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Üppiges im Weinberg

Ein Kunstpfad zieht sich durch den Radebeuler Weinberg von Drei Herren. Am Wochenende sind ihn viele hochgestiegen.

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© Andreas Weihs

Von Beate Erler

Radebeul. Der Schneck ist da, ein paar Bergschritte neben der üppigen Frauenfigur. Auch das neueste Objekt des Kunstpfades im Weingut Drei Herren konnten die Besucher beim Hoffest am Wochenende in Augenschein nehmen.

„Ich nehme das, was mir gefällt“, sagt Kunstprofessor Rainer Beck zu den Skulpturen.
„Ich nehme das, was mir gefällt“, sagt Kunstprofessor Rainer Beck zu den Skulpturen. © Andreas Weihs

Die grünen Weinstöcke im Weingut Drei Herren geraten dabei ins Hintertreffen angesichts der neu dazugekommenen Bewohner. Die sind bis zu drei Meter hoch, aus Eisenblech und Stahl und sehen entweder aus wie wilde Hengste, abstrakte Maschinen mit Kanonenrohren oder wie nackte, voluminöse Mischwesen aus Frau und Fee.

Grüße vom Mars steht unter einer schmalen Säule, die aus erzgebirgischen auf den Kopf gestellten Nussknackern besteht. Die neuen Bewohner sind aber nicht vom Mars gekommen, sondern vom Inhaber des Weingutes höchstpersönlich. Rainer Beck geht seinen Kunstpfad entlang und kann zu jeder Plastik und Skulptur eine Geschichte erzählen, zitiert die dazu passenden biblischen Verse und philosophiert über die Kunst und was sie für das Leben bedeuten kann.

Der Kunsthistoriker aus Stuttgart kam 1995 nach Dresden an die Hochschule für Bildende Künste (HfBK). Den Hermannsberg in der Oberlößnitz kaufte er 2002 und hatte von Anfang an den Wunsch hier Wein und Kunst miteinander zu verbinden: „Beides hat mit Sinnlichkeit zu tun und einen guten Wein zu machen, ist auch eine Kunst“, sagt der 69-Jährige.

Aber zuerst musste das ruinöse Anwesen umfangreich restauriert werden. Nun nach über zehn Jahren kann Rainer Beck sein lang geplantes Vorhaben umsetzen. Vor etwa einem halben Jahr wurden die ersten Kunstobjekte aufgestellt. Zurzeit sind es zwölf, weitere fünf kommen bald dazu. Der Wein- und Kunstwanderweg, der für Besucher offen ist, beginnt gleich hinter dem Eingang mit einer Steinskulptur, die ein grüßendes Händepaar zeigt. Das derzeit neueste Objekt konnten die Besucher am Wochenende auf dem Hoffest zum ersten Mal bestaunen.

Der „Schneck“, so der Name der Kopfplastik, bildet zugleich das Ende des Kunstpfades. Er sitzt ganz oben über dem Hermannsberg auf der Steinernen Schnecke. Der Kopf ist mit seinen fast anderthalb Metern auch vom Fuß des Weinberges gut zu erkennen und hat den besten Blick auf das Elbtal. Sein Schöpfer ist Detlef Reinemer, ein ehemaliger Kollege von Rainer Beck an der HfBK.

Viele der anderen Objekte, die er für den Kunstpfad gesammelt hat, stammen von weiter her. So auch der „Indianer“ von dem Amerikaner David Lee Thompson. Die aus Stahl und Eisen hergestellte abstrakte Figur ist aus Berlin in die Oberlößnitz gekommen. Bei der Wahl der Objekte macht es sich Rainer Beck nicht schwerer als nötig: „Irgendeine Auswahl muss man immer treffen und ich nehme einfach das, was mir gefällt“, sagt er.

Trotzdem folgen die Besucher, wenn sie durch die Steillage an den Kunstwerken vorübergehen, einem künstlerischen Konzept. Sie sind so ausgewählt und aufgestellt, dass sie den menschlichen Lebensablauf nachzeichnen. Es geht um das sein auf Zeit, um Leben und Tod. Symbolisiert zum Beispiel durch den „Wilden Hengst“, der für das pralle Leben steht, erklärt Rainer Beck oder durch das „Liebespaar“ von der Bildhauerin Charlotte Sommer Landgraf.

Auch im Lebensablauf von Rainer Beck gibt es zwei Fixpunkte: die Kunst und den Wein. Sein Großvater war Winzer und in seiner Jugend hat er oft im Stuttgarter Weinberg mitgeholfen, als der Großvater die schwere Arbeit nicht mehr alleine schaffen konnte. Die hat ihn aber nicht abgeschreckt, denn heute bewirtschaftet er mit sechs Angestellten eine Fläche von knapp sechs Hektar. Es gibt gute und weniger gute Jahre, aber im Schnitt füllen sie zwischen 30 000 und 40 000 Flaschen im Jahr ab.

Es kann sein, dass die Besucher nach dem zweiten oder dritten Glas Spätburgunder, Riesling oder Grauburgunder Männlein vom Mars sehen. Rainer Beck zumindest will ihnen bei der Interpretation der Objekte keine Vorschriften machen.