniger geben. Das Haus an der Hauptstraße 15 wird abgerissen. Eine Entscheidung, die der Gemeinde nicht leicht fällt, die aber alternativlos ist, wie Kottmar-Bürgermeister Michael Görke (parteilos) sagt. Nötig sei das auch gerade deshalb, um die einzigartige Umgebindelandschaft in Obercunnersdorf zu schützen.

Das bestätigt auch Obercunnersdorfs Ortsvorsteher Josef Kempis. Er ist selbst vom Fach, arbeitet in der Baubranche. Das leer stehende Wohnhaus ist vom Schwamm befallen, sagt er. „Das ist eine große Gefahr für die umstehenden Häuser.“ Denn kleine Tiere, wie Ratten oder selbst Insekten, können die Sporen aus dem schwammbefallenen Haus in die Umgebung schleppen und so auf andere Häuser in der Nachbarschaft übertragen. Dort könnte sich der Schwamm dann ebenfalls ausbreiten. Die Häuser stehen sehr dicht beieinander, es gebe deshalb keine andere Lösung, sagen Görke und Kempis.

Um eine Lösung zu finden, sind die Gemeindevertreter selbst nach Dresden gereist, um mit der Sächsischen Aufbaubank über Fördermittel zu verhandeln. Fördermittel für das Abbruchvorhaben sind zugesagt. Eigentlich, erklärt Görke, sei der Landkreis zuständig für die Sicherung des Hauses. Vonseiten des Landkreises sah man ebenfalls nur einen Abriss als einzige Möglichkeit. „Der Kreis hätte aber nur abgerissen, weil die Standsicherheit nicht mehr gegeben ist. Der Schutt wäre dann liegengeblieben“, sagt Bürgermeister Görke. Denn die Entsorgung kostet zusätzlich. „Das wollten wir nicht. Deshalb übernehmen wir jetzt den Abriss. Damit entlasten wir den Landkreis auch ein Stück weit“, stellt der Bürgermeister fest.

Das gleiche Schicksal wie das Obercunnersdorfer Umgebindehaus hat auch ein Gebäude im Ortsteil Niedercunnersdorf, gegenüber der Gaststätte „Edelweiß“. Es wird ebenfalls abgerissen. Auch dafür hat die Gemeinde einen Bescheid erhalten, dass sie den Abriss gefördert bekommt, berichtet der Bürgermeister.

Ganz verschwinden wird das historische Haus von der Hauptstraße 15 in Obercunnersdorf aber nicht. Es wird sozusagen in Einzelteilen noch erhalten. Die Stiftung Umgebindehaus mit Sitz in Neugersdorf wird noch brauchbare Bauteile daraus bergen. Diese wird sie dann in ihrer Bauteilebörse in Neugersdorf zur Verfügung stellen. Dort können Bauherren, die ein Umgebindehaus sanieren, Teile gegen eine Spende an die Stiftung erwerben und wieder verwenden. So bleiben historische Details und Baumaterialien erhalten. Bauherren haben außerdem den Vorteil, kostengünstig Material zu bekommen.

Mit dem Abriss an der Obercunnersdorfer Hauptstraße kann es demnächst schon losgehen. Der Gemeinderat hat in seiner jüngsten Sitzung den Auftrag an eine Zittauer Firma vergeben. Im Denkmalort Obercunnersdorf stehen derzeit keine weiteren Häuser zum Abriss zur Debatte, betont Ortsvorsteher Josef Kempis. Einige stehen aber leer. Vor allem sehr große Häuser finden schwerer Interessenten, meist schrecken die Sanierungskosten ab, die für ein großes Objekt anfallen. Immer wieder gibt es aber Liebhaber und Enthusiasten, die sich eines Umgebindehauses annehmen und sanieren.

Das hat auch Maik Wildner vom Bauamt der Gemeinde Kottmar in den letzten Jahren beobachtet. So gebe es zwar viele Interessenten, die neu bauen wollen und Grundstücke suchen. „Aber auch alte Bausubstanz wird gesucht“, so der Bauamtschef. „Das ist Geschmackssache.“