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Tschüss, alte Schauburg!

Kurz vor Beginn des Umbaus wurde altes Inventar versteigert. Viele kamen aber nur zum Abschiednehmen.

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© Christian Juppe

Henry Berndt

Dresden. Wer noch einen Stuhl wollte, der hatte schlechte Karten. Durch Hunderte E-Mails kämpfe er sich gerade, sagte Schauburg-Chef Stefan Ostertag, noch bevor die Versteigerung am Sonntagnachmittag begann. Alle wollten mindestens einen der alten Kinosessel, die für zehn Euro abgegeben wurden. Weitere Wünsche könne er beim besten Willen nicht mehr berücksichtigen.

Auch diejenigen, die bei der finalen Auktion vor dem großen Umbau hoffen, alte Vorführgeräte oder andere historische Technik ergattern zu können, werden enttäuscht. Stattdessen im Angebot: Filmplakate, Aufsteller, Soundtracks und Toilettenpapier. Moment, Toilettenpapier? Tatsächlich kommt hier die letzte Rolle samt Halter unter den Hammer. Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten, verkauft für zehn Euro! Damit bringt die Rolle mehr ein als ein riesiges Plakat des Films „Die andere Seite der Hoffnung“ von Aki Kaurismäki. Dafür gibt es nur drei Euro. Eine goldene Tasche bringt immerhin vier Euro ein und fünf Packungen Schokolade der Sorte „weiße Vollnuss“ erstaunliche fünf Euro. Keine Frage, hier muss wirklich alles raus, und der legendäre Dresdner Kinomacher Frank Apel ist der perfekte Mann für den Job auf der Bühne. In ähnlicher Weise moderierte er bis 2015 mehr als 200 Mal seine „Rumpelkammer“ in der Schauburg.

Eine halbe Stunde nach Beginn der Versteigerung ist der Sergio-Leone-Saal hoffnungslos überfüllt. Einige steigern mit, viele wollen aber vor allem Abschiednehmen von ihrer geliebten Schauburg, so charmant, aber eben auch zunehmend abgewetzt, wie sie das Kino in den vergangenen Jahrzehnten schätzen gelernt haben. Überall im Foyer und auf der Treppe sind Fotoapparate zu sehen. „Ich kenne genug Leute, die jetzt heulen“, sagt Frank Apel. „Ich heule nicht. Ich hab mich verabschiedet.“

Ab sofort ist die erstmals 1927 eröffnete Schauburg bis auf Weiteres dicht. Wenn sie in etwa fünf Monaten wieder öffnet, wird sie kaum wiederzuerkennen sein. Zwei neue Säle sollen entstehen. Auch der Eingangsbereich wird grundlegend umgestaltet. Alles soll ein wenig frischer und moderner werden, im Idealfall ohne, dass die alternative Aura dabei verloren geht. Bis zum 90. Geburtstag der Schauburg am 15. Oktober soll der Umbau fertig sein.

Anmerkung: Die Kinosessel werden am Montag versteigert. Interessenten melden sich per Mail an [email protected].