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Trinkgläser für die Welt

Stölzle Lausitz aus Weißwasser sieht sich unter den „Top 3“ weltweit bei der maschinellen Herstellung von Trinkglas. 2019 wird gefeiert.

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© Joachim Rehle

Von Christian Köhler

Das Werk von der Stölzle Lausitz GmbH in Weißwasser ist im Vergleich zum Jahr 2010 kaum noch wiederzuerkennen. „Wir haben unsere Umbauarbeiten zu 98 Prozent abgeschlossen“, sagt Geschäftsführer Peter Felscher. Der 53-jährige Österreicher bestimmt seit Juni des vergangenen Jahres die Geschicke des letzten verbliebenen Weißwasseraner Glasherstellers gemeinsam mit Johann Nagl. Ziel des Unternehmens ist und bleibt es, hochwertiges Trinkglas für Endkonsumenten zu produzieren. „Wir sind dabei unter den Top 3 weltweit in der maschinellen Herstellung von Gläsern“, ist sich Felscher sicher. Die Spezialität der Weißwasseraner: Das Ziehen des Stieles aus dem Oberteil des Glases. Dabei bleiben sowohl die Zusammensetzung des kristallinen Glases, was die alten Bleikristallgläser ersetzt hat, als auch das eigentliche Stielziehen ein gut gehütetes Firmengeheimnis.

Seit Juni 2017 ist der Österreicher Peter Felscher Mitgeschäftsführer des Unternehmens in Weißwasser. In diesem Jahr hat Stölzle Lausitz zwei Preise für die Glaskollektion „Power“ in Sachen Design erhalten. Man wolle weiter auf Qualitätsgläser im höheren
Seit Juni 2017 ist der Österreicher Peter Felscher Mitgeschäftsführer des Unternehmens in Weißwasser. In diesem Jahr hat Stölzle Lausitz zwei Preise für die Glaskollektion „Power“ in Sachen Design erhalten. Man wolle weiter auf Qualitätsgläser im höheren © Joachim Rehle

Investitionen in den Standort

Um die Produktion der jährlich etwa 40 Millionen Gläser zu gewährleisten, beschäftigen die Österreicher derzeit nicht nur etwa 370 Mitarbeiter am Standort, sondern haben in den vergangenen fünf Jahren fast 20 Millionen Euro investiert. Das Glaswerk ist nämlich in seiner Ausdehnung enorm gewachsen. Auch von außen mutet es gefälliger an, wie Peter Felscher einräumt. „Wir bleiben für die nächsten 50 Jahre hier“, sagt er. Schon 2012 hat Stölzle damit begonnen, alte Schornsteine auf dem Werksgelände abzureißen. Ein Jahr später ist die „Alte Hütte“ an der Berliner Straße erneuert worden. Jetzt ist dort die Dekorationsabteilung eingezogen. Mit dem Kauf und dem Umbau der ehemaligen Ratio-Halle zum Fertigwarenlager 2017 ist die logistische Neu-Ordnung fast abgeschlossen. „Derzeit werden noch Pflasterarbeiten durchgeführt, Zäune gesetzt und Grünanlagen hergerichtet“, erklärt Stölzle Marketingleiter Thomas Schulz. Insgesamt sei Stölzle eine hohe Lagerkapazität wichtig. An 365 Tagen im Jahr werde schließlich im Dreischicht-System produziert, weil die Schmelzöfen nicht einfach abzustellen gehen. Deshalb sind entlang der Berliner Straße weitere Hallen emporgewachsen.

Gute Standortfaktoren

Der Standort Weißwasser sei ideal für die Glasproduktion. Neben Rohstoffen und Verpackungslieferanten in der Nähe gebe es hoch spezialisierte Facharbeiter in der Stadt. „Als unser wichtigstes Pfund sehe ich auch das Know-how unserer Mitarbeiter“, bekräftigt Peter Felscher. Viele der Mitarbeiter seien bereits in zweiter oder dritter Generation als Glasarbeiter tätig – auch wenn sich das Berufsbild des Glasmachers im Laufe der Zeit geändert habe.

Zum Unternehmen

Stölzle Lausitz gehört CAG-Holding mit Sitz in Österreich. Inhaber ist der Industrielle Cornelius Grupp. Als wesentliche Beteiligungen hält die CAG Holding neben der Neuman-Gruppe auch die Stölzle Glasgruppe.

