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Mehr Übergriffe auf Sorben

Innenminister Markus Ulbig antwortet auf eine Anfrage der Grünen-Landtagsabgeordneten Franziska Schubert. Eine Frage lässt er allerdings außen vor.

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© Rocci Klein

Von Frank Oehl

Das zu Ende gehende Jahr war kein leichtes. Auch das Zusammenleben der Deutschen und Sorben im zweisprachigen Gebiet der Oberlausitz wurde hier und da auf eine Bewährungsprobe gestellt. Nicht nur gefühlt, sondern auch statistisch haben Übergriffe auf sorbisches Kultur- und Religionsgut und sogar auf Angehörige der nationalen Minderheit deutlich zugenommen. Dies offenbart auch die recht ausführliche Antwort des sächsischen Innenministers auf die Kleine Anfrage der Görlitzer Landtagsabgeordneten Franziska Schubert (Bündnis 90/Die Grünen) zum Thema. Eine Aufstellung aus dem Datenbestand des „Polizeilichen Auskunftssystems Sachsens“ (PASS) wies vom 1. Januar 2013 bis 28. November 2014 insgesamt 15 Fälle mit Attacken auf sorbisches Brauchtum und sorbische Mitbürger auf. Davon allein zehn in diesem Jahr. Markus Ulbig verwies in seiner Antwort auf die Tatsache, dass über das PASS keine vollständige Übersicht erzielt werden kann. Die offizielle Kriminalstatistik erfasse Übergriffe dieser Art bisher nicht gesondert.

Mehr Personen angegriffen

Aber auch schon die der Abgeordneten mitgelieferten PASS-Tabelle ist aussagekräftig genug. Der jeweilige „Sachverhalt“ reicht von der Brandstiftung von Mülltonnen vor dem sorbischen Gymnasium in Bautzen über das Herunterreißen sorbischer Fahnen auf dem Bautzner Postplatz bis hin zu Schlägen gegen zwei sorbische Jugendliche während des Summer Ending Open Air in Ostro, wobei nicht nur die Zunahme der „Sachverhalte“ erschreckt, sondern auch die Tatsache, dass sich in diesem Jahr die Übergriffe auf Personen häufen. Ob daraus schon eine neue Qualität nationalistischer Motive abzuleiten ist, lässt die Antwort auf die Kleine Anfrage offen.

Dabei ist die 32-jährige Franziska Schubert durchaus konkret geworden. Ihre Frage 3 lautete: Gibt es Anlass zur Aufnahme der dargestellten Übergriffe in den Bereich der „Politisch motivierten Kriminalität“? Wenn ja, mit welchem Hintergrund? Wenn nein, warum nicht? Unter der „zusammenfassenden Antwort auf die Fragen 1 bis 4“ lässt Ulbig dieses schwierige Thema aus. Nach einer umfangreichen Erklärung zu Frage 2, ob und wie die angefragten Übergriffe gesondert erfasst werden, geht der Minister gleich zu Frage 4 über: Bestimmte „Tätergruppen wurden bislang keine identifiziert.“

Noch keine Erfolge bei Aufklärung

Natürlich zielte die Anfrage von Schubert vor allem auf das Handeln der Staatsregierung selbst. Wie steht es um die Aufklärung der Straftaten und die Sicherheit der sorbischen Bevölkerung? Ulbig nennt die Sonderermittlungsgruppe beim operativen Abwehrzentrum in Görlitz – aber noch keine Erfolge. Die „Bürgerpolizisten“ hielten den Kontakt mit den Verwaltungen und sorbischen Interessenvertretungen. Das erhöhe das „Sicherheitsgefühl“ und stelle sicher, dass Polizeirelevantes auf direktem Wege an die Polizeidirektion gelange. Bei Veranstaltungen der sorbischen Bevölkerung und mit sorbischen Bezug werde mehr „polizeiliche Präsenz“ gezeigt, so Ulbig. Dazu gehöre auch der Einsatz mobiler Fahndungsgruppen. Das von Schubert angefragte, mögliche rechtsextreme Potenzial der Übergriffe sieht Ulbig natürlich auch: Hier setze man auf Gewaltprävention bei Kindern und Jugendlichen und verstärkte Lehrerfortbildung.