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Ukrainer beim NFV im Fokus der Ermittler

Die Polizei durchsucht die Geschäftsstelle des NFV Gelb-Weiß. Es geht um die ukrainischen Spieler. Der Verein fühlt sich zu Unrecht an den Pranger gestellt.

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© H.-E.Friedrich

Görlitz. Der Schreck dürfte den Verantwortungsträgern beim Fußballverein NFV Gelb-Weiß Görlitz am Dienstagabend gehörig in die Glieder gefahren sein. Völlig überraschend tauchten in der Geschäftsstelle des Fußball-Landesligisten und gleichzeitig in einer Görlitzer Wohnung eines Vereinsfunktionärs Beamte der Bundespolizei und des Zolls auf – einen Durchsuchungsbefehl in der Hand. „Den Durchsuchungsmaßnahmen gehen von der Bundespolizeiinspektion Ludwigsdorf geführte Ermittlungen wegen des Verdachts der Beihilfe zur unerlaubten Einreise und des unerlaubten Aufenthaltes sowie wegen des Verdachts des Gebrauchs rechtswidrig erlangter Aufenthaltstitel voraus. Zudem ermittelt der Zoll wegen des Verdachts arbeitsrechtlicher Verstöße“, erklärt Michael Engler, Pressesprecher der Bundespolizeiinspektion Ludwigsdorf, auf SZ-Nachfrage. Für die Durchsuchungen habe es einen Beschluss des Amtsgerichts Görlitz als Grundlage gegeben, der durch die zuständige Staatsanwaltschaft Görlitz als Herrin des Ermittlungsverfahrens beantragt wurde.

Hintergrund, so bestätigte es auch der Verein, ist der Einsatz ausländischer Spieler. Beim NFV spielen neben tschechischen und polnischen Spielern auch Spieler aus Nicht-EU-Staaten: Brasilianer und Ukrainer. Wie die nach Görlitz (und auch in andere Vereine der Region) kommen? Ganz einfach: über Spieleragenturen. Die Spieler, aus oft armen Verhältnissen, werden mit der Chance angelockt, über ihren Sport den Sprung in ein besseres Leben zu schaffen. Die Spieler werden in Camps in Polen „geparkt“, trainieren dort und versuchen, sich direkt oder in Freundschaftsspielen für den bezahlten Fußball anzubieten – am besten natürlich in Deutschland.

Der NFV Gelb-Weiß Görlitz ist nicht das Ziel dieser Spieler, weil er ganz einfach kein Geld hat, ihnen dieses bessere Leben zu finanzieren. Aber der NFV ist ein geeignetes Sprungbrett für diese Spieler. Sie können ein halbes oder ganzes Jahr lang in der Landesliga auf sich aufmerksam machen, immer in der Hoffnung, von jemandem entdeckt und später verpflichtet zu werden. Lizenzspielerverträge (Arbeitsverträge im Fußball) erhalten diese Spieler nicht. Geld fließt keines – bis auf eine kleine Aufwandsentschädigung für Fahrtkosten zum Beispiel. So sagt es der Verein. „Wir sind uns keiner Schuld bewusst, haben immer alles ganz offen kommuniziert, auch mit der Bundespolizei über das Thema gesprochen. Die Spieler haben schließlich ein polnisches EU-Visum. Hauptansprechpartner für uns ist aber der sächsische Fußballverband. Wenn nicht alles in Ordnung wäre, hätten wir für diese Spieler nie und nimmer eine Spielberechtigung erhalten“, sagt Carsten Liebig, der Präsident des Vereins.

Ganz so einfach scheint es jedoch nicht zu sein, zumindest im Fall der Ukrainer,. „Die Ukraine steht im Gegensatz zu Brasilien auf einer Negativliste der EU“, erklärt Michael Engler, der bestätigt, dass NFV-Spieler bei der Einreise nach Deutschland „festgestellt“, sprich kontrolliert, wurden. „Es kommt dabei auch auf die Art des Visums an. Wenn einreisende Bürger nur ein sogenanntes Touristenvisum haben, dürfen sie sich damit nicht dauerhaft in Deutschland aufhalten und keiner Erwerbstätigkeit nachgehen“, erklärt der Bundespolizist. Wenn Sie eines von beidem tun, verliert das Touristenvisum seine Gültigkeit, sie reisen damit unerlaubt ein.“

Nun bestreitet der NFV beides. Die Spieler haben schließlich in Polen gelebt, sind nur zum Training und zu den Spielen eingependelt. Und Erwerbstätigkeit setze Erwerb voraus, den es nicht gegeben habe. Liebig sagt: „Wir sind nie als Arbeitgeber aufgetreten.“ Aber auch das scheint nicht so einfach. Fußballspieler, die mit dem Ziel vorspielen, einen Vertrag zu erhalten (wo auch immer), könnten mit Probearbeitern gleichzusetzen sein. Und da streiten sich die Juristen …

Dass das alles juristisch geklärt werden muss, sieht man auch beim NFV so, der sich laut Michael Engler sehr kooperativ gezeigt habe. Ob die Aktion am Dienstagabend angemessen war, steht auf einem anderen Blatt. „Wir sind von den Socken. Da werden wir von allen Seiten für unseren Beitrag zur Integration von Ausländern gelobt, bieten Trainings für Flüchtlinge aus der Erstaufnahmeeinrichtung und Flüchtlingskinder an – und dann werden wir derartig an den Pranger gestellt“, sagt Liebig. Engler entgegnet für die Bundespolizei: „Recht bleibt Recht. Wir wollen aber keine Rufschädigung des Vereins, sind deshalb auch in Zivil gekommen, um möglichst wenig aufzufallen. Genau zur Trainingszeit einer Nachwuchsmannschaft. Ob Relevantes gefunden wurde, kann (darf) Engler nicht sagen: „Zum Ergebnis der Durchsuchungen können wir uns zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht äußern.“ (fth)