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Tschechen bauen Tatra für Großschönau

Die Gemeinde braucht Ersatz für das alte W 50-Löschfahrzeug. Ohne die Profis aus dem Nachbarland geht es nicht.

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© Matthias Weber

Von Holger Gutte

Ganz neue Wege ist Großschönau jetzt für seine Feuerwehr gegangen. „Die Beschaffung des neuen Fahrzeuges ist ein Novum in unserer Ortsgeschichte“, sagte Sachgebietsleiter Rainer Milde auf der Gemeinderatssitzung am Mittwochabend. Weil schon im Vorfeld absehbar war, dass der Wert des neuen Tanklöschfahrzeuges den EU-Schwellenwert von 209 000 Euro für einen derartigen Kauf übersteigt, musste das Feuerwehrauto EU-weit ausgeschrieben werden. Auf der dafür vorgesehenen Plattform im Internet haben sich zehn Firmen aus Tschechien, den Niederlanden und Deutschland die Ausschreibungsunterlagen heruntergeladen. Von fünf Unternehmen sind dann schließlich Angebote bei der Gemeindeverwaltung in Großschönau eingegangen. „Sie hatten dabei ganz besondere Anforderungen zu beachten“, schildert Rainer Milde. Denn eigentlich erreichen die modernen Tanklöschfahrzeuge mittlerweile eine Höhe von etwa 3,30 Meter. In Großschönau geht das aber nicht. In das dortige Feuerwehrdepot passen nur Fahrzeuge mit einer Höhe von maximal 2,98 Meter. Trotzdem will die Gemeinde natürlich ein modernes Löschfahrzeug. Und das wird sogar dringend gebraucht. Denn es soll das 35 Jahre alte W-50-Tanklöschfahrzeug ablösen, mit dem die Großschönauer Kameraden immer noch bei ihren Einsätzen ausrücken.

So ähnlich, wie auf dem kleinen Bild könnte 2017 ihr neues Tatra-Tanklöschfahrzeug aussehen.
So ähnlich, wie auf dem kleinen Bild könnte 2017 ihr neues Tatra-Tanklöschfahrzeug aussehen. © Feuerwehr

Also braucht Großschönau ein Auto mit einem dementsprechenden Fahrgestell. Das können die großen Lkw-Hersteller – wie unter anderem MAN und Mercedes – die in Deutschland meist Feuerwehrautos bauen, aber nicht liefern. „Einzig und allein das Tatra-Fahrgestell schafft die von uns benötigte Bauhöhe“, sagt Rainer Milde. Deshalb würden sich auch alle fünf Anbieter für Großschönaus Feuerwehrfahrzeug des Tatra-Fahrgestells bedienen.

Allerdings gibt es in den Angeboten schon allein beim Fahrgestellpreis zwischen den einzelnen Berechnungen einen Unterschied von 25 000 Euro. Von den fünf Angeboten der Firmen, die Feuerwehrautos aufbauen, hat ein tschechisches gegenüber der deutschen und holländischen Konkurrenz Großschönau das wirtschaftlich günstigste Angebot gemacht.

Einstimmig haben die Gemeinderäte deshalb auf ihrer Sitzung den Auftrag für den Bau ihres Tanklöschfahrzeuges an die Firma THT in Policka in der Nähe der Landesgrenze zwischen Böhmen und Mähren vergeben. „Als Kommandant habe ich mich sehr über die positive Entscheidung der Gemeinderäte gefreut. Und auch meine Kameradinnen und Kameraden fieberten der Entscheidung entgegen“, sagt Gemeindewehrleiter Fabian Hälschke. Das Fahrzeug wird ihren Vorstellungen und den technischen Parametern eines Waldbrandtanklöschfahrzeuges gerecht. „Allein das bewährte Fahrgestell von Tatra sowie die technischen Besonderheiten sprechen für sich – und das hat uns überzeugt“, sagt Fabian Hälschke.

Exakt 257 877,76 Euro wird das Löschfahrzeug kosten und nun komplett in Tschechien hergestellt. Es wird speziell für Waldbrände ausgerüstet. Rechtlich muss Großschönau noch die Widerspruchsfrist der anderen Anbieter abwarten. Dann könnte das Feuerwehrauto gebaut werden und schon im nächsten Jahr Ende März der Wehr zur Verfügung stehen. Auf Anraten von Bürgermeister Frank Peuker (SPD) wird außerdem noch geprüft, ob ein Bietergespräch nötig ist, um sicherzustellen, ob das Fahrzeug auch so wie gewünscht geliefert werden kann.

Rainer Milde und Fabian Hälschke sind davon aber schon jetzt überzeugt. Im Nachbarland werden solche Löschfahrzeuge schon seit 2010 gebaut, wissen sie. Das robuste Fahrgestell kommt auch bei der tschechischen Armee zum Einsatz. Und sie haben solche Tatras schon selbst im Einsatz gesehen. Auch die Varnsdorfer Berufsfeuerwehr besitzt ein solches Löschfahrzeug. Das hat sogar drei Achsen und führt 9 000 Liter Wasser mit. Und so ein Fahrzeug hat auch die Perleberger Feuerwehr.

Großschönaus Tatra-Löschfahrzeug soll ein Zweiachser werden. Mit einem Fassungsvermögen von 4 000 Liter Wasser und 500 Liter Schaum können die Kameraden dann die doppelte Menge an Löschwasser, als jetzt mit ihrem W 50 mitnehmen. „Das reicht“, sind sich Milde und Hälschke sicher. In Tschechien sind die Tanklöschfahrzeuge größer, weil es dort kein so gut ausgebautes Hydrantennetz gibt wie hier.

Großschönaus Tatra verfügt auch über zwei Wasserwerfer. Neben dem auf dem Fahrerhaus befindet sich noch einer auf der Stoßstange zum Selbstschutz bei Waldbränden, schildert Rainer Milde. Dafür haben die Kameraden dann auch für unwegbares Gelände Löschrucksäcke mit an Bord. Um mehr oder weniger Bodenfreiheit unter den Achsen zu haben, kann der Tatra je nach Gelände zehn Zentimeter hochgefahren oder zwölf abgesenkt werden.

Im bereits beschlossenen Haushalt für Großschönau für 2016 gehört der Posten Feuerwehr mit zu den größten Investitionen. 306 000 Euro sind hier für den Kauf eines solchen Fahrzeuges vorgesehen. Das neue Tanklöschfahrzeug kostet nun deutlich weniger. Der Kauf wird vom Landkreis zu 75 Prozent gefördert. Der Eigenanteil der Gemeinde Großschönau beträgt 91 000 Euro. „Wir freuen uns auf das Fahrzeug“, sagt der Gemeindewehrleiter.