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Trostlosigkeit, Frust und Müllberge

Im Wochenenddomizil am Brettmühlenteich in Zschorna hat der Abriss begonnen. Und dreiste Diebe angelockt.

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© Kristin Richter

Von Manfred Müller

Zschorna. Drei Tage nach der Schließung müsste der Zschornaer Campingplatz eigentlich komplett leer sein. Wie die SZ mehrfach berichtete, hatte die Gemeinde Thiendorf vor einigen Wochen die 190 Dauercamper schriftlich aufgefordert, ihre Stellplätze bis zum 30. April zu räumen. Die Realität sieht indes anders aus. Nur wenige der kleinen Bungalows und Hütten, die die Nutzer um ihre Campingwagen herum errichtet haben, sind vollständig abgerissen. Zwischen den Bauten liegen allerdings schon jede Menge Bretterstapel und Müllhaufen. Etwa ein Dutzend der ehemaligen Nutzer ist mit dem Abmontieren von Vorhäusern, Dächern und Zäunen beschäftigt. Ein Bild der Trostlosigkeit im einst so gemütlichen Naherholungszentrum.

Michael Lippert schraubt gerade ein paar Dachlatten auseinander und verlädt sie auf seinen Pkw-Anhänger. „Ich habe mit der Sache abgeschlossen“, sagt er. Für den Großenhainer ist schon seit anderthalb Jahren klar, dass er seinen Stellplatz aufgeben wird. Wegen eines neuen Jobs, sagt er, nicht wegen der Querelen um das Areal am Brettmühlenteich. Er habe es im vergangenen Jahr vielleicht viermal geschafft, ein Wochenende hier zu verbringen. Das Material von der Umhausung seines Campingwagens will Lippert nun in seinem neuen Wochenend-Domizil in einer Großenhainer Kleingartenanlage verbauen.

So gelassen wie Michael Lippert wird die Räumungsauflage allerdings nur von wenigen Dauercampern gesehen. Während der Großenhainer erst seit 2008 am Brettmühlenteich zugange ist, verbringen andere hier ihre Wochenenden schon seit Jahrzehnten. Einige sind von Anfang an dabei, haben sogar an der Infrastruktur mitgebaut, und sind von der Schließung nicht wenig frustriert. „Das ist eine Schande“, klagt eine betagte Dresdnerin. „Ich bin seit über 30 Jahren auf dem Platz und wollte eigentlich hier mit meinen Enkeln einen schönen Lebensabend verbringen.“ Ihren Namen will sie nicht nennen, ist aber überzeugt, dass die meisten Dauercamper ebenso empfinden. Für ihren Stellplatz-Nachbarn sind die Bürgermeister-Wechsel an der Schließung schuld. Der Campingplatz habe durch Eingemeindungen immer wieder neue Herren bekommen. „Der eine duldete die Anbauten, der andere will sie weghaben, und jetzt haben wir den Salat.“ Auch der Camperverein sei nicht ganz unschuldig an dem bitteren Ende. Der sei auf Konfrontation mit der Gemeinde gegangen, hätte aber wissen müssen, dass diese am längeren Hebel sitzt.

Zuletzt hatte der Verein die Camper aufgerufen, trotz des Räumungsbeschlusses der Kommune auf dem Platz zu bleiben. Dennoch zeigten etwa zwei Drittel bei der Gemeinde an, dass sie ihre Bauten entfernen werden. Einige, vor allem Ältere, baten um Aufschub und bekamen ihn auch. Wer seinen Stellplatz freiwillig räumt, dem wird für die Zeit des Abbaus auch wieder Strom zugeschaltet. Das verleitete allerdings einige Hardliner dazu, Verteilerkästen aufzubrechen und ihr Domizil illegal mit Elektroenergie zu versorgen.

Die Räumung am Brettmühlenteich hat inzwischen wohl auch Diebe auf den Plan gerufen. In der Nacht vom Dienstag zum Mittwoch sei ein Kleintransporter vorgefahren, dessen Besatzung versuchte, etliche Habseligkeiten der Nutzer zu entwenden, berichtet Rainer Hirsch auf Facebook. Als die Ganoven seine Anwesenheit bemerkten, hätten sie die Flucht ergriffen. Allerdings dürfte der aufmerksame Camper eigentlich gar nicht mehr auf dem Platz übernachten, denn der ist ja seit Montag offiziell geschlossen. Die Gemeinde will in dieser Frage hart reagieren. Alle Dauercamper, die die Räumung verweigern, bekommen in den nächsten Tagen Post. In dem Schreiben wird ihnen mitgeteilt, dass die Kommune eine weitere Nutzung nicht duldet und dass, wer dennoch bleibt, eine Räumungsklage bekommen wird.