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Turnstar spricht über Missbrauch

Sie hat lange geschwiegen, doch jetzt weiß Simone Biles: Es war nicht mein Fehler.

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© dpa

Von Dominik Kortus

Seit Monaten erschüttert der Skandal den Verband der USA. Mehr als 100 Turnerinnen beschuldigen den früheren Teamarzt Larry Nassar, sie sexuell belästigt oder missbraucht zu haben. Seit Montag gehört auch die viermalige Turn-Olympiasiegerin Simone Biles dazu. Die 20-Jährige erklärte auf einer Internet-Plattform, ebenfalls Opfer geworden zu sein.

„Die meisten von euch kennen mich als glückliches, albernes und energiegeladenes Mädchen“, erklärte sie: „Aber zuletzt fühlte ich mich teilweise gebrochen. Und je mehr ich versucht habe, die Stimmen in meinem Kopf auszublenden, umso lauter haben sie geschrien. Ich habe keine Angst mehr, meine Geschichte zu erzählen. Auch ich bin eine der Überlebenden, die von Larry Nassar sexuell missbraucht wurden.“

Nassar, der fast drei Jahrzehnte und bei vier Olympischen Spielen für den US-Verband tätig war, muss sich derzeit wegen der sexuellen Übergriffe vor Gericht verantworten. Teilweise waren die Opfer jünger als 13 Jahre. In einer Stellungnahme des Verbandes hieß es, die Herzen aller seien gebrochen, „wir sind wütend über die schrecklichen Taten von Larry Nassar“. Der 54-Jährige hat sich in mehreren Fällen schuldig bekannt und wurde Anfang Dezember wegen Besitzes von kinderpornografischem Material zu 60 Jahren Haft verurteilt. Weitere Urteile stehen noch aus.

„Es gibt viele Gründe, warum ich zurückhaltend war, meine Geschichte zu teilen. Aber jetzt weiß ich, dass es nicht mein Fehler war“, schrieb Biles: „Viel zu lange habe ich mich gefragt, ob ich zu naiv war. War es mein Fehler? Jetzt weiß ich die Antworten auf diese Frage: Nein. Nein, es war nicht mein Fehler.“ Biles war mit viermal Gold und einmal Bronze einer der großen Stars der Olympischen Spiele in Rio de Janeiro 2016, im vorigen Jahr wurde sie zur Weltsportlerin gewählt. Derzeit arbeitet sie an ihrem Comeback – ausgerechnet an dem Ort ihrer schrecklichen Erlebnisse.

„Es bricht mir das Herz, wenn ich daran denke, dass ich bei der Arbeit für meinen Traum von Tokio 2020 kontinuierlich an die Trainingsstätte zurückkehren muss, an der ich missbraucht wurde“, schrieb sie: „Ich habe mir geschworen, dass meine Geschichte größer wird als das, und ich verspreche euch allen, dass ich niemals aufgeben werde. Ich werde einem Mann und den anderen, die ihn haben gewähren lassen, nicht erlauben, mir meine Liebe und Freude zu stehlen.“

(sid)