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Triumph über Mielkes Lieblingsklub

1987 besiegte das Fortschritt-Team aus Bischofswerda den DDR-Dauermeister. Jetzt gibt’s eine Neuauflage.

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© Wolfgang Schmidt

Von Wolfgang Schmidt

Der 2. Mai 1987 – ein sonniger Sonnabend – wurde ein besonderer Tag in der Geschichte des Fußballs in Bischofswerda. In einem Punktspiel der DDR-Oberliga besiegte die BSG Fortschritt Bischofswerda den Berliner Fußballclub Dynamo (BFC) mit 2:0. Damals die Sensation. Die erste Männermannschaft von Fortschritt Bischofswerda war in der Saison 1986/87 erstmals in die Oberliga, die höchste Spielklasse in Ostdeutschland, aufgestiegen. Der BFC galt als DDR-Dauermeister.

Nach 21 Spieltagen waren die Bischofswerdaer Tabellenletzter, und sie empfingen zum Punktspiel den Spitzenreiter aus Berlin. Er war einer der unbeliebtesten Klubs in der DDR, weil er in das Ministerium für Staatssicherheit integriert war, als Lieblingsklub von Stasi-Chef Erich Milke galt und mitunter von fragwürdigen Entscheidungen der Schiedsrichter bevorteilt worden sein soll. Aus der Stadt und der gesamten Region kamen die Zuschauer in das „Stadion der Jugend“, dem jetzigen Wesenitzsportpark. Etwa 10 000 Zuschauer sollen es gewesen sein. Es herrschte euphorische Stimmung in Erwartung eines großen Fußballspieles. Bereits am Bahnhof zeigte ein Bischofswerda-Anhänger ein Plakat mit der Aufschrift „Wer ist Thom? Wir kennen nur Merkel (Spieler in Bischofswerda – d. Red.)“. Ein Optimist, ein Prophet? Auf der Haupttribüne im Stadion hatten Bischofswerda-Fans eine Fahne ausgerollt, auf der zu lesen war: „ 760 Jahre Bischofswerda. 10 Jahre älter als Berlin – ha, ha.“ Anlass waren die landesweit angeheizten und überzogenen Feiern zum 750-jährigen Bestehen der DDR-Hauptstadt.

Viele Nationalspieler dabei

Der BFC Dynamo lief zum ersten Mal auf dem Bischofswerdaer Rasen auf. In deren Reihen waren Nationalspieler wie Rudwaleit, Backs, Rohde, Doll, Pastor und Thom. Die Ausgangssituation war eindeutig, ein Sieg der Berliner war gesetzt. Nur die Höhe war unsicher.

Die Bischofswerdaer wurden von Trainer Horst Rau gut auf das Spiel vorbereitet. „Es war schon eine besondere Begegnung, gegen diesen spielstarken und renommierten Klub zu agieren, und wir wollten zeigen, dass wir auch Fußball spielen können“, erinnert sich Tino Gottlöber, der damals als Aktiver dabei war. Bereits in der vierten Minute gelang ihm das 1:0. Die Bischofswerdaer spielten einen sehenswerten Angriffsfußball – kraftvoll, geradlinig und in der Abwehr räumten vor allem Karsten Petersohn und Torwart Jörg Klimpel alle Bälle der Hauptstädter weg. Nach einem von Tino Gottlöber in der 34. Minute getretenen Eckball erhöhte Karsten Petersohn zum Pausenstand auf 2:0, der auch der Endstand wurde. In der zweiten Halbzeit scheiterte für die Berliner Andreas Thom noch mit einem Pfostenschuss. Dennoch, die Sensation war perfekt. Bischofswerdas Trainer Rau wertete so: „Die beste Leistung der Mannschaft, es gab keinen Ausfall.“

Traditionsmannschaften treten gegeneinander an

Die Printmedien lobten tags darauf die Oberlausitzer. Die „Neue Fußballwoche“ kam nicht umhin zu titeln: „Unfaßbar: Meister BFC unterliegt Bischofswerda“. In deren interner Wertung der „Elf des Tages“ wurden aufgrund sehr guter Leistung sogar Klimpel, Petersohn und Gottlöber aufgenommen. Darüber hinaus wurde Wieland Wünsche lobend erwähnt. Zur Erinnerung gehören auch die Namen der 13 eingesetzten Aktiven von Fortschritt Bischofswerda: Klimpel, Bär, Kleditsch, Petersohn, Thiel, Gottlöber (ab 88. Bank), Gräulich, Beckert (ab 71. Müller), Hain, Wünsche, Merkel. Geleitet wurde die Partie von FIFA-Schiedsrichter Siegfried Kirschen.

Am Sonnabend, 10. Juni 2017, kommt es – eingebettet ins Stadtfest und in die Festlichkeiten zur 790-Jahr-Jeier von Bischofswerda –  erneut zu dieser Begegnung, diesmal zwischen den Traditionsmannschaften beider Vereine auf der Kampfbahn. „Es soll ein symbolischer Treff werden, wo das Ergebnis nebensächlich ist“, sagt Tino Gottlöber. Er wird in der Mannschaft stehen, so lange die Kondition reicht. Neben den Schiebocker Aktiven der 1986/87er-Mannschaft werden auch die aus der zweiten Bischofswerdaer Oberligazeit 1989/90 eingeladen, genauso wie Trainer und Betreuer. Das Spiel wird 15 Uhr angepfiffen. Karten für sechs Euro (inklusive Getränkegutschein fürs Stadtfest) gibt es in der Geschäftsstelle des BFV 08 am Schmöllner Weg und bei Issitec, Kamenzer Straße. Heiner Lauber wird, wie am 2. Mai 1987, wieder als Stadionsprecher fungieren.