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Überraschend gute Ernte

Trotz Trockenheit und Regenmangel sind die Ackerbauern zufrieden. Unterm Strich bleibt aber kaum Geld übrig.

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© Dietmar Thomas

Von Tina Soltysiak

Landkreis. Polternd fallen die Zuckerrüben vom Förderband der Rübenmaus in den Laster. Unweit von Haßlau sind Martin Aschrich und Joachim Burchart unterwegs, um die Haufen, die derzeit noch am Rande der Felder liegt, abzutransportieren. Die Rüben sind die letzten Ackerpflanzen, die zurzeit geerntet werden. „Die Zuckerrübe hat sehr unter der diesjährigen Trockenheit gelitten“, sagt Iris Claassen, Geschäftsführerin des Bauernverbandes. Zu Qualität und Zuckergehalt könne derzeit noch nichts gesagt werden. „Aber je besser und sonniger das Wetter ist, umso höher ist der Zuckergehalt“, erklärt sie. Die Ablieferung der Feldfrüchte sei quotiert. „Die Preise liegen bei 30 bis 31 Euro pro Tonne“, sagt sie. Für jede Tonne, die zusätzlich abgeliefert wird, gäbe es dann nur noch knapp die Hälfte dieses Preises.

Die lange Trockenheit in diesem Jahr hatte bei den Bauern tiefe Besorgnis verursacht. Die Niederschlagsmengen lagen in den Monaten Februar/März und Mai bis Juli teils deutlich unter dem langjährigen Mittel, so das Statistische Landesamt Sachsen. „Was die Mengen betrifft, ist die Ernte überraschend gut ausgefallen. Das Landesamt spricht von der zweitbesten Ernte. Nur 2014 war besser. Wir hatten also zwei gute Jahre hintereinander“, sagt Torsten Krawczyk, Vorsitzender des Regionalbauernverbandes Döbeln-Oschatz.

Die Kulturen hätten sich erstaunlich gut auf die Trockenheit eingestellt. „Aber das Wasser fehlt eindeutig. Der Grundwasserspiegel ist zu niedrig. Wir brauchen mal wieder einen Winter mit Schnee“, urteilt Torsten Krawczyk.

Bauern hoffen auf Schnee

Frostige Temperaturen hätten gleich zwei weitere Vorteile: „Die Mäusepopulation würde sich so auf natürlichem Weg reduzieren. Die Tiere haben in diesem Jahr teilweise erhebliche Probleme gemacht“, sagt Iris Claassen. Die derzeitige Wärme erschwere auch den Kartoffelbauern die Arbeit. „Wir müssen die Kartoffeln in unseren Lagern runterkühlen. Denn bei um die acht Grad beginnen sie zu keimen“, erklärt Winfried Hunold, Betriebsleiter bei der Agrar AG Ostrau. Die optimale Überwinterungstemperatur liege zwischen vier und fünf Grad Celsius. „Wir haben keine technische Kühlung, sondern regeln das über die Außenluft“, sagt er. Aber wenn es auch in der Nacht mild ist, nütze das wenig.

Keimende Kartoffeln wären so ziemlich mit das Letzte, was die Bauern jetzt gebrauchen können. „Wir haben ohnehin schon erhebliche Sortierabgänge“, sagt Winfried Hunold. Nämlich etwa ein Fünftel des Gesamtertrages von etwa 365 Doppelzentnern. Ursache sei der Drahtwurm. „Bei Trockenheit sucht er sich feuchte Stellen und macht deshalb kleine Löcher in die Kartoffeln“, erklärt der Betriebsleiter. Die befallenen Erdäpfel könnten dann nicht mehr als Speisekartoffel verkauft, sondern nur noch als Futtermittel verwertet werden.

Einzelhandel ist gefordert

Der Großteil der Agrarbetriebe seien Gemischtproduzenten – betreiben also sowohl Ackerbau als auch Viehzucht. „Die Pflanzenproduktion subventioniert die Tierproduktion. Dort sind die Preise derzeit katastrophal“, sagt Torsten Krawczyk. Die Gemütslage sei „beschissen“. Die Ursachen seien vielfältig. „Das Russlandembargo dauert schon viel zu lange. Wir haben aufgrund politischer Contenance mitgemacht und die Entscheidung mitgetragen, obwohl wir wussten, dass wir Bauern am Ende die Leidtragenden sein werden“, erklärt Krawczyk.

Der Lebensmittelhandel sei nicht gewillt, die Preise zu ändern. „Wäre die diesjährige Ernte widererwartend nicht so gut ausgefallen, wäre die Situation noch fataler. Die Tiere müssen an 365 Tagen im Jahr versorgt werden. Der Milchpreis liegt derzeit bei 25 Cent pro Liter. Das ist einfach zu wenig“, so Krawczyk. 2008 hätten sie zwar schonmal bei 20 Cent gelegen. „Damals war die Kostenstruktur aber nicht mal annähernd so wie jetzt, Stichwort Mindestlohn.“ Eine schwarze Null sei ab 35 Cent pro Liter möglich. „Um das Loch zu stopfen, bräuchten wir aber mindestens 40 Cent“, erklärt er. Auch der Kilopreis Schweinefleisch sei mit unter 1,40 Euro zu gering. „Mindestens 1,60 Euro wären notwendig. So wird die Liquidität verbrannt“, urteilt er.