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Trödeln hilft

Schüler sammeln fast ein Jahr lang alte Sachen für einen guten Zweck und werden dafür ausgezeichnet.

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© Luisenstift Radebeul

Von Lisa Albrecht

Radebeul. Einfach Geld sammeln kann jeder, dachte der Schülerrat des Radebeuler Gymnasiums Luisenstift, als nach einer Idee für die jährliche Spendenaktion gesucht wurde. Kreativ sollte es sein, und einen Verwendungszweck haben. Denn die Schüler störte, dass sie nie erfuhren, wofür genau das gesammelte Geld von den Vereinen investiert wird.

Im letzten Schuljahr einigte sich der Schülerrat um den damaligen Schulsprecher Willi Schirmer darauf, dass sie alten Trödel der Schüler sammeln und diesen dann verkaufen wollten. Der Erlös sollte für die Radebeuler Geflüchteten sein. Schirmer nahm Kontakt mit dem Verein „Buntes Radebeul e.V.“ auf. Dieser wollte zu dieser Zeit eine Nähmaschine für einen offenen Nähzirkel anschaffen. Verein und Schüler einigten sich darauf, dass mindestens diese Investition unterstützt wird.

Der Verein, der sich für Vielfalt und gegen Rassismus einsetzt, zählt etwa 60 ehrenamtliche Mitglieder. Gerade erledigen sie – nachdem jetzt weniger neue Flüchtlinge nach Radebeul und Meißen kommen – viel Detailarbeit. Denn die Integration der Asylbewerber ist ein langfristiger Prozess. Anträge für Hartz IV und Kindergeld müssen ausgefüllt, Wohnungen und Arbeitsverhältnisse gesucht werden. Wichtig ist es dem Verein, keinen Unterschied zwischen geduldeten oder anerkannten Asylanten sowie Menschen mit schlechter Bleibeperspektive zu machen.

Angebote wie das „Kochen Kunterbunt“ mit den Landesbühnen Sachsen oder der Nähzirkel richten sich deshalb grundsätzlich an alle Geflüchteten. Ebenso die Verkehrsschulung, die vom ADFC durchgeführt wird. Der Fahrradclub unterstützt auch die Fahrradwerkstatt des Vereins .

Mit viel Aufwand warben die Schüler im vergangenen Schuljahr für das „Trödelprojekt“ an ihrer Schule, organisierten einen Sammelraum, und kümmerten sich um den Verkauf auf dem Elbeflohmarkt im März. Paul-Niklas Janing, 11. Klasse und Willis Nachfolger als Schulsprecher, erzählt von einem alten Aquarium, einem gusseisernen Fleischwolf, Geschirr und vielen, vielen Büchern, die nach neun Monaten zusammengekommen waren.

Vier Meter war ihr Verkaufsstand lang, und die beiden Gymnasiasten zeigen sich noch immer überrascht vom Erfolg auf dem Flohmarkt. Sie warben damit, dass sie Trödel für den guten Zweck und für die Radebeuler Asylbewerber verkaufen. Bis zum Nachmittag des Trödeltages gingen zwei Drittel aller Waren über den Tisch und nach Abzug der Standmiete fast 500 Euro in die Kasse. Die Käufer sind nicht knauserig gewesen, haben großzügig für eigentlich gewöhnliche Waren bezahlt, berichten die beiden Jungs.

Auf Initiative einer Schülerin bewarb sich das „Trödelprojekt“ beim „Selbstverständlich Menschlich“-Preis der sächsischen Jugendstiftung. Alljährlich werden damit junge Menschen geehrt, die uneigennützig versuchen, das Zusammenleben in der Gesellschaft zu verbessern. Die Idee der Gymnasiasten wurde mit 500 Euro ausgezeichnet. Die insgesamt 1000 Euro wurden in zwei Nähmaschinen, Stoffe und Kurzwaren investiert.

Paul-Niklas denkt nicht, dass die Klassensprecher im Schülerrat dieses Jahr wieder so ein zeitaufwendiges Projekt organisieren. Denn trotz des offenen, toleranten Klimas an der Schule setzten sich nur eine Handvoll Leute aus dem Schülerrat für das Projekt ein, verwendeten ihre Freizeit für Planung, Werbung und Verkauf. Paul-Niklas will stattdessen den Fokus auf das Schulimage legen und bei Grundschülern für seine Schule werben.

Jeanette Eckel vom Vereinsvorstand berichtet, dass drei, vier afghanische Frauen regelmäßig zum Zirkel im Familienzentrum kommen und dort „wie die Göttinnen“ mit viel Freude nähen. Die wöchentlichen Nähstunden seien für die Frauen eine willkommene Abwechslung und eine Unterstützung. Das Geld des Luisenstifts, findet sie, ist so auf jeden Fall an der richtigen Stelle angekommen.