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Übernimmt sich Görlitz mit dem Partyjahr 2021?

Ob 950-Jahr-Feier und Sachsentag zusammenpassen, dazu gibt es unterschiedliche Meinungen in der Stadt.

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© Pawel Sosnowski

Von Matthias Klaus

Früher war alles schön. Der Tag der Sachsen 1993 in Görlitz zum Beispiel. Ein ganz tolles Ereignis, war man sich jetzt im Rathaus sicher, als die Pläne für den Sachsentag 2021 vorgestellt wurden. Dabei hatte die Feier vor 23 Jahren ein großes Problem: Regen. Das Naturkundemuseum wurde damals unverhofft zu einer Touristenattraktion, weil trocken und zentral gelegen. Nun soll der Tag der Sachsen erneut nach Görlitz kommen. Klar, das Wetter Anfang September 2021 ist nur schwerlich aus heutiger Sicht voraussagbar. Aber das ist ja auch nur ein Aspekt einer so großen Veranstaltung. Görlitz 2021, das bedeutet wahrscheinlich: Altstadtfest, Tag der Sachsen und 950-Jahr-Feier in einem Abwasch.

„Ob das so glücklich ist?“ Frank Reimann, Chef von VTS Event und Schatzmeister im Aktionsring Görlitz, hat da so seine Zweifel. Generell begrüße er es sehr, dass der Tag der Sachsen nach Görlitz kommt. Die Möglichkeit, dass sich Vereine präsentieren können, die Gäste – das bringe der Stadt natürlich etwas. „Aber eigentlich ist der Tag der Sachsen doch ein Projekt für sich“, findet Frank Reimann. Die Besucher können ihr Geld nur einmal ausgeben, gibt er angesichts der sich abzeichnenden Dauerfeiern zu bedenken. „Vielleicht wäre es ja günstig, den Tag der Sachsen auf ein anderes Jahr zu verlegen“, sagt der Unternehmer.

Bedenken, die Gunnar Buchwald so nicht teilt. „Als Hotelier kann ich Großveranstaltungen wie den Tag der Sachsen in Görlitz nur begrüßen“, sagt der Chef des Hotels „Zum Hothertor“. Er ist auch als „Stadtwächter“ bekannt, der Touristen durch Görlitz führt. „Die 950-Jahr-Feier wird sicherlich nicht als ein überregionales Ereignis wahrgenommen“, findet er. Der Stadtgeburtstag und der Tag der Sachsen gemeinsam aber, die würden wahrscheinlich ein größeres Schlaglicht auf Görlitz werfen und damit Besucher anziehen.

Sebastian Wippel, Görlitzer AfD-Landtagsabgeordneter, hat da so seine Zweifel. „Natürlich wird ein Tag der Sachsen der Stadt gut tun“, sagt er. Aber er gibt zu bedenken, wie man dann mit der 950-Jahr-Feier umgehe. „Vielleicht wäre es günstig, sich für den Tag der Sachsen für ein anderes Jahr zu bewerben – gerade im Sinne der Hoteliers in Görlitz“, sagt er.

Anneliese Karst, Mitglied im Görlitzer Stadthallenverein, freut sich derweil schon auf den Tag der Sachsen 2021. „Ich wünsche mir, dass es uns Görlitzern gelingt, sobald als möglich ein Festkomitee zu gründen. Ich würde da gern mitmachen“, sagt sie. Vielleicht erinnere sich der eine oder andere an die 900-Jahr-Feier 1971, schildert Anneliese Karst. „Haben wir inzwischen das Feiern verlernt? Ich bewundere heute noch die Freiberger. Die haben 2012 ihre 850 Jahre richtig mit Sachsentag und zwei Umzügen gefeiert“, sagt sie. Und: „So eine gute Sache soll man wirklich nicht gleich wieder zerjammern.“ Der Görlitzer Oberbürgermeister Siegfried Deinege will über das Thema Tag der Sachsen 2021 in Görlitz den Stadtrat im September, spätestens aber im Oktober beschließen lassen. Seitens des Landes sieht man dem Projekt durchaus mit Wohlwollen entgegen – wobei mit Freital auch noch ein Konkurrent im Rennen ist. Und bis etwa zwei Jahre vor der Vergabe können sich weitere Städte bewerben.

Der Freistaat unterstützt die Sachsentag-Stadt mit 700 000 Euro, wobei ein Großteil des Geldes nicht unbedingt für die Feierlichkeiten, sondern beispielsweise auch für Straßen verwendet werden kann. Teilnehmende Vereine bekommen insgesamt 100 000 Euro Unterstützung. Die Linken im Görlitzer Stadtrat kritisieren derweil das Vorpreschen sowohl der Stadtverwaltung, des OB als auch des Landtagspräsidenten Matthias Rößler. „Auf keinen Fall darf so eine Entscheidung am Stadtrat vorbei beschlossen werden“, sagt Fraktionschef Thorsten Ahrens. Die Görlitzer Linken-Ratsfraktion habe sich zu dem Thema generell aber noch keine Meinung gebildet. „Wir werden uns die finanziellen Belastungen genau anschauen“, sagt Thorsten Ahrens. Nur aus dem Bauch heraus werde es keine Zustimmung geben. Aber wenn alles passe, werde die Fraktion für eine Entscheidung offen sein – zugunsten des Tages der Sachsen 2021 in Görlitz.