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Tragödie im Neubaugebiet

In einem Wohnhaus in Dippoldiswalde bricht Feuer aus. Es muss evakuiert werden. Die Polizei hat einen Verdacht.

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© Egbert Kamprath

Von Mandy Schaks

Dippoldiswalde. Das Osterfest begann für die Mieter der Käthe-Kollwitz-Straße 9 in Dippoldiswalde mit einem gehörigen Schreck. Manche bekamen am Karfreitagabend erst mit, dass ihr Wohnhaus brennt, als sie herausgeklingelt wurden. „Wir haben nichts gerochen“, berichtet eine Frau und wundert sich selbst, denn „nicht mal die Tiere sind unruhig geworden“.

Die Dippser Feuerwehr war mit rund 50 Kameraden und modernster Technik im Einsatz. Mit dem Hubsteiger arbeiteten sie sich zu der brennenden Wohnung vor.
Die Dippser Feuerwehr war mit rund 50 Kameraden und modernster Technik im Einsatz. Mit dem Hubsteiger arbeiteten sie sich zu der brennenden Wohnung vor. © Egbert Kamprath
Während des Feuerwehreinsatzes verletzten sich auch zwei Kameraden leicht und mussten medizinisch behandelt werden.
Während des Feuerwehreinsatzes verletzten sich auch zwei Kameraden leicht und mussten medizinisch behandelt werden. © Egbert Kamprath
Die Bewohner kamen erst einmal im Hotel Am Heidepark unter, im Foto Uwe Klare mit Hündin Sissy. Sie hatten nur das mit, was sie schnell greifen konnten.
Die Bewohner kamen erst einmal im Hotel Am Heidepark unter, im Foto Uwe Klare mit Hündin Sissy. Sie hatten nur das mit, was sie schnell greifen konnten. © Egbert Kamprath

Umso fassungsloser waren sie, welches Bild sich ihnen vor der Haustür bot: Dicker, gelblich-grauer Qualm quoll aus der Wohnung im zweiten Stock. Dazwischen schossen Flammen wie Blitze aus dem großen Fenster, das offenbar zur Wohnstube gehört. Aber auch aus einem weiteren Fenster, an der anderen Gebäudeseite – der Wohnblock ist ein Eckhaus – stiegen dicke Rauchwolken auf. Im Nu breitete sich Brandgeruch im Neubaugebiet an der Rabenauer Straße aus. Kurz vor halb neun ging der Notruf bei der Feuerwehr ein.

Die Dippser Kameraden rückten sofort mit einem Großaufgebot an. Denn ein Wohnungsbrand, vor allem in einem so engen Baugebiet, ist immer eine heikle Angelegenheit. Die Bewohner sind da schon leidgeprüft.

Erinnert sei nur an den Großbrand im April 2009 auf der Maxim-Gorki-Straße, bei dem der Dachboden im Wohnblock 1 bis 7 niederbrannte und das Feuer Schäden an etlichen Wohnungen verursachte. Oder 2016, ebenfalls im April, als es in der benachbarten Seniorenwohnanlage brannte und dabei vier Wohnungen in Mitleidenschaft gezogen wurden. Durch diese Erfahrungen sind Anwohner hier besonders sensibel, wenn sie die vielen Martinshörner hören und die blauen, zuckenden Blitze der Rundumleuchten in der Nacht sehen. So waren etliche Dippser an die Unglücksstelle geeilt, auch um eventuell schnell noch helfen zu können. Doch die Feuerwehrleute – etwa 50 waren aus den Wehren Dippoldiswalde, Seifersdorf, Paulsdorf, Obercarsdorf und Reichstädt angerückt – waren schnell Herr der Lage und organisierten professionell Hilfe.

„Als wir eintrafen, stand die Wohnung im Vollbrand“, sagt Stadtwehrleiter Michael Ebert. Die Kameraden brachten die Mieter des Hauses erst einmal in Sicherheit und versuchten, sich zum Brandherd vorzuarbeiten. Denn es war auch nicht ganz sicher, ob sich in den brennenden Räumen noch jemand befindet. Doch über die Eingangstür war offenbar kein Durchkommen zur Wohnung. Sie schien irgendwie zu klemmen. Aber die Dippser Wehr ist technisch auch für solch komplizierten Fälle sehr gut gerüstet. Mit dem Hubsteiger erreichten die Kameraden von außen den Balkon und fanden dort eine Person. „Sie hat sich auf den Balkon geschleppt“, berichtet Feuerwehrchef Ebert und konnte so gerettet werden. Wie die Polizei informiert, handelt es sich um den 27-jährigen Mieter, der verletzt in ein Krankenhaus eingeliefert werden musste. Bei der Bekämpfung des Brandes verletzten sich zudem zwei Feuerwehrleute leicht.

Nach Angaben der Polizei mussten insgesamt 14 Personen aus dem brennenden Mietshaus geholt werden. Sie machten sich inzwischen Sorgen, dass ihre Wohnungen aufgebrochen worden sein könnten, um die Flammen zu bekämpfen. Doch die Rettungskräfte konnten sie beruhigen. Das war zum Glück nicht nötig. Die Mieter hatten ganz in der Nähe im Hotel Am Heidepark Unterkunft gefunden, wurden dort vom DRK betreut, mit warmen Getränken versorgt und auch seelsorgerisch unterstützt. Oberbürgermeister Jens Peter (parteilos) war sofort vor Ort und stand den Betroffenen bei.

Etwa zwei Stunden später war der Einsatz erst einmal beendet, und die Mieter konnten in Begleitung der Feuerwehr kurz in ihre Wohnung, um das Nötigste zu holen. „Bring’ bitte die Tüte mit meinen Medikamenten mit“, rief Uwe Klare seiner Partnerin zu. „Ich bin heute früh aus dem Krankenhaus raus“, erzählt er der Sächsischen Zeitung. Mit Schlappen und Krücken hatte er nach dem Feueralarm die Wohnung schnell verlassen müssen und saß nun mit anderen Gestrandeten im Hotel Am Heidepark, das Bein zur Entlastung hochgelegt, Hündin Sissy auf dem Schoß. Das Hotel stellte unkompliziert für die Nacht Zimmer zur Verfügung. „Das machen wir doch gern“, sagte ein Mitarbeiter.

Die Polizei nahm die Ermittlungen zur Brandursache auf. Die Wohnung, in der das Feuer ausbrach, sei aufgrund der massiven Schäden unbewohnbar, teilt ein Sprecher am Ostermontag mit. Tiefschwarze Spuren an der Fassade künden von der Wucht der Flammen.

Im Rahmen der Ermittlungen stellten die Beamten fest, dass der Mieter, deutscher Staatsbürger, im Verdacht stehe, seine eigene Wohnung angezündet zu haben. Motiv: Wut über seine Lebenssituation. Wie Anwohner schon in der Brandnacht berichteten, war ihnen der junge Mann – gelinde gesagt – nicht geheuer. Er wurde als aggressiv und unberechenbar beschrieben. Die Polizei führt nun zusammen mit der Staatsanwaltschaft Dresden umfangreiche Ermittlungen durch.