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Tradition im XXL-Format

Ein halbes Jahr hat es gedauert, bis die Pyramide fertig war. Mit ihrer Höhe steht sie im Guinessbuch der Rekorde.

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© Christian Juppe

Von Sarah Grundmann

Dieter Uhlmann ist zwar nicht klein. 1,90 Meter misst der Geschäftsführer vom Verband der Erzgebirgischen Kunsthandwerker und Spielzeughersteller. Trotzdem wirkt er neben der Striezelmarkt-Pyramide wie ein Zwerg. Denn mit 14,62 Metern ist sie die größte erzgebirgische Holzpyramide der Welt und steht sogar im Guinessbuch der Rekorde. Am Sonnabendnachmittag stand das Bauwerk beim traditionellen Pyramidenfest auf dem Striezelmarkt im Mittelpunkt. Dabei erklärte Uhlmann auch, wie es zum Bau des Rekordhalters kam.

Die Pyramide ist über 14 Meter hoch und hat sechs Etagen.
Die Pyramide ist über 14 Meter hoch und hat sechs Etagen. © Christian Juppe

Vor 18 Jahren hatten einige Händler des Striezelmarktes die Idee, eine riesige Pyramide zu fertigen. Dann musste alles ganz schnell gehen: Gerade einmal sechs Monate waren es noch bis zur Eröffnung des traditionellen Weihnachtsmarktes. Also wurde eine Arbeitsgemeinschaft mit acht Kunsthandwerkern gegründet, darunter auch Uhlmann. Der Olbernhauer kümmerte sich um die Gestaltung der aus sechs Etagen bestehenden Pyramide. „Ich habe mir überlegt, welche Figuren darauf platziert werden können“, sagt der 63-Jährige. „Sie sollten ja einen Bezug zum Striezelmarkt haben.“

So sind auf dem Kunstwerk nicht nur traditionelle erzgebirgische Figuren wie Räuchermännchen und Bergleute zu sehen. Auch der Pflaumentoffel oder die Striezelkinder haben dort ihren Platz erhalten. „Die untere Etage ist – wie gewöhnlich – der Krippengeschichte vorbehalten“, erklärte Uhlmann am Sonnabend den Gästen des Striezelmarktes. Joseph, Maria und das Jesuskind sind für diese auch am besten zu erkennen. Denn die Figuren auf der untersten Etage sind am größten – bis zu 1,80 Meter messen die Skulpturen aus einheimischen Hölzern, wie Buche, Ahorn und Esche. Gefertigt wurden sie von der Firma Erzgebirgische Holzkunst Gahlenz.

Für die rund 50 Mitarbeiter des Unternehmens war die Guinessbuch-Pyramide zwar eine Herausforderung. Doch der Betrieb hat sich auch sonst auf übergroße Holzkunst spezialisiert, stellt zum Beispiel bis zu drei Meter große Nussknacker her. Erst kürzlich haben die Gahlenzer eine nur zehn Zentimeter kleinere Pyramide für einen Weihnachtsmarkt in Tokio gebaut. Auch in die USA haben sie ihre Kunstwerke schon gebracht. Das ist logistisch nicht immer ganz einfach, selbst bei der Striezelmarkt-Pyramide nicht. Schließlich wird das traditionelle Stück mit Ende des Weihnachtsmarktes an Heiligabend wieder abgebaut und zur Einlagerung nach Gahlenz gebracht. Dort werden dann kleinere Wartungsarbeiten gemacht, bis die Pyramide im kommenden Jahr wieder in Dresden zum Einsatz kommt – dank der Händler des Striezelmarktes.

Denn diese hatten nicht nur die Idee für den Bau, übernahmen die Planung und engagierten die Holzkunst-Firma. Auch die Kosten von damals rund 250 000 D-Mark finanzierten die Gewerbetreibenden. „Heutzutage würde der Bau wohl noch nicht einmal mit der gleichen Summe in Euro bezahlt werden können“, sagt Uhlmann. Schließlich sind die Löhne im Handwerk in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Und auch sonst hat sich viel getan: Gerade in Sachen Nachwuchs haben die Kunsthandwerker große Probleme. „Seit etwa 2000 ist die Zahl der Lehrlinge deutlich zurückgegangen“, sagt der Geschäftsführer des erzgebirgischen Verbands. Dieser kümmert sich seit der Gründung kurz nach der Wende um die Ausbildung zum Spielzeugmacher, die nur in Seiffen absolviert werden kann.

Uhlmann selbst hat diesen Weg allerdings nicht eingeschlagen, er kam als Quereinsteiger zu dem Beruf. „Als Kind hatte ich – bis auf meine Herkunft – eigentlich keine Berührungspunkte mit dem Handwerk“, sagt er. Zwar hatte sein Großvater einen Betrieb in Olbernhau. Doch bis zur Enteignung 1972 verkaufte dieser dort Büroartikel. Erst danach wurde die kleine Firma zum Herstellungsort für Holzkunst. Damals arbeitete Uhlmann schon lange als Software-Entwickler. Trotzdem wagte er nach der Wende den Schritt und übernahm den großväterlichen Betrieb.

Mit Gleichgesinnten gründete er umgehend den Verband, der sich heute – im 25. Jubiläumsjahr – um knapp 60 Betriebe kümmert. Ob der 63-Jährige den gleichen Weg noch einmal einschlagen würde, kann er nicht sagen. „So kurz vor der Rente denkt man über so etwas nicht mehr nach. Aber unglücklich bin ich nicht“, sagt er. Noch hat Uhlmann aber noch zwei Jahre, um den Gästen des Striezelmarktes die Geschichte der welthöchsten erzgebirgischen Pyramide näherzubringen. Und vielleicht den einen oder anderen für den Beruf des Spielzeugmachers zu begeistern.