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Überfüllte Schulbusse

Eltern aus Bischofswerda geben dem Schülerverkehr schlechte Noten. Und nicht nur sie.

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© Steffen Unger

Von Ingolf Reinsch und Jana Ulbrich

Drei Familien aus dem Bischofswerdaer Ortsteil Belmsdorf fahren jeden Morgen eine Sonderschicht – ehe es für die Eltern auf Arbeit geht. Sie haben sich zusammengetan und fahren im wöchentlichen Wechsel ihre Kinder ans Gymnasium. Denn ein Bus, der die Kinder zur Schule bringen könnte, fährt am Morgen nicht von Belmsdorf in die Innenstadt. „Es funktioniert nur, weil wir Eltern Fahrgemeinschaften bilden, um unsere Kinder sicher zur Schule zu bringen. Schwierig wird es immer dann, wenn die Schule aufgrund von Ausfall später beginnt. Dann sind wir zum Teil auf die Unterstützung von Großeltern angewiesen“, sagt Jacqueline Winkler.

Dabei würde sich eine Stadtbusfahrt von Belmsdorf am Morgen lohnen. Allein in der kleinen Siedlung Am Heidehübel gibt es zwölf Mädchen und Jungen, die eine Schule in der Innenstadt besuchen. Hinzu kommen weitere Kinder aus den benachbarten „Hollandhäusern“. Rund drei Kilometer sind es von Belmsdorf in die Innenstadt, knapp ein Kilometer bis zur nächsten Haltestelle in Bischofswerda Süd, wo die Kinder in die Stadtbuslinie A einsteigen könnten. Doch das, sagen Belmsdorfer Eltern, ist keine Alternative. Denn es gibt keinen durchgehenden Fußweg. Vor allem der Abzweig von der Alten Belmsdorfer Straße ist sehr schmal. Dort ist es schon für Erwachsene riskant zu laufen, wenn ein Auto kommt. Hinzu kommt, dass Fußgänger auch auf der Alten Belmsdorfer Straße mehrmals die Fahrbahn queren müssen, weil der Fußweg mal auf der einen, mal auf der anderen Seite verläuft. Die Eltern machen den Fahrdienst gern für ihre Kinder, sagt Jacqueline Winkler. Trotzdem könnte es einfacher gehen. Sylvia Herrmann, deren Tochter eine LRS-Klasse an der Grundschule Kirchstraße besucht, sieht es genau so: „Vielen wäre geholfen, wenn früh ein Stadtbus von Belmsdorf fahren würde.“

Bus fährt nur nachmittags

Dabei gibt es bereits eine Stadtbuslinie, die in der Woche mehrmals am Tag über Belmsdorf fährt – allerdings nur nachmittags. Eingerichtet wurde sie vor allem für Senioren, die auf den Neuen Friedhof fahren. Am Nachmittag fahren aber auch Schüler mit. Im Landratsamt, das für den Busverkehr zuständig ist, sieht man aktuell „keine zwingende Notwendigkeit, eine zusätzliche Beförderung einzurichten“. Die Behörde verweist dabei auf die Stadtlinie A, die am Seniorenwohnhaus hält. „Ob künftig eine zusätzliche Fahrt auf der Stadtlinie C angeboten werden kann, muss mit dem verantwortlichen Busunternehmen Beck geprüft werden. Nach derzeitigem Kenntnisstand hat die Firma keinen weiteren Bus zur Verfügung, der diese Linie früh bedienen könnte“, sagt Sabine Rötschke, Sprecherin der Kreisverwaltung. Eine Nachfrage der SZ im Busunternehmen bestätigte diese Aussage: Man habe weder einen zusätzlichen Bus noch das Personal. Die Fahrer arbeiten bereits am Limit, heißt es. Doch selbst wenn man den Fahrplan ändern wollte, ginge das nicht kurzfristig. Denn Änderungen im Linienverkehr müsse der Landkreis nicht nur mit dem Busunternehmen abstimmen, sondern auch beim Landesamt für Straßenbau und Verkehr beantragen, so Sabine Rötschke.

Nicht nur in Belmsdorf sind Eltern mit dem Schülerverkehr unzufrieden. In Tröbigau machen sich Eltern sorgen, weil die Haltestelle in Richtung Gaußig nicht verkehrssicher ist. Kinder warten dort unmittelbar am Fahrbahnrand – lebensgefährlich! Kreisweit gibt es darüber hinaus Klagen, weil Busse im Schülerverkehr oft überfüllt sind. Außerdem kritisieren Eltern lange Warte- und Fahrtzeiten. Das ergab eine Umfrage des Kreiselternrates.

700 Eltern haben sich an Umfrage beteiligt

Um Schwachstellen aufdecken und sich gezielt für Verbesserungen einsetzen zu können, hat der Kreiselternrat auf seiner Internetseite eine anonyme Umfrage gestartet. Mehr als 700 Eltern aus dem ganzen Landkreis haben den Fragebogen bereits ausgefüllt. Kritisch sehen die Eltern nach wie vor auch die im vorigen Schuljahr in die Schülerbeförderungssatzung eingeführte „Mindestentfernung“ zwischen Wohnort und Schule. Grundschüler müssen demnach mindestens zwei Kilometer, Schüler ab Klassenstufe 5 mindestens 3,5 Kilometer von der Schule entfernt wohnen, um überhaupt Anspruch auf einen Schulbus-Ausweis zu haben. Betroffen waren im vorigen Schuljahr rund 800 Schüler. Der Landkreis spart damit rund eine viertel Million Euro, die die Eltern aus eigener Tasche bezahlen. „Wir halten das für eine ungerechte Benachteiligung“, erklärt Andreas Wolf vom Vorstand des Kreiselternrates. Der Kreiselternrat werde aus diesem Grund auch auf die schnelle Einführung eines landesweit einheitlichen, kostengünstigen Bildungstickets drängen, das für alle Schüler Sachsens gleichermaßen gelten soll. Ein solches Ticket einzuführen, hatten CDU und SPD im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Wann und wie das geschehen soll, ist allerdings noch unklar.

Für Probleme im Schülerverkehr hat der Kreiselternrat ebenfalls ein Formular entwickelt und auf seine Internetseite gestellt. Eltern können hier das Problem schnell und unkompliziert melden. „Uns ist wichtig, dass negative Vorfälle nicht im Sande verlaufen“, sagt Andreas Wolf. Das Melde-Formular kann an das zuständige Straßenverkehrsamt im Landratsamt gesendet werden. Um eine Übersicht über Probleme im Schülertransport zu bekommen, wäre es hilfreich, das Dokument auch an den Kreiselternrat zu senden“, bittet der stellvertretende Vorsitzende. Es müsse im Interesse aller sein, dass Kinder sicher und pünktlich zur Schule kommen.

www.kreiselternrat-bautzen.de