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Traditionsbahner bald ohne Räume

Dem Verein im Güterboden in Radebeul-Ost wurde gekündigt. Offenbar hätte das und einiges andere nicht sein müssen.

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© Norbert Millauer

Von Peter Redlich

Radebeul. Der Brief vom 23. Juni 2017 rüttelte die Radebeuler Traditionsbahnern durch wie eine Notbremsung im Zug. Sie erhielten die Kündigung für ihre Räume im Historischen Güterboden. Zum Ende des Jahres soll die Geschäftsstelle raus.

Da waren sich noch viele einig, Stiftungsmitglieder und Traditionsbahner: beim Spatenstich für das Anschlussgleis der Schmalspurbahn.
Da waren sich noch viele einig, Stiftungsmitglieder und Traditionsbahner: beim Spatenstich für das Anschlussgleis der Schmalspurbahn. © Klaus-Dieter Brühl

Abgeschickt ist das Schreiben von der Firma M + E Consult. Das Unternehmen ist eine Service- und Beratungsgesellschaft, die vorrangig für die mittelständische Metall- und Elektroindustrie tätig ist. Dieser Firma, einer Tochter der Johann-Andreas-Schubert-Stiftung (Schubert war ein Professor an der TU, der sich für die Wirtschaft Sachsens engagierte), gehört das gesamte Gelände des Güterbodens.

Zugleich agiert auf dem Areal die Stiftung Sächsischer Schmalspurbahnen. Ziel der Stiftung ist es, nicht nur das Kulturgut der Schmalspurbahnen zu erhalten, sondern in Radebeul dafür einen geeigneten Unterstand für die historischen Wagen und Loks zu schaffen und diese Besuchern zu präsentieren.

Andreas Winkler ist der ehrenamtliche Vorsitzende der Stiftung. Zugleich ist der Radebeuler Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Sächsischen Wirtschaft, dem mit 200 000 Firmen wohl mächtigsten Verband im Freistaat. M + E Consult ist Mitglied im Verband. Winkler sammelt Spendengeld für die neue Halle für die Schmalspurbahnzüge. Mit Herzblut kümmert er sich darum. Umso verwunderlicher jetzt die Kündigung für die Traditionsbahner. Sind doch die rund 100 Mitglieder genau jene, die hier das Fähnchen der berühmten alten Reichsbahn-Waggons und Eisenbahnen der Schmalspurbahn hochhalten. Historische Bahnfahrten zu Ostern, zum Karl-May-Fest, zu Nikolaus gehören fest zum Programm, welches die Traditionsbahner gemeinsam mit der Sächsischen Dampfeisenbahngesellschaft (SDG) – dem Betreiber der Lößnitzgrundbahn – veranstalten.

Von SDG-Chef Roland Richter heißt es dazu, dass zum Traditionsbahnverein ein sehr guter Kontakt bestehe und dessen Arbeit sehr geschätzt werde. Richter: „Wenn der Verein wirklich aus dem Güterboden raus muss, dann versuchen wir, mit unseren Möglichkeiten zu helfen.“

Die Nachricht von der Kündigung ist auch bis in die Oberbürgermeister-Etage vom Rathaus gedrungen und ruft dort Verwunderung hervor. OB Bert Wendsche (parteilos): „Ich kann mir derzeit noch nicht erklären, warum dem Verein gekündigt wurde. Auch habe ich Dr. Winkler, der mir das erklären könnte, noch nicht erreicht.“ Winkler sei ja auch Radebeuler und kenne den Verein bestens. Umso mehr verwundere ihn die Kündigung, sagt Wendsche. Lutz-Uwe Treichel, Mitglied des Traditionsbahnvereins, schreibt an die SZ: „Diese Kündigung erfolgt ohne Angabe von Gründen und ist für mich als Mitglied des Vereins nicht nachvollziehbar. Was bezweckt die M + E Consult mit dieser Kündigung? Der Verein muss sich nun neue Geschäftsräume suchen – Dinge, die nicht sein müssten.“

Offenbar ist es wirklich so, dass einiges nicht hätte sein müssen. Andreas Winkler schildert die Situation aus Stiftungssicht. Angefangen hat es mit der von der Stiftung und dem Traditionsbahnverein gegründeten gemeinsamen Museums gGmbH. Weil zu wenige Besucher und Einmieter in den Güterboden kamen, befindet sich die gGmbH in Liquidation. „Wir hätten gerne mit dem Traditionsbahnverein weiter zusammengearbeitet, eben nicht als gGmbH“, sagt Winkler. Doch der Verein habe dem eine Absage erteilt.

Über das Tagungszentrum der Sächsischen Wirtschaft, welches M + E Consult neben dem Güterboden errichtet hat, hätten sich einige Vereinsmitglieder wiederholt abfällig geäußert – etwa, hier würden private Feiern abgehalten. Den i-Punkt auf den Ärger hat offensichtlich ein Schreiben des Traditionsbahnvereins vom 7. Mai dieses Jahres gesetzt. Dort teilt der Verein mit, dass er sich von dem Vorhaben des Anschlussbahnprojekts zurückzieht.

Winkler: „Genau das Vorhaben mit dem Anschlussgleis und der Hallenbau für das Unterstellen der Waggons und Loks ist derzeit unser wichtigstes. Dahinein sind bereits 180 000 Euro aus privaten Spenden geflossen.“ Jetzt habe die Stiftung keine lizenzierten Fachleute mehr, die vom Verein kommen sollten, welche die Wagen und Loks bewegen dürfen. Und das, obwohl man dem Verein angeboten habe, seinen historischen Zug in der geplanten Halle, neben den Wagen vom Verkehrsmuseum Dresden und der SDG, unterzustellen.

Winkler sagt zudem, dass die neu gebaute Tagungsstätte von M + E Consult mehr Bedarf an Raum habe und noch wirtschaftlicher werden müsse. Dafür würde der Büroraum im Güterboden gebraucht. Vom Verein gestreute Gerüchte, wonach Winklers Tochter für das Betreiben des Güterbodens eine führende Rolle einnehmen solle, seien eine Lüge, so Winkler.

Der geschäftsführende Vorsitzende des Traditionsbahnvereins, Rainer Fischer, sagt, dass der Verein reichlich 100 Quadratmeter bräuchte. Man sei auf der Suche, aber es sollte schon in der Nähe der Schmalspurbahn und preislich machbar sein. Radeburg sei eine Option, aber eigentlich zu weit weg.