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Treffpunkt Laubengang

Am Dewog-Haus sind die Flure mehr als der Zugang zur Wohnung. Für Jung und Alt machen sie den Kontakt leichter.

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© Jens Trenkler

Von Sabine Ohlenbusch

Niesky. Das Dewog-Haus ist etwas Besonderes. „Es ist das einzige Gebäude in Niesky mit Laubengängen“, erzählt Wilhelm Fischer, Geschäftsführer der Wohnungsbaugenossenschaft GWG. Ihm liegt viel daran, das Einzigartige dieses Hauses zu erhalten, das an der Königshainer Straße und der Käthe-Kollwitz-Straße liegt. Über die vergangenen Jahre hat sich der Flügel des Gebäudes an der Käthe-Kollwitz-Straße nach und nach geleert. Jetzt liegt auch die Baugenehmigung vor und das größte Umbauprojekt der GWG seit Langem kann beginnen. Auf der Käthe-Kollwitz-Straße ist schon ein Gerüst zu sehen.

Das Dewog-Haus mit den charakteristischen Laubengängen an der Rückseite ist 1930 erbaut worden. Die durchgehenden Korridore vor den Wohnungstüren in der Käthe-Kollwitz-Straße 4 sind breit genug, dass die Nachbarn zu ihren Wohnungen gelangen und sie dennoch wie Balkone mit kleinen Sitzgruppen nutzen können. Gerade für den Bau barrierefreier Wohnungen liegt diese Art offener Flure voll im Trend: Bundesweit wird so den Bewohnern der Zugang zur Wohnung erleichtert – auch in renovierten Plattenbauten, wie in Halle an der Saale. Eine Studie des Lehrstuhls für Wohnungsbau und Wohnungswirtschaft der TU München sieht die Laubengänge als „lebendige Straßen“, nicht als Gang, sondern als Lebens- und Aufenthaltsraum. Dieser Punkt ist auch Wilhelm Fischer besonders wichtig. „Es fördert die Kommunikation unter Nachbarn, wenn sie sich nicht nur in ungemütlichen Treppenhäusern über den Weg laufen“, sagt er. In der Lausitz haben die Laubengänge außerdem eine lange Tradition bei den Umgebindehäusern.

So werden die beiden Hausnummern, die Käthe-Kollwitz- Straße 2 und 4, unterschiedlich ausgebaut. Aus 31 sehr kleinen Wohneinheiten werden hier 26 größere. Wilhelm Fischer betont, dass das Haus aber auch mit winzigen Bädern bereits damals modern gewesen ist: „Es hat sogar schmale Duschen mit einer Mulde im Fußboden gegeben.“ Ein reichliches Jahr soll der Ausbau dauern. Die Nummer 2 ist schon entkernt. Hier entstehen acht Zweiraumwohnungen mit Balkon von 65 bis 70 Quadratmetern Fläche und ein Fahrstuhl im Treppenhaus, mit dem die Geschosse ohne Treppe zu erreichen sind. In der Nummer 4 sind dann die Laubengänge die einzigen Zugänge zu den Wohnungen. Hier soll der Fahrstuhl mit Außentreppe dann im Innenhof stehen und sich ebenfalls ohne Stufe auf die Laubengänge öffnen, erklärt Bauleiter Werner Adler. Deshalb bekommt das Hochparterre hier auch noch einen Laubengang.

In diesem Haus gibt es Wohnungen mit einem, zwei oder drei Zimmern mit bis zu 78 Quadratmetern. „Auch wenn das Haus durchgängig barrierefrei ist, soll es nicht nur für Senioren offen sein“, kommentiert Wilhelm Fischer. Gerade kleine Familien könnten auch von einem Stellplatz für den Kinderwagen direkt vor der Wohnungstür profitieren. Da diese großen Wohnungen jeweils am Ende der Laubengänge liegen, muss hier auch niemand mehr durchkommen. Für die Hausnummern ohne Laubengang montiert die GWG im Spätherbst Balkone. Auch die Bewohner Königshainer Straße 9 bekommen Balkone. Dieser Teil des Hauses ist vor rund 15 Jahren renoviert worden und hat seitdem einen neuen Anstrich, den Autofahrer auch von der Görlitzer Straße aus sehen können. Ein weiteres wichtiges Detail wird sein, dass die Aufzüge bis in den Keller fahren. Hier können Fahrräder oder elektrische Rollstühle mit nach unten befördert werden – und im Unterstand sogar ihre Batterie aufladen. Zusätzlich wird es Platz für die Waschmaschinen der Mieter und ein eigenes Kellerabteil für jede Wohnung geben.

Spezielle Angebote mit einem Pflegedienst oder Aufenthaltsräume für deren Personal sind nicht vorgesehen. Senioren können ihren gewohnten Dienstleister mitbringen. In der späteren Bauphase will die GWG auch auf Mieterwünsche kann in gewissem Maße eingehen. Zusagen für die Vermietung kann sie aber noch nicht machen. „Wir führen erst einmal eine Liste für Interessenten“, sagt Wilhelm Fischer.

Übrigens: Es heißt nicht Dewag, sondern Dewog. Denn in Niesky kursieren beide Bezeichnungen für das Gebäude. Doch das ist ein großer Unterschied. Während sich hinter dem Kürzel Dewag zu DDR-Zeiten die Deutsche Werbe- und Anzeigengesellschaft verbirgt, ist die Dewog schon viel früher die Deutsche Wohnungsfürsorge für Beamte, Angestellte und Arbeiter. Und diese denkt schon 1930 sozial, wie die Laubengänge beweisen.