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Textilgeschäft schließt

Monika Kieschnik hat 23 Jahre in Wilthen Damenmode verkauft. Jetzt geht sie in Rente. Das ist aber nicht der einzige Grund aufzuhören.

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© René Plaul

Von Katja Schäfer

Total-Räumungsverkauf wegen Geschäftsaufgabe. Das knallrote Schild klebt mitten auf der großen Scheibe. Dahinter stehen zwei Schaufensterpuppen in kräftig gemusterten Kleidern. Sie blicken gelassen drein, obwohl im Textilladen an der Bahnhofstraße in Wilthen dieser Tage so ein reger Betrieb herrscht wie schon lange, lange nicht mehr.

Zwei ältere Frauen durchforsten den Ständer mit den Hosen. Eine frisch frisierte Dame hält prüfend einen Rock an. Eine Rentnerin steht mit mehreren Blusen in der Hand vor der Umkleidekabine. Die ist gerade besetzt und Warten angesagt. Denn viele Frauen wollen die Chance nutzen, dass Geschäftsinhaberin Monika Kieschnik seit Anfang dieser Woche die Preise für die Waren in ihrem Damenmodegeschäft stark reduziert hat. „Ich gehe in Rente“, begründet die Händlerin den Ausverkauf.

Schon immer für Mode interessiert

Damit schließt ein traditionsreiches Geschäft. Schon zu DDR-Zeiten gab es im Gebäude in der Nähe vom „Haus Bergland“ Textilwaren; damals unter Regie der Handelskette Konsum. Nach der Wende schloss der Laden. Monika Kieschnik arbeitete damals noch als technische Zeichnerin. 25 Jahre übte sie diesen Beruf aus, erst im Landmaschinenkombinat Fortschritt, dann im Wilthener Kunststoffwerk. „1991, ’92 hieß es bei uns im Betrieb, man wisse nicht, wie es weitergeht und wer eine andere Arbeit finde, solle zugreifen“, erinnert sich die Wilthenerin. Zeitgleich suchte ihre Schwiegermutter für den Laden im familieneigenen Haus an der Bahnhofstraße eine Nachnutzung. Sie fragte Monika Kiechnik wiederholt, ob sie nicht ein Geschäft aufmachen wolle. „Für Mode habe ich mich schon immer interessiert und auch selbst Sachen genäht, und so habe ich mich schließlich dafür entschieden. Aber ich hatte auch Angst, dass es nicht gut läuft“, erzählt die heute 65-Jährige und bringt ihre Dankbarkeit darüber zum Ausdruck, dass ihr Mann sie immer gut unterstützt hat.

An den Tag der Eröffnung im Oktober 1992 erinnert sie sich noch genau: „Da standen die Leute vorm Laden Schlange. Wir haben sie immer schubweise reingelassen.“ Einige Jahre lang gab es in ihrem Textilladen neben Damenoberbekleidung auch Kindersachen, Unterwäsche und Gardinen. „Das wurde anfangs alles sehr gut angenommen. Es gab ja einen großen Nachholbedarf“, berichtet die Händlerin. Weil mehr Platz gebraucht wurde, baute sie mit Hilfe ihres Mannes 1997 den Laden um. Wo zuvor das Büro war, entstand zusätzliche Verkaufsfläche.

Modern und von guter Qualität

Die Hosen und Röcke, Kleider und Jacken, Blusen und Pullover für „die Dame im besten Alter“, wie Monika Kieschnik umschreibt, orderte die Händlerin immer auf der Leipziger Modemesse. Zweimal im Jahr fuhr sie hin, kaufte im Frühjahr die Sachen für Herbst und Winter, im Herbst die Frühlings- und Sommerware. Dabei achtete sie auf gute Qualität ebenso wie auf modische Aspekte. „Ich wollte meinen Kundinnen immer was Besseres, was Besonderes bieten“, sagt die Unternehmerin. Nicht nur aus Wilthen kamen Frauen zu ihr einkaufen, sondern aus dem ganzen Oberland und sogar aus Bautzen. „Ich habe auch viel Werbung in der Zeitung gemacht und das Schaufenster sehr oft umdekoriert“, nennt Monika Kieschnik zwei Aspekte, die sie als Gründe für den jahrelangen guten Zuspruch sieht. Ein weiterer ist ganz sicher ihre Art als Verkäuferin. Sie schwatzt niemandem was auf, sondern berät leise, zurückhaltend und unaufdringlich. Doch nach der Einführung des Euro nahm der Umsatz in ihrem Geschäft immer weiter ab. „Ich lernte schlechte Zeiten kennen. So manches Mal mussten Reduzierungen helfen, überhaupt was zu verkaufen. Es war ein ständiges Auf und Ab. Schließlich habe ich mir gesagt: Bis zur Rente halte ich aber noch durch“, erzählt Monika Kieschnik. Wie sie berichtet, bestellen die Leute ihre Bekleidung zunehmend im Internet oder fahren zum Einkaufen in größere Städte.

Nach 23 Jahren gibt sie nun ihren Laden auf, um zeitgleich mit ihrem Mann in Rente zu gehen. Einen festen Termin für den letzten Verkaufstag hat sie sich nicht gesetzt. „Ich öffne noch so lange, bis so gut wie keine Ware mehr da ist. Was übrig bleibt, wird dann gespendet“, sagt Monika Kieschnik. Sorge, dass ihr die Kontakte zu den Kundinnen und die Gespräche mit ihnen fehlen werden, hat sie nicht. Mit den Frauen, mit denen über all die Jahre vertraute Beziehungen entstanden sind, will sie künftig immer mal telefonieren. „Ich gehe mit einem guten Gefühl in den Ruhestand“, sagt sie. Der Laden an der Bahnhofstraße steht dann leer. Nachmieter sind Kieschniks willkommen.

Öffnungszeiten: Montag bis Freitag von 9 bis 13 Uhr und von 14 bis 18 Uhr, Sonnabend von 9 bis 12 Uhr