Merken

Traumjob als Erzieherin

Izabela Wojtun kommt aus Polen zur Arbeit in einer Rothenburger Kita. Geholfen hat ihr die Reichenbacher Servicestelle.

Teilen
Folgen
© R. Ullmann

Von Anja Gail

Rothenburg. Spielerisch lässt sich Polnisch schon von den Jüngsten im Kindergarten leicht lernen. Izabela Wojtun, die seit anderthalb Jahren in der Rothenburger Kita „Sonnenhügel“ arbeitet, freut sich über die Fortschritte. Die polnische Erzieherin führt vor allem die Vorschulkinder an ihre Muttersprache heran. Die Kinder beherrschen dadurch Redewendungen für den Alltag, können sich vorstellen und typische polnische Kinderlieder singen. Von der Rothenburger Grundschule, die Polnisch ab Klasse 1 anbietet, hat die Kita bereits positive Rückmeldungen dazu erhalten.

Die 40-jährige Polin weiß selbst, wie wichtig es ist, sich in der Sprache seiner Nachbarn verständigen zu können. Deutsch hat sie sich zu Hause beigebracht, deutsche Radio- und Fernsehsender eingeschaltet, mithilfe des Internets geübt. Bei ihrem Pädagogik- und Germanistikstudium in Breslau sei das Anwenden der Sprache viel zu kurz gekommen.

Dass sie seit Frühjahr 2016 in einem deutschen Kindergarten arbeitet, verdanke sie dem Team um Manuela Egea in der Servicestelle für ausländische Fachkräfte im Landkreis Görlitz mit Sitz in Reichenbach. Denn, trotz ihres Studienabschlusses als Pädagogin und ihrer guten Sprachkenntnisse sei es nicht ohne Weiteres möglich gewesen, in Deutschland als Erzieherin zu arbeiten. Die Familie, zu der auch eine Tochter gehört, wohnt in einem kleinen polnischen Dorf, etwa 50 Kilometer von Rothenburg entfernt. Während des Studiums habe sie ein Praktikum in der Kleinstadt absolviert. „Dort fühlte ich mich in der tollen Kita sofort sehr wohl und bemerkte, dass ich künftig lieber mit Kindern im Kita-Alter arbeiten möchte und nicht an einer Schule.“ Außerdem habe ihr die Einrichtung signalisiert, dass sie dort als Erzieherin sehr willkommen sei. „Anfangs wusste ich aber nicht, dass ich dafür meine pädagogische Ausbildung in Polen nicht so eins zu eins nutzen kann und als Erzieherin in einer deutschen Kita arbeiten darf.“

Genau an diesem und ähnlichen Punkten springt die Servicestelle für ausländische Fachkräfte im Landkreis Görlitz ein und sucht nach Möglichkeiten. Die Servicestelle gibt es seit September 2014. Neben der Stadt Reichenbach sind der Landkreis und das sächsische Innenministerium beteiligt. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels sollte ein Anlaufpunkt für ausländische Arbeitsuchende, für deutsche Unternehmen und Behörden entstehen, um vakante Stellen zu besetzen. Die Servicestelle ist dabei einer von vielen kleinen Bausteinen, die dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Vor allem in der Gesundheitsbranche, im Bildungswesen und in der Altenpflege, aber auch in technischen Berufen wird händeringend nach gut ausgebildetem Personal gesucht.

„Aufgrund der besonderen Lage im Dreiländereck war es von Beginn an ein wichtiges Anliegen, auch die Mehrsprachigkeit zu fördern“, sagt Manuela Egea. „Gleichzeitig werden Lehrer und Erzieher gesucht. Daher lag es nahe, Möglichkeiten für tschechische und polnische Pädagogen in Deutschland zu finden.“

Ein weiteres wichtiges Arbeitsfeld der Servicestelle ist das Gesundheitswesen. Hier konnten bereits mehrere Ärzte mit ausländischem Abschluss bis zum Start ins Berufsleben begleitet werden, ebenso Krankenpfleger. Unter anderem stammten diese aus Polen, Tschechien, der Ukraine, Chile, der Slowakei, Türkei und aus Ecuador. Die Servicestelle steht den Medizinern so lange zur Seite, bis sie ihre staatliche Zulassung in Deutschland erhalten. „Der Weg bis zur Approbation ist je nach Herkunftsland und Universität oft sehr langwierig“, erklärt Frau Egea. Die Servicestelle überbrücke die oftmals langen Wartezeiten bis zur Prüfung auch mit Hospitationen in Krankenhäusern oder bei Ärzten. Hierbei arbeitet sie seit April eng mit dem Ärzte-Netz Ostsachsen zusammen. „Ich war froh, dass mir endlich jemand sagen konnte, welche Weiterbildung ich für eine Anstellung als Erzieherin in Deutschland benötige“, sagt Izabela Wojtun. Dafür hat die Servicestelle nach langem Suchen einen entsprechenden Bildungsträger gefunden. Ein Jahr lang werden dort Fachkräfte, so wie Frau Wojtun, berufsbegleitend fit gemacht. Sie können zeitgleich bereits in einem Kindergarten angestellt werden.

So hat sich die Servicestelle seit 2014 zu einem zentralen Ansprechpartner für die Arbeitsmarktintegration im Landkreis Görlitz entwickelt, Kontakte aufgebaut und eine Vorreiterrolle eingenommen. Denn, bis vor zwei Jahren gab es einen solchen Anlaufpunkt weit und breit nur im Landkreis Görlitz. Inzwischen konnte mit den Erfahrungen aus Reichenbach anderen Landkreisen geholfen werden. Auch für Unternehmen ist das kleine Team eine Schnittstelle geworden. So kann bei vielen praktischen Fragen unterstützt werden, zur Krankenversicherung oder steuerrechtlichen Folgen, zum Beispiel, wenn Fachkräfte aus Polen und Tschechien hier arbeiten und in ihren Heimatländern wohnen bleiben. Außerdem unterstützt die Servicestelle auch in allen Fragen „neben dem Beruf“, also auf der Suche nach Kita- oder Schulplatz, Wohnraum und Behördengängen.

Frau Wojtun fährt die Strecke zwischen Rothenburg und ihrem Heimatort im Moment noch täglich. Doch die Familie hat vor, nach Deutschland zu ziehen. Ihr Mann, der in der medizintechnischen Branche ausgebildet ist, bereitet sich gerade auf eine Anstellung vor. Er muss noch die nötigen Sprachhürden überwinden.

Die Sprachkenntnisse sind das A und O. Für das geforderte Niveau kann die Servicestelle bei der Suche nach Kursen helfen. So ist beim Aufbau der Servicestelle in Reichenbach auch ein gefragter Sprachendienst entstanden. Über das Netz aus Übersetzern und Dolmetschern werden so gut wie alle Fremdsprachen abgedeckt. Das wird inzwischen gern auch von Schulen, Behörden, Polizei und Zoll genutzt.

Unter den Interessenten, die sich an das Reichenbacher Team wenden, sind immer wieder „polnische Rückkehrer“. Sie haben lange in den Altbundesländern gearbeitet und wollen wieder näher an ihrer Heimat arbeiten. Da helfen bei fehlenden Nachweisen oft Praktika weiter, die die Servicestelle vermittelt. Daraus sind bereits mehrere Ausbildungs- und Arbeitsplätze entstanden.

Kontakt: Servicestelle für ausländische Fachkräfte in Reichenbach, Tel.: 035828 889716, E-Mail: [email protected]