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Trabi im Tornadodress

Lars Schulze ist, wie schon sein Vater Hermann, großer Fan des Eishockeys in Niesky. Die Stadioneröffnung begleitet er auf ganz besondere Weise.

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© Jens Trenkler

Von Constanze Knappe

Niesky. Ohne Trikot und Schal seines Lieblingsvereins verlässt kein echter Fan das Haus. Auch Lars Schulze nicht. Drumherum sammelt sich dann im Laufe der Zeit so einiges an: Sticker, Pins, Basecap, bei manchem auch ein Puck und anderes mehr. Bei Lars Schulze ebenso. Aber eigentlich, so erzählt der Seer, habe sein Vater die meisten Sachen zusammengetragen wie die zwei Basecaps voll Pins. Hermann Schulze gilt als Urgestein der Tornado-Fans. Über die Jahre steckte er mit seiner Begeisterung für Eishockey viele Nieskyer an. Erst recht seinen Sohn. Die Fanliebe ging sogar so weit, dass sich Schulzes als eingefleischte Trabantfans ein Auto in den Vereinsfarben schmücken ließen. Geraume Zeit fuhr der Trabi außerdem mit der Aufschrift „Pro Waldstadion“ herum.

Das wird bekanntlich am Freitag mit großem Bahnhof und am Sonnabend für jedermann eröffnet. In der Freude darauf, stand für Lars Schulze von Anfang an fest, dass eins auf gar keinen Fall fehlen dürfe: der Trabi im Tornadodress. Doch leichter gesagt als getan. Wegen Materialschwäche hätte der Trabi, Baujahr 1988, keinen Tüv mehr bekommen. Im Gedenken an seinen vor zwei Jahren im Alter von 63 und damit viel zu früh verstorbenen Vater entschied Lars Schulze, das Auto wieder aufbauen zu lassen. Ob es bis zum Wochenende fahrbereit sein würde, war jedoch alles andere als sicher. So besorgte sich der 41-Jährige kurzerhand einen anderen Trabant und ließ diesen mit der Vereinswerbung der Tornados bekleben. Irgendwie sei er das seinem Vater schuldig, findet er. „Schade, dass er die Stadioneröffnung nicht mehr miterleben kann“, sagt der Sohn nachdenklich.

Lars Schulze ist in See aufgewachsen. Der gelernte Maurer arbeitete in der Region – bis der Bauboom hierzulande mal wieder eine Pause einlegte. „Man musste sich kümmern“, erinnert er sich. Das tat er und ging nach Österreich arbeiten, pendelte alle drei Wochen. Das sei anstrengend gewesen, habe aber auch sein Gutes gehabt. Er habe jede Menge Erfahrungen gesammelt. Inzwischen arbeitet er wieder hier, bereits im siebten Jahr als Tiefbauer und Pflasterer. „Ich bin froh, dass ich hier wieder Arbeit gefunden habe“, erklärt er. Ganz wegzugehen, sei für ihn nie infrage gekommen. Zum einen habe er im Jahr 2000 an sein Elternhaus in See angebaut. Und zum anderen sei er sehr heimatverbunden, wie er selber sagt.

Wann das mit dem Eishockey anfing, das wisse er gar nicht so genau. Sein Cousin Christian Schulze spielte Mitte der 1990er Jahre in Niesky Eishockey. Da ging dann die ganze Familie hin – im Trikot der Tornados zum Training und selbstverständlich zu jedem Heimspiel. Mitunter fuhren sie auch zu Auswärtsspielen. Im eigenen Auto. An den Fanbus war da noch nicht zu denken. So manches Mal waren Schulzes die einzigen Nieskyer Fans in der fremden Eishalle. Spaß habe es trotzdem gemacht. In Leipzig etwa. Oder in Schönheide, wo es immer heiß herging. Oder in Jonsdorf, wohin die Nieskyer Fans sogar mit vier Bussen fuhren. Die Fäden zogen seinerzeit Klaus Heinrich und später Uwe Ludwig. Als Fanbetreuer, wie wir heute sagen würden, obgleich das beim Nieskyer Eislaufverein nicht so groß aufgezogen ist.

Sonnabends kaum von der Arbeit nach Hause, zog Hermann Schulze mit seiner Frau Gabriele zu den Spielen der Tornados los. Häufig war Lars Schulze mit seiner Lebensgefährtin dabei. Für echte Fans selbstverständlich: alle im Vereinstrikot. 15 Stück hängen bei Schulzes mittlerweile im Schrank, darunter auch welche mit ihren Spitznamen. Im Stadion hatte die Familie ihren Stammplatz. Ganz oben in der Mitte der Tribüne, sozusagen immer auf der Mittellinie. Wie eine eingeschworene Truppe habe man nach dem Spiel noch zusammengestanden. Wenn die Spieler zum Duschen vorbei ins Waldbad gingen, da war noch ein enger Kontakt möglich.

Irgendwann suchten die Tornados einen Werbeträger. Wen wundert‘s, dass es der Trabi von Familie Schulze wurde. Pro Eissport Niesky, so stand es in blau-gelb auf der Motorhaube. An den Seiten war das Wappen der Tornados aufgeklebt. Von weitem war der Fahrer damit als einer der größten Fans zu erkennen. Als Paketzusteller war Hermann Schulze zu jener Zeit aber sowieso bekannt wie ein bunter Hund, wurde von allen nur „Postmann“ genannt. 2015 kam auf den Trabi noch eine weitere Aufschrift hinzu. „Pro Waldstadion.“ Ohne die Fans, da ist sich Lars Schulze sicher, gäbe es das neue Eisstadion nicht. „Wenn die Bürger nicht auf die Straße gegangen wären, wäre nichts passiert“, sagt er. Mit anderen demonstrierten Vater und Sohn regelmäßig dafür. Das Stadion als Sportstätte für den Nachwuchs zu erhalten, das sei seinem Vater wichtig gewesen. Hermann Schulze fuhr den Nieskyer Nachwuchs zu Trainings- und Punktspielen. Gern hätte er es gesehen, wenn sein Enkel Eishockey spielen würde. „Vielleicht lernt Emil ja Eislaufen“, räumt Lars Schulze ein. Immerhin guckt der Vierjährige schon regelmäßig mit seiner Oma Eishockey.

Der Seer hat verfolgt, wie das Eisstadion gewachsen ist. Das Eröffnungsspiel gegen die Füchse aus Weißwasser wird er sich aber trotzdem nicht anschauen. Wegen der 18 Euro Eintritt nicht. Dafür könne man in Berlin höherklassige Mannschaften erleben, sagt er. Er hätte sich lieber ein tschechisches Team zum Auftakt gewünscht. Abgesehen davon freut sich Lars Schulze auf die Eröffnung und vor allem darüber, dass das Stadion nicht nur den Tornados, sondern ebenso Kindern zum Eislaufen und Eishockeyspielen zur Verfügung stehen wird. Ganz im Sinne seines Vaters.