Neben Weißwasser hat Stölzle Produktionsstandorte in Tschechien, Frankreich, England, Österreich und zwei in Polen. Es wird dort insgesamt einen Umsatz von 300 Millionen Euro.

2019 wird in Weißwasser gefeiert: 130 Jahre Glasproduktionsstandort. Stölzle Lausitz beteiligt sich daran.

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„Es wäre sinnvoll, den Standort zu stärken, wenn es eine höhere Ausbildungsmöglichkeit gäbe“, sagt Felscher mit Blick auf künftig fehlende Fachkräfte. Schon jetzt könnte das Unternehmen fünf bis sechs Maschinenführer oder Glasmacher sofort einstellen.

In den kommenden Jahren werde sich die Lage jedoch noch verschärfen: Gelernte und bereits beschäftigte Facharbeiter werden älter und stünden eines Tages dem Betrieb nicht mehr zur Verfügung. Die ehemalige Glasfachschule in Weißwasser allerdings steht leer. Auf die Frage, ob sich Stölzle ein Engagement dort vorstellen könne, hält sich Felscher zurück: „Wir werden dazu sicher noch mit der Stadtverwaltung ins Gespräch kommen.“ Bislang habe die Stadt nicht mit ihm über das Objekt gesprochen. Zunächst sei dem Geschäftsführer der Kontakt zu Schulen vor Ort wichtiger, um neue Lehrlinge zu gewinnen.

Weltweiter Preisdruck

An die Beschäftigten werden in den nächsten Jahren allerdings noch höhere Anforderungen gestellt. Schließlich mache die Digitalisierung auch keinen Bogen um Weißwasser. „Wir stehen im internationalen Wettbewerb und müssen mit den Marktpreisen mithalten“, deutet der Österreicher an. Stetig steigende Kosten für Energie und Steuern seien laut Geschäftsführer nicht einfach durch eine Mehrproduktion an Gläsern zu kompensieren. Der eingesetzte Maschinenpark von Stölzle in Weißwasser – in den das Unternehmen allein dieses Jahr rund vier Millionen Euro investiert – lasse eine Mehrproduktion nicht zu. Dass also 40 Mitarbeiter, die derzeit allein im Logistikbereich in dem Glaswerk beschäftigt sind, noch mit Gabelstaplern unterwegs sein werden, könne so nicht bleiben. „Wir müssen effektiver werden und setzen auf Automatisierung“, erklärt Peter Felscher. Selbst fahrende Stapler beispielsweise senkten die Kosten. Auch in Sachen Vermarktung will das Unternehmen weiter investieren. Marketingleiter Thomas Schulz etwa ist neu bei Stölzle, soll den Glasproduzenten in der Lausitz und darüber hinaus noch bekannter machen. Bereits im April soll es einen neuen Online-Shop geben, in dem sich Interessenten individuelle Trinkgläser und vieles mehr bestellen könnten. Auf 20 nationalen und internationalen Messen jährlich ist Stölzle präsent, liefert das Weißwasseraner Glas in die ganze Welt. „70 Prozent unserer Trinkgläser gehen in Länder außerhalb der EU“, sagt Schulz. Erst vor Kurzem seien die Weißwasseraner im Iran gewesen, suchten dort einen Vertriebspartner für ihre Produkte. „Wir fühlen uns insofern auch ein bisschen als Botschafter der Stadt und der Lausitz“, so Peter Felscher.

Trotz der guten wirtschaftlichen Lage, Probleme sieht Peter Felscher trotzdem. „Die Regulierungswut ist atemberaubend“, sagt er. Immer mehr Kennzeichnungen müssten auf Trinkgläser. So will es die EU. Auch das Eichamt stellt Stölzle vor Herausforderungen: „Mehrere unserer Gläser sind aufgrund der Vorschriften nicht mehr eichbar“, so der Geschäftsführer. Weil Weingläser größer und auch runder sind, lassen sie eine Eichung im unteren Bereich nicht zu. „Aus meiner Sicht gibt es Wichtigeres, womit sich die EU beschäftigen sollte“, sagt der Österreicher.