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Überraschende Kandidatur wirbelt FDP-Parteitag auf

Die ehemalige PDS-Abgeordnete Christine Ostrowski hat sich zur Wahl gestellt. Viele Liberale finden das unsäglich. Doch ein Altbekannter unterstützt sie.

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Von Juliane Richter

Der Name hallt am Sonnabend wie ein Paukenschlag durch den Konferenzraum: Christine Ostrowski will bei der Stadtratswahl für die FDP antreten. Grundsätzlich ist die Partei über jeden Kandidaten erfreut. Doch bei der 68-jährigen Politrentnerin, die einst Spitzenpolitikerin der PDS war, entbrennt eine heftige Debatte. Den Namen in den Ring geworfen hat Steffen Hinze, Fraktionsgeschäftsführer der FDP. „Das ist natürlich eine ungewöhnliche Idee. Christine Ostrowski ist nicht die Vorzeigeliberale. Aber sie hat 2006 als Linke mit die Woba verkauft – das müssen wir ihr hoch anrechnen“, sagt er.

Allein dadurch habe Dresden schuldenfrei werden können. Das passe gut mit dem aktuellen Wahlprogramm zusammen, in dem sich die FDP vehement gegen eine Neuverschuldung ausspricht. Ostrowski, die selbst nicht vor Ort ist, wolle aber keinen Platz im Stadtrat einnehmen. „Sie tritt im Wahlkreis Altstadt nur auf dem Listenplatz neun an und will damit lediglich zusätzliche Stimmen sammeln“, erklärt Hinze. Diese Stimmen sollen der Spitzenkandidatin in diesem Wahlkreis, Barbara Lässig, helfen. Lässig war vor ihrer FDP-Zeit selbst für die Linken aktiv. Beide Frauen verbindet seitdem eine Freundschaft.

Doch bei den rund 80 anwesenden Mitgliedern auf dem Parteitag sorgen diese Argumente nicht für Verständnis. Die Ortsvorsitzende im Dresdner Westen, Jana Licht, zitiert einen Wikipedia-Eintrag, wonach Ostrowski vor der Wende SED-Mitglied gewesen sei. Der Landtagsabgeordnete Carsten Biesok spricht sich ebenfalls deutlich gegen diese Besetzung aus. Sogar Ex-Oberbürgermeister Ingolf Roßberg mischt sich in die Debatte ein. Er hat nichts gegen die Kandidatur von Ostrowski, schlägt jedoch vor, sie in dem Wahlkreis antreten zu lassen, in dem sie wohnt. Am Ende stimmen 30 Parteimitglieder für die PDS-Frau und 33 dagegen – bei 19 Enthaltungen. Der Plan geht nicht auf.

Am Tag danach zeigt sich Ostrowski ungerührt: „Wenn sie es nicht wollen, ist es eben so. Ich selbst habe keinerlei Ambitionen mehr auf den Stadtrat. Ich wollte nur die Barbara unterstützen“, sagt sie. Eine andere unerwartete Unterstützung auf der Wahlliste ist hingegen willkommen. Auch Dirk Hilbert, amtierender Wirtschaftsbürgermeister, lässt sich auf Platz neun in seinem Wahlkreis Klotzsche aufstellen. Mithilfe seiner Stimmen solle erstmals ein Kandidat aus diesem Wahlkreis in den Stadtrat einziehen. Insgesamt hofft die FDP, ihre bisherigen neun Plätze verteidigen zu können.

Mit Blick auf die letzte, desaströse Bundestagswahl kommt der Kreisvorsitzende Christoph Blödner nicht umhin, diesen Plan als „sehr ambitioniert“ zu bezeichnen. Damit der Plan aufgeht, treten auch die beiden bisherigen Landtagsabgeordneten Carsten Biesok und Torsten Herbst auf den Plätzen eins und zwei im Wahlkreis Striesen/Blasewitz an. Bis auf Barbara Lässig, die sich gleich zu Beginn des Parteitages mit ihrem Gegenkandidaten Torsten Hilbrich auseinandersetzen muss, verlaufen die restlichen Nominierungen größtenteils ruhig. Von den derzeitigen neun amtierenden Stadträten treten sieben wieder auf einem ersten Platz an, darunter auch Parteichef Holger Zastrow.