Von Helene Krause
Leisnig/Bockelwitz. Richard Keil aus Fischendorf, Artur Schmidt aus Minkwitz und Eric Jenczewski aus Leisnig lümmeln in der Kulturscheune Börtewitz auf einem großen Kissen. Sie halten Bücher in den Händen. Während sich Richard ein Buch über den Untergang der „Titanic“ herausgesucht hat, hat es Artur der Roman „60 Sekunden entscheiden über mein Leben“ angetan.
Eric dagegen möchte etwas über die Planeten wissen. Deshalb hat er sich ein Buch über „Star wars“ vom großen Tisch geholt. „Ich möchte wissen, wie die Planeten entstanden sind und wie das Leben auf der Erde möglich wurde“, sagt er. Die Jungen gehören zu einer Klasse der Siegismund-Reschke-Grundschule Leisnig, die zum Lesefest gekommen ist. Auf der Veranstaltung können sie, ihre Freunde und die anderen Kinder – etwa 100 sind es in diesem Jahr – nicht nur lesen.
Es liegen auch Spiele aus, und es gibt verschiedene Kreativangebote. So können die Schüler der Schriftstellerin Claudia Puhlfürst lauschen, die aus ihren Rätselkrimis liest. Bei Kerstin Kleine & ihrem Team dürfen sie lesen, stöbern und spielen. Es gibt eine Literatur-Werkstatt mit Christina König, in der Geschichten erfunden und später vorgelesen werden.
Bei Christine Richter aus Leipzig wird gemalt. „Ich bin von Anfang an bei den Lesefesten in der Kulturscheune Börtewitz dabei“, sagt Richter. Sie gehört zum Bödeckerkreis und betreibt in Leipzig die Kunstschule Richter. Zu DDR-Zeiten hat sie Kinderbücher illustriert. Nach der Wende schrieb sie selbst welche. Alle sind kunstpädagogische Bücher. Sie geben darüber Auskunft, was man mit Kindern im künstlerischen Bereich alles machen kann und sind reich bebildert.
Wie sie verrät, haben einige ihrer Schüler im Kleinkindalter in ihrer Schule angefangen. „Jetzt sind sie 14 Jahre alt und immer noch dabei“, meint sie stolz. Beim Lesefest können die Schüler bei ihr praktisch arbeiten. „Heute werden Buchstaben verbunden“, sagt Christine Richter. Dazu zeigt sie ein Bild aus einem ihrer Bücher, auf dem Buchstaben wie bei einer Collage verbunden sind. „Das Lesefest ist wichtig“, meint sie.
„Die Kinder können mit den Händen etwas machen und werden zum Lesen geführt. Dafür angagiert sich der Bödeckerkreis. Mit Lesen dringt man in eine Fantasiewelt ein. Mit Malen macht man mit seinen Händen etwas.“ So können die Kinder nicht nur in Fantasiebüchern blättern. Es liegen auch Bücher über Bäume, Tiere und Pflanzen aus. Des Weiteren können sie sich Werke über Basteln und kreatives Gestalten anschauen oder etwas über Mode und Styling erfahren.
Am Nachmittag erwartet die Besucher Lars Secherts Knalltheater mit dem Stück „Schneewittchen und die 7 Zwergis“. Aber auch die Erwachsenen kommen auf dem Lesefest nicht zu kurz. Für sie liest am Abend der Autor und Literaturwissenschaftler Dr. Rainer Moritz aus seinem Buch „Wer hat den schlechtesten Sex?“.
Der Friedrich-Bödecker-Kreis im Freistaat Sachsen organisiert gemeinsam mit der Stadt Leisnig, dem Ortsteil Börtewitz und mit viel Unterstützung der Familie um Ortsvorsteher Michael Heckel und dem Kulturraum Erzgebirge-Mittelsachsen alljährlich das Börtewitzer Lesefest. Weil es solch eine Veranstaltung im ländlichen Raum noch nicht gab, nahm der Bödeckerkreis Kontakt zu Michael Heckel auf. Börtewitz war ein Ort in der Mitte Sachsens und zudem Gründungsort des Vereins. „Die große Kulturscheune bot sich für die Veranstaltung an“, sagt Volly Tanner.
Er ist der Pressesprecher des Bödeckerkreises und selbst Autor. Gemeinsam mit Ortsvorsteher Michael Heckel begrüßt er die Gäste und stellt die Angebote vor, die es bei der Veranstaltung zu erleben gibt. Jedes Jahr lädt der Verein Schriftsteller und Prominente in die Kulturscheune und das Herrenhaus nebenan ein. So waren unter anderem schon Sigmund Jähn und Täve Schur zu Gast beim Lesefest.