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Uhr tickt für die Lukaskirche

Vor zwei Jahren wurden Teile der alten Zifferblätter gefunden. Doch am Turm werden sie vorerst noch nicht hängen.

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Von Nora Domschke

Es war ein historischer Moment für die Lukaskirche und ein großer Erfolg für ihren Förderverein. Gestern, 16 Uhr, hing das rekonstruierte Zifferblatt der Kirchenuhr für einen kurzen Augenblick vor dem Turmstumpf hoch über dem Lukasplatz. Ein Kran hob die Metalltafel in die luftige Höhe von 50 Metern. „So könnte es einmal aussehen“, sagt Pfarrer Rainer Petzold. Für den 65-Jährigen ein ganz besonderer Moment, denn er geht im Sommer nach mehr als 20 Jahren Dienstzeit in den Ruhestand.

Erst wenn die 1945 zerstörte Turmspitze wieder aufgebaut ist, werden alle vier Zifferblätter an ihre ursprünglichen Plätze zurückkehren.
Erst wenn die 1945 zerstörte Turmspitze wieder aufgebaut ist, werden alle vier Zifferblätter an ihre ursprünglichen Plätze zurückkehren.

Seit Jahren kämpfen er und die Mitglieder des Fördervereins Lukaskirche für den Wiederaufbau des Turmhelmes, sammeln seit 2002 Spenden dafür. Mittlerweile sind etwa 150.000 Euro zusammengekommen. Rund 11.000 Euro kostete die Rekonstruktion des Zifferblattes und die gestrige Aktion. Doch der sonnige Platz am Kirchturm war nur von kurzer Dauer. Jetzt hängt die Uhr samt Uhrwerk auf einer Tafel vor der Kirche am Lukasplatz. „Da wird sie wohl auch eine Weile bleiben“, sagt Jens-Christian Giese vom Förderverein.

Denn noch fehlt viel Geld für den Wiederaufbau der 80 Meter hohen Kirchturmspitze, den sich der Verein auf die Fahnen geschrieben hat. Erst wenn sie steht, sollen alle vier Zifferblätter dauerhaft an ihren ursprünglichen Platz zurückkehren. Matthias Geisler vom Denkmalschutzamt rechnet dafür mit Kosten bis zu einer Million Euro. Ein Gutachten soll jetzt die genaue Summe ermitteln. Und die Zeit drängt – in zwei Jahren muss die provisorische Sicherung des Stumpfes, der zurzeit mit einem schwarzen Netz abgedeckt ist, erneut überprüft und genehmigt werden. Unter dem Netz verbirgt sich die Brandruine des Turms, der im Februar 1945 von einer Bombe getroffen in Richtung Osten abkippte. Dabei riss er einen der beiden kleinen Seitentürme mit.

Altes Blech verrät Geheimnis

Ziel ist es, in zwei Jahren mit der Sanierung des Turmunterbaus zu beginnen. „Wir könnten uns auch vorstellen, dass der Seitenturm wieder aufgebaut wird“, so Giese. Um die Kosten dafür zu decken, soll nun das Zifferblatt um weitere Spenden werben. 2012 wurden 20 Fragmente der vier originalen Zifferblätter eher zufällig auf dem Turmboden gefunden. Seitdem haben die Vereinsmitglieder viel Zeit in die Recherche über das Aussehen der Kirchturmuhr investiert. Gar nicht so einfach, denn das Kirchenarchiv ging 1945 ebenfalls in Flammen auf. Doch das rostige Blech der Fragmente gab ein Geheimnis preis: Die römischen Ziffern, die auf historischen Fotos von der Kirchweihe 1903 zu erkennen sind, wurden später mit arabischen Zahlen übermalt. Matthias Geisler vom Denkmalschutzamt vermutet, dass die Änderung ästhetische Gründe hatte.

„Die Kirche war im Stil der Neogotik und die Uhr mit den dafür typischen römischen Ziffern geplant“, sagt der Fachmann. Doch der Architekt Georg Weidenbach musste seinen Entwurf in den Stil der Neorenaissance umarbeiten – die römischen Ziffern blieben. Die könnten dann in den 1920er-Jahren übermalt worden sein, schätzt Geisler. Gemeinsam mit vielen Schaulustigen verfolgte er gestern die Aktion am Lukasplatz. Das Amt für Denkmalschutz begleitete die Rekonstruktion der Uhr, finanzielle Unterstützung gab es hingegen keine. „Geld von der Stadt gibt es erst, wenn die Turmhaube gebaut wird“, verrät Geisler, der auch zu den 100 Mitgliedern des Fördervereins gehört.

Pfarrer Rainer Petzold ist indes erleichtert, dass das Zifferblatt wieder heil gelandet ist. In den kommenden Jahren wird es seiner Bestimmung am Erdboden nachkommen müssen. In Richtung Stadtzentrum ausgerichtet, verrät die Uhr den Dresdnern seit gestern die Zeit. Drei Schaukästen informieren Besucher künftig über die Geschichte des Zeitmessers und der Lukaskirche sowie über die Pläne des Wiederaufbaus. Wann es so weit sein könnte, will sich Jens-Christian Giese nicht festlegen. Er freut sich erst einmal über den erfolgreichen Aufstieg des Zifferblattes.