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Tschechische Autohäuser als Touristenziel

Immer öfter verbinden Gäste einen Ausflug in die Grenzregion mit einem Autokauf. Sogar Bayern und Niedersachsen kommen.

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© Petra Laurin

Von Petra Laurin

Zittau. Mit dem Zug hin und mit neuem Wagen zurück: Fast jeden Tag verkauft der Autohändler Jan Pecenka aus dem tschechischen Jablonec ein Auto an einen Kunden mit deutschem Reisepass. „Das Geschäft läuft schon sehr lange und hat sich für uns gut entwickelt. Die Klientel kommt zurück und wächst“, sagt er. Im Vorjahr, als der Wechselkurs bei 27 Kronen für einen Euro lag, war es sogar noch günstiger. Ein Kauf lohne sich aber noch immer. Šarka Jerábková, die sich in Pecenkas Autohaus San Plus um den Verkauf kümmert, erklärt: „Schon der Nettopreisunterschied, den die deutschen Autofahrer sparen können, liegt bei mehr als 22 Prozent.“ In Tschechien sind auch Ausstattung oder Garantie billiger. Weitere zwei Prozent spart man auf die Mehrwertsteuer.

Bei einem neuen Škoda Fabia zum Beispiel, dem am meisten hinter der Grenze gefragten Wagen, kann das einen Unterschied von bis zu 6 000 Euro ausmachen, wie ein Vergleich zeigt: Für einen neuen metallicfarbenen Fabia mit einem Ein-Liter-Motor und einer Leistung von 110 PS zahlt man in Deutschland 18 600 Euro, während im Nachbarland gerade einmal 12 900 Euro gezahlt werden müssen. Auch bei Dieselfahrzeugen sind deutliche Ersparnisse möglich. So liegt der Preis für einen Kodiaq Sportline mit 190 PS in Deutschland bei 43 100 Euro, während für das gleiche Modell in Tschechien nur 41 400 Euro gezahlt werden müssen. Wer also etwas Zeit in Recherche investiert, kann Schnäppchen finden. Denn ein Vergleich der Europäischen Kommission kommt alljährlich zum gleichen Schluss: Deutschland ist EU-weit der teuerste Automarkt.

Gute Kommunikation gewinnt
In Tschechien brummt vor allem der Škoda-Absatz. Neben dem Fabia verkaufen sich auch Octavia-, Citigo- oder Geländewagen-Modelle gut. Auch andere Marken finden ihre Käufer. Die Firma San Plus ist ein offizieller ŠkodaAutohändler, sie bietet aber auch die Marke Kia an. Im vergangenen Jahr wurden, vor allen in die alten Bundesländer, aus den beiden Autosalons in Jablonec und Ceská Lípa Wagen für insgesamt 150 Millionen Kronen, also knapp sechs Millionen Euro, verkauft. Und das ganz ohne jede Werbekampagne. „Im Durchschnitt handelt es sich dabei um ein Auto täglich“, rechnet Pecenka schnell durch. Laut dem Firmenbesitzer sind es auch die kürzeren Wartefristen, die zum Kauf motivieren. Viele Neuwagen und sogenannte Jahreswagen aus der tschechischen Nachbarschaft finden ihre Endkunden gleich hinter der Grenze – etwa in Zittau, Görlitz oder Bautzen. „Ich mag die deutschen Kunden. Sie sind sehr lieb“, sagt Verkäuferin Jerábková, die fließend deutsch spricht. „Es passiert nur sehr selten, dass mit uns jemand Kontakt aufnimmt und zum Schluss kein Auto kauft“, freut sie sich.

Eine treue deutsche Kundin, die nahe der niederländischen Grenze wohnt, vermittelte dem Ankauf im Isergebirge schon mindestens zwei Dutzend Leute. Sie bekommt immer eine fünfköpfige Gruppe zusammen, besorgt für sie ein günstiges Wochenendticket für den Zug und eine Übernachtung in Josefuv Dul (Josefsthal). „Wir holen sie dann in Zittau ab und zurück nach Hause fahren sie alle mit einem neuen Auto“, beschreibt die Autohausbedienung die Praxis.

Schon sein zweites Auto in Jablonec kaufte Heinz Rolver aus Ahausen. „Den ersten, einen Yeti, bei einem Urlaub, weil mein Auto repariert werden musste. Der zweite Kauf, ein Fabia, war für meine Tochter geplant“, verrät er.

Die gleiche Erfahrung mit deutschen Kunden hat auch der Liberecer Autohändler Michal Tomáš von Auto KP Plus. Über Freihändler verkauft er Autos, vor allem Suzuki und Fiat, nach Hoyerswerda oder Oybin. Noch öfter aber nach Bayern. Der Kunde bringt die Überführungskennzeichen mit, die Zahlung läuft in Kronen nach dem aktuellen Kurs. Bei der Abholung gibt es die tschechische Rechnung ohne Mehrwertsteuer und die internationale COC-Liste – eine Übereinstimmungsbescheinigung. Die weiteren Papiere sind bereits in Deutsch. Zu Hause braucht der Kunde beim Finanzamt nur die deutsche Mehrwertsteuer nachzuzahlen und die Zulassung zu beantragen. Die tschechische Garantie gilt auch bei deutschen Škoda-Händlern.

Der Tourismus mit Autokauf ist aber auch bei den Tschechen sehr beliebt. Sie holen sich aus Deutschland vor allem Gebrauchtwagen. Laut dem Sekretär des Verbandes der Auto Importeure wurden 2017 nach Tschechien 170 000 Gebrauchtautos importiert, was vier Prozent mehr als 2016 entspricht. Über 53 Prozent der Wagen waren über zehn Jahre alt. Auf dem tschechischen Markt wurden im Vorjahr 271 595 neue Autos verkauft, das sind 4,6 Prozent mehr als 2016. Die einheimische Marke Škoda hält über ein Drittel des Marktes.

Angst vor Czexit
Was den Autohändlern Sorgen macht, ist die politische Lage. Parteien in Tschechien setzen sich für die Möglichkeit allgemeiner Volksabstimmungen ein. Dabei möchte vor allem die Partei „Freiheit und direkte Demokratie“ auch ein Referendum über die tschechische EU-Mitgliedschaft möglich machen. Ein eventueller „Czexit“ würde eine Reihe von Wirtschaftsbranchen zerstören. „Die Folgen sind Massenentlassungen und Firmeninsolvenzen“, warnt der Chef des tschechischen Gewerkschaftsdachverbandes (CMKOS), Josef Stredula.