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Trotz Job auf Hilfe angewiesen

Menschen mit und ohne Arbeit kommen zur Ausgabestelle der Oberlausitzer Tafel. Hier gibt’s mehr als Lebensmittel.

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© Thomas Eichler

Von Constanze Junghanß

Löbau. Beate Meffert ist die Erste heute. Die 55-Jährige kommt vorsichtshalber schon einige Minuten vor der Öffnungszeit mit ihrem Einkaufsbeutel. Manchmal sind die Schlangen der Wartenden doch etwas länger. Gesundheitlich sei sie nicht ganz so auf der Höhe, sagt sie. Und da ist es Frau Meffert lieber, gleich am Anfang dranzukommen. Seit fünf Jahren nutzt die Löbauerin nun die Angebote der Oberlausitzer Tafel. „Zweimal in der Woche bin ich hier. Weggeworfen werden Lebensmittel bei mir zu Hause auch nicht“, erzählt sie. Gemüse und Brot, das übrigbleibt, kommen in den Froster. Manche wenige würden mit den Spenden aber nicht gut haushalten. Es gebe einige, die Lebensmittel in die Mülltonne werfen, erzählt die Hartz-IV-Empfängerin, die vor der Wende selbst im Großhandel arbeitete. Der machte – wie so viele Betriebe in der Oberlausitz – die Schotten dicht. Zahlreiche Menschen verloren ihre Jobs und bekamen keinen Fuß mehr in den ersten Arbeitsmarkt. Vier Kinder zog Beate Meffert groß, versuchte immer wieder, eine Festanstellung zu bekommen. Erfolglos.

Die Frau mit den freundlichen braunen Augen geht mit voller Tüte wieder heim. Zwei Euro nimmt die Tafel für den Ein-Personen-Haushalt an. Umso mehr Familienmitglieder, desto höher darf die Spende ausfallen. Die liegt maximal bei 11,50 Euro. Die größte Familie, die nach Löbau zur Tafel kommt, hat 13 Kinder.

An diesem Nachmittag verströmen einige Dutzend Tulpensträuße ihren Duft. Manchmal geben Großhändler Blumen oder Grünpflanzen an die Tafel ab. Punkt 15 Uhr füllt sich die Ausgabestelle auf der Weißenberger Straße 13. Familien mit Kindern sind darunter, Rentner, Hartz-IV-Empfänger, Alleinstehende. Nicht jedem sieht man die Bedürftigkeit an. Ein Junge tippt auf dem Handy. Einige kommen mit dem Auto vorgefahren. Es wird eng im Raum. Mehr als 20 Personen warten geduldig. Es bleibt absolut still. Nicht jeder, der wartet, ist ohne Arbeit. So, wie der Mann mit dem Enkelkind an der Hand. Er trägt Zeitungen aus. Das Geld reicht trotzdem nicht. Er muss aufstocken mit Geld vom Amt. Die finanzielle Situation sei schwer, erzählt er. Seine Frau ist schon lange krank, wartet nun seit Monaten auf eine EU-Rente. Ein Kampf mit den Ämtern und Behörden, der an den Kräften zehrt. Zum Glück gibt es die Tafel, das helfe wirtschaften. Dankbar sei er mit seiner Familie für dieses Angebot.

Ebenso, wie die Seniorin, die nicht mehr so gut hören kann. „Meine Rente ist sehr gering“, erzählt die 68-Jährige und freut sich: Im Tafelangebot sind diesmal Litschis mit dabei. „Die nehme ich doch gerne“, sagt sie. Momentan sind die Regale gut gefüllt. Es gibt frisches Obst und Gemüse, einige Süßigkeiten, Brote und Brötchen, viele Joghurtsorten, dazu Käse, Wurst und Fisch. Die Lebensmittel haben das Mindesthaltbarkeitsdatum ein wenig überschritten, sind aber noch essbar. „Dass derzeit eine große Auswahl an Lebensmitteln da ist, liegt an der Nachweihnachtszeit und dem Jahreswechsel“, erklärt Frank Grübe. Er ist der Leiter des Oberlausitzer Tafelvereins. Er hat Standorte in Zittau, Niesky, Ebersbach, Neusalza-Spremberg und eben in Löbau. In der Stadt sind 2600 Bedürftige angemeldet. Insgesamt bei allen Ausgabestellen sind es 9300. Die Zahlen blieben im letzten Jahr gegenüber 2015 konstant. „Wir hatten am Anfang Zulauf von Asylbewerbern. Das ging jedoch wieder zurück“, so Grübe. Einerseits, weil viele Asylbewerber nicht mehr da sind. Andererseits, weil das Essensangebot für Moslems ungewohnt und die Verständigung über Inhaltsstoffe schwierig war. Mittlerweile kämen zur Tafel in Löbau und Zittau noch sieben bis acht Asylfamilien regelmäßig. Einige Neuanmeldungen gibt es nun vom zweiten Heim in Löbau auf der Bonhoeffer-Straße.

Vielleicht besteht ab diesem Jahr die Möglichkeit, über die Agentur für Arbeit beim Verein sechs Flüchtlinge einzustellen. Je zwei für Zittau und Niesky und je eine Person in Löbau und Ebersbach. Sie könnten als Mittler eingesetzt werden, wenn es Sprachprobleme gibt. „Entsprechende Anträge haben wir eingereicht“, sagt Frank Grübe. Der Verdienst sei geringer als der bei den Ein-Euro-Jobs. Auf dieser Basis unterstützt die Tafel momentan fünf Mitarbeiter und zwei Bundesfreiwilligendienstler in Löbau. Insgesamt sind es beim Verein 25 und zehn Bufdis. Dazu kommen 48 Ehrenamtliche. Zu ihnen zählt Sieglinde Krömer seit sechs Jahren. Zusammen mit anderen Frauen putzt sie Obst und Gemüse, bereitet die Waren zur Ausgabe vor. So komme man selber raus und unter Leute, zumal die Arbeit Freude bereite.

Grund zur Freude hat der Verein in diesem Jahr gleich in dreifacher Hinsicht: Einerseits sind alle Lebensmittel-Sponsoren weiterhin zur Zusammenarbeit bereit. Andererseits gibt es vermutlich im Februar ein dringend benötigtes neues Fahrzeug – finanziert durch Werbung regionaler Firmen. Und in den Startlöchern steht der erste Tafelgarten. Der soll in Zittau auf brachliegendem Land entstehen. Geplant ist dafür eine Kooperation mit dem Jobcenter und einem Bildungsträger. Auch für Löbau gab es vor einigen Jahren diese Idee. „Da war es schwer, entsprechende Flächen zu finden“, erinnert sich der Tafelchef. Fände man dafür jedoch Unterstützung und Träger für eine solche Maßnahme, könnte in Zukunft auch in Löbau ein solches Projekt Wirklichkeit werden